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Österreichische Dopingsünderin kämpft gegen ewigen Pranger
Der Leistungssport ist ein hartes Geschäft. Besonders, wenn es um Doping geht. Eine falsche Entscheidung und man ist ein Leben lang gebrandmarkt. So geht es einer ehemaligen österreichischen Leichtathletin, die von der Nationalen Antidopingagentur Austria (NADA) gesperrt wurde.
Die frühere Leistungssportlerin, die im PULS 24 Interview anonym bleiben möchte, war bis in die 2010er Jahre aktiv. Die Weltspitze fühlte sich im Laufe ihrer Karriere jedoch immer weiter entfernt an. "Ich müsste dopen, um mich weiterzuentwickeln", habe sich sie damals gedacht.
Durch eine Person in ihrem Umfeld kam sie mit Doping in Kontakt. "In einem schwachen Moment denkt man sich halt dann: 'Ja okay'", erklärt die Ex-Sportlerin. Erythropoetin (bekannt als "Epo"), ein Wachstumshormon und ein Testosterongel hätte sie gekauft. Tatsächlich eingenommen habe sie aber nie etwas, betont sie.
Jahrelang geschah nichts. Dann klingelte plötzlich das Telefon. "Ich bin von der Kriminalpolizei kontaktiert worden", schildert die Frau. Ein Dopingring sei aufgeflogen, darunter ihr Dealer. Dieser nennt unter anderem die ehemalige Leichtathletin. Die Folge: vier Jahre Sperre.
Auf der Liste
Neben der Strafe landete ihr Name auch auf der öffentlich zugänglichen Dopingliste der NADA. Ob jemand verbotene Substanzen "nur" erworben oder auch eingenommen hat, wird hierbei nicht unterschieden.
"Der Antidopingverstoß ist auf jeden Fall gegeben, wenn ich eine verbotene Substanz besitze", sagt NADA-Geschäftsführer Michael Cepic gegenüber PULS 24.
"Das ist halt das Traurige an der Geschichte, dass man da in einen Topf mit professionellen Dopern geworfen wird", findet hingegen die ehemalige Leichtathletin.
Die österreichische Ex-Leichtathletin im Interview mit PULS 24 Reporterin Alexandra Nindl.
Dopingurteile öffentlich
Sollte diese Dopingliste für alle Menschen zugänglich sein? Genau mit dieser Frage beschäftigt sich der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck. Er vertritt vier österreichische Ex-Leistungssportler:innen vor dem Europäischen Gerichtshof.
"Die Datenschutzgrundverordnung sagt, Daten über Straftaten und Gesundheitsdaten unterliegen speziellen Regeln. Man darf Daten über Straftaten nicht so einfach veröffentlichen. Wir sind der Meinung, Dopingveröffentlichungen sind gleichzusetzen", sagt Öhlböck gegenüber PULS 24.
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NADA-Geschäftsführer Cepic sieht das anders. Als fiktives Beispiel nennt er einen österreichischen Trainer, der nach einem Antidopingverstoß einfach nach Brasilien geht. Wenn die Sperre des Österreichers nicht veröffentlicht werden würde, könnte das nicht nur für ihn zum Problem werden.
Die Sportler:innen in Brasilien hätten so keine Möglichkeit, sich über die Dopingvergangenheit des Trainers zu informieren. Wenn sie mit dem Österreicher zusammenarbeiten würden, würden sie in der Folge selbst einen Antidopingverstoß begehen.
Wie wäre es mit Dopingveröffentlichungen nur für sportrelevante Gruppen? "Wir haben knapp zwei Millionen lizenzierte Fachverbandsmitglieder in Österreich. Das ist schon mal eine sehr, sehr große Menge, die mehr oder weniger durch die Bindung an den Fachverband auch an den WADA-Code gebunden sind", so Cepic.
Anders in Deutschland
Die Deutsche Antidopingagentur agiert hierbei anders. Sie geht viel zurückhaltender mit öffentlichen Nennungen vor - nicht ohne Kritik. "Die Situation in Deutschland ist enttäuschend", sagt ein Sprecher der Weltantidopingagentur (WADA) gegenüber der ARD in Bezug auf die im Kodex festgelegte Offenlegungspflicht.
Für die österreichische Ex-Leichtathletin liege der Fokus nun auf der Zukunft, wenn da nicht das schwarze Dopingkapitel wäre. Wegen der öffentlichen NADA-Liste könnte auch ihre weitere berufliche Karriere - zum Beispiel im Gesundheitsbereich - leiden. "Aber was hat das für eine Relevanz?", fragt die Österreicherin.
Spannend wird es 2026. Dann wird ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs erwartet, ob die Dopinglisten der nationalen Antidopingagenturen weiterhin veröffentlicht werden dürfen.
Falls sich der EuGH für die Seite der Athlet:innen entscheidet, werden sich die 27 EU-Länder in Sachen Dopingliste neu orientieren müssen.
Zusammenfassung
- Eine ehemalige österreichische Leichtathletin wurde von der NADA für vier Jahre gesperrt, weil sie verbotene Substanzen besaß, obwohl sie nach eigener Aussage nichts eingenommen hat.
- Ihr Name steht auf einer öffentlich zugänglichen Dopingliste, wobei laut NADA der Besitz bereits als Antidopingverstoß gilt.
- Der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und klagt für vier Ex-Sportler:innen vor dem Europäischen Gerichtshof.
- Die NADA argumentiert, dass die Veröffentlichung notwendig sei, um zum Beispiel Trainerwechsel ins Ausland nachvollziehbar zu machen und den Sport zu schützen.
- 2026 entscheidet der Europäische Gerichtshof, ob nationale Dopinglisten weiterhin öffentlich sein dürfen, was bei einem Verbot eine Neuausrichtung in allen 27 EU-Ländern erfordern würde.