APA/LUKAS HUTER

Widersprüche zu Ukraine-Seminar der Wiener Polizei

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Nachdem ein Video eines Ukraine-Seminars der Wiener Polizei mit russischen Aktivisten am Dienstag für "riesige Empörung" bei ukrainischen Diplomaten gesorgt hatte, widersprechen einander die Landespolizeidirektion Wien und der "Koordinationsrat der Organisation russische Landsleute" bei der Frage, ob die Veröffentlichung der am 29. Juni entstandenen Aufnahmen akkordiert war. Die Wiener Polizei distanzierte sich am Mittwoch via Twitter erneut von "subjektiven Darstellungen".

"Wir haben die exklusive Erlaubnis des österreichischen Innenministeriums bekommen, diese interessanten Aufnahmen zu veröffentlichen", hatte der Koordinationsrat in einem russischen Facebook-Posting am Montag erklärt. Koordinationsrats-Chef Dmitri Jerochin erläuterte auf APA-Nachfrage am Mittwoch, dass diese Erlaubnis zu einer Verwendung auch im Internet mündlich von den Organisatoren des Seminars erteilt worden sei. Von allen Rednerinnen und Rednern sei zudem die schriftliche Erlaubnis zur Verwendung dieser Materialien eingeholt worden. Man habe mit der Veröffentlichung auf eine wichtige gesellschaftspolitische Diskussion hinweisen wollen, begründete Jerochin.

Die Landespolizeidirektion Wien widersprach am Mittwoch dieser Darstellung: Es habe keine "exklusive Erlaubnis" und keine Freigabe zur Veröffentlichung gegeben, lediglich eine Genehmigung zur Aufzeichnung zum Zwecke der Weiterbildung, informierte ein Wiener Polizeisprecher auf APA-Nachfrage. "Eine Veröffentlichung entspricht auch nicht dem eigentlich Sinn solcher Veranstaltungen - Sensibilisierung, Mehrperspektivität und Professionalisierung", betonte er.

Es sei bei der Auswahl der Experten darauf geachtet worden, dass alle Perspektiven auf die Ukraine entsprechend vertreten seien und es sei um eine Betrachtung diverser Sichtweisen gegangen. Die Frage der APA, wer der Vortragenden dabei eine ukrainische Perspektive auf die Ukraine vertreten habe, blieb unbeantwortet. In den ausschnittweise veröffentlichten Statements jener drei Experten, die für die Seminarteilnahme vom "Koordinationsrat der Organisation russische Landsleute" nominiert worden waren, ließ sich keine in der Ukraine mehrheitsfähige Perspektive erkennen.

"Es sind keine Verbindungen oder Kontakte dieser Vortragenden zur Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) bekannt", erklärte ein Sprecher des Innenministeriums (BMI) am Mittwochnachmittag auf APA-Nachfrage. Bei der Meldestelle der DSN habe es lediglich einmal einen Hinweis von einem der Vortragenden über vermeintlich strafbare Sachverhalte bei einer Demonstration in Wien gegeben, erläuterte er. Im veröffentlichten Seminar-Video hatte der Psychologe Dmitri K. von einer "schönen Antwort" gesprochen, mit der die DSN reagiert habe. Dabei wurde jedoch nicht klar, worauf sich diese Reaktion des österreichischen Nachrichtendiensts konkret bezogen hat.

Um die Hintergründe des Seminars zu klären, suchte die ukrainische Botschaft laut APA-Informationen auch am Mittwoch weiterhin Gespräche mit den zuständigen österreichischen Behörden. Am Dienstag hatte ein ukrainischer Diplomat gegenüber der APA von einer "riesigen Empörung" gesprochen und beklagt, dass bei der Polizeiveranstaltung propagandistische Narrative verbreitet worden seien, die das Töten von Ukrainern legitimierten.

Mit einer Thematisierung der Ukraine-Veranstaltung ist aber auch auf innenpolitischer Ebene zu rechnen: Die NEOS würden am Donnerstag eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) einbringen, in dem sie detaillierte Auskunft über das Seminar und seine Hintergründe verlangten, erklärte eine Sprecherin des NEOS Parlamentsklubs gegenüber der APA.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Wiener Polizei distanzierte sich am Mittwoch via Twitter erneut von "subjektiven Darstellungen".
  • "Wir haben die exklusive Erlaubnis des österreichischen Innenministeriums bekommen, diese interessanten Aufnahmen zu veröffentlichen", hatte der Koordinationsrat in einem russischen Facebook-Posting am Montag erklärt.
  • Die Frage der APA, wer der Vortragenden dabei eine ukrainische Perspektive auf die Ukraine vertreten habe, blieb unbeantwortet.

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