APA/APA/dpa (Archiv)/Andreas Gebert

"Wohlfahrtschauvinismus" in Österreich vergleichsweise stark

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Die Österreicher ticken in Sachen Leistungen für Zuwanderer ähnlich wie Osteuropäer - die Einstellung "Unser Geld für unsere Leut'" ist anders als in vielen westeuropäischen Staaten hierzulande weit verbreitet, zeigen Daten der internationalen PAWCER-Studie (Public Attitudes to Welfare, Climate Change and Energy in the EU and Russia). In Österreich sei der "Wohlstandschauvinimus" gegenüber neu Zugezogenen vergleichsweise stark ausgeprägt, so der Politologe Marcel Fink.

Für die vom Wissenschaftsfonds FWF kofinanzierte Studie wurden Daten des European Social Survey (ESS) aus dem Jahr 2016 ausgewertet. An der repräsentativen Sozialerhebung nahmen in 23 Ländern insgesamt knapp 45.000 Menschen teil, in Österreich allein 2.000 Personen.

Die Forscher um Fink (Institut für Höhere Studien/IHS) teilten die Befragten in vier Gruppen ein: Die größte machten europaweit mit 56 Prozent jene Personen aus, die sowohl Migration als auch den Wohlfahrtsstaat stark unterstützten ("extended solidarity"). Diese sprechen sich etwa für die Bereitstellung von Kinderbetreuung durch die öffentliche Hand sowie die starke Unterstützung von Pensionisten und Arbeitslosen aus, gleichzeitig sehen sie die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dimension von Zuwanderung positiv und wollen Wohlfahrtsleistungen auch Zuwanderern zukommen lassen. Mit 28 Prozent folgte jene Gruppe, die zwar Migration ablehnte, aber für einen Wohlfahrtsstaat eintrat ("exclusive solidarity"). Diese unterstützte den Sozialstaat sogar noch stärker, wollte Zuwanderern soziale Rechte aber nicht zugestehen.

Elf Prozent unterstützten Migration, zeigten aber nur eine schwache Zustimmung zum Wohlfahrtsstaat ("cosmopolitans"). Fünf Prozent lehnten Zuzug wie Sozialstaat und damit natürlich auch Wohlfahrtsleistungen für Migranten ab ("diminished solidarity").

Tendenziell sind bei der Frage, ob es für Arbeitslose oder Zugezogene generöse Leistungen geben soll, die Bewohner jener Ländern restriktiver, wo der Sozialstaat bisher schwächer ausgebaut ist. Dahinter stecke wohl die Sorge, dass dann weniger Mittel übrig blieben für Maßnahmen, von denen alle profitieren, meinte Fink in einer Aussendung des FWF. "Neben Osteuropa und Russland ist aber interessanterweise auch in Österreich der 'Wohlfahrtschauvinismus' gegenüber neu Zugezogenen vergleichsweise stark ausgeprägt. 'Unser Geld für unsere Leut' findet in Österreich fast gleich viel Anklang, wie in Osteuropa. Hier sehen wir, warum diese politische Debatte ankommt und in Österreich so Wahlen gewonnen werden."

Nur in Österreich, Italien, Ungarn, Polen und Russland gehören weniger als die Hälfte der Bevölkerung zur "Extended Solidarity"-Gruppe. Zum Vergleich: In Island, Irland, Finnland, Schweden und den Niederlanden sind es dagegen jeweils mehr als 65 Prozent.

Die "Exclusive Solidarity"-Gruppe (gegen Migration, für Sozialstaat) ist besonders stark in Israel (41 Prozent), Italien (37 Prozent) und Polen (34 Prozent), in Österreich macht sie nur ein Viertel der Befragten aus und liegt damit unter dem Gesamtschnitt.

Die "Kosmopoliten" (für Migration, skeptisch gegenüber Wohlfahrtsstaat) sind interessanterweise in Österreich (19 Prozent) am häufigsten vertreten, gefolgt von Ungarn (17 Prozent), der Schweiz und Tschechien (je 15 Prozent). Die "Diminished Solidarity"-Gruppe (gegen Migration, gegen Wohlfahrtsstaat) überspringt nur in Ungarn die Zehn-Prozent-Marke.

(S E R V I C E - http://go.apa.at/a5ukXvC9)

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich sei der "Wohlstandschauvinimus" gegenüber neu Zugezogenen vergleichsweise stark ausgeprägt, so der Politologe Marcel Fink.
  • Elf Prozent unterstützten Migration, zeigten aber nur eine schwache Zustimmung zum Wohlfahrtsstaat.
  • Die "Kosmopoliten" sind interessanterweise in Österreich am häufigsten vertreten, gefolgt von Ungarn, der Schweiz und Tschechien.
  • Die "Diminished Solidarity"-Gruppe überspringt nur in Ungarn die Zehn-Prozent-Marke.