APA/HELMUT FOHRINGER

Weitere Beschuldigteneinvernahmen im Wiener Neonazi-Prozess

0

Am Wiener Landesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen fünf frühere Mitglieder der "Europäischen Aktion" (EA) mit weiteren Beschuldigteneinvernahmen fortgesetzt worden. Zu Wort kamen ein 29-jähriger Tiroler, der als "Stützpunktleiter Tirol" fungierte, und ein 50 Jahre alter Heizungstechniker, der "Stützpunktleiter Weinviertel" war.

"Ich war sozialdemokratisches Parteimitglied und mit einer farbigen Frau verheiratet", schilderte der 50-Jährige dem Schwurgericht. Er habe dessen ungeachtet "nicht sofort erkannt, dass die 'Europäische Aktion' nationalsozialistische Ziele verfolgt". Dass ihn Hans B., der 2018 verstorbene Kopf des österreichischen Ablegers der Neonazi-Gruppierung, als "wichtig" bezeichnete, habe ihn stolz gemacht und ihm geschmeichelt. Er habe in weiterer Folge mehrere Vorträge der Organisation in einer Pizzeria besucht und im Juni 2016 eine Sonnwendfeier veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit habe ihn Hans B. formell zum "Stützpunktleiter" ernannt.

Wenig später habe er sich von der "Europäischen Aktion" abgewandt, gab der 50-Jährige zu Protokoll: "Ich bereue meine Unterstützungshandlungen sehr." Mehr wollte der von Verteidiger Rudolf Mayer vertretene Mann nicht mehr sagen, er verwies auf sein Aussageverweigerungsrecht.

Eben so zur Wiederbetätigung schuldig bekannte sich der angeklagte Tiroler, der 2011 übers Internet als 19-Jähriger zur "Europäischen Aktion" gestoßen war: "Aufgrund meiner rechtsextremen Einstellung damals. Ich möchte mich entschuldigen dafür. Ich schäm' mich total." Hans B. habe sich mit ihm getroffen und ihm die Ziele der Organisation dargelegt: "So hat er mich angeworben."

Als "Stützpunktleiter" hätte der Mann, der mehrfach an Schulungen teilnahm, neue Mitglieder anwerben sollen. Was ihm aber nicht so recht gelang. "Er hat eine autistische Krankheit", offenbarte sein Verteidiger Andreas Schweitzer. Anfang 2014 verließ der Tiroler die rechtsextreme Gruppierung: "Es ist total falsch, was die vertreten." Mittlerweile sei er nur mehr an tagespolitischem Geschehen interessiert, sagte der Bürogehilfe.

Bei der "Europäischen Aktion" handelte es sich um ein länderübergreifendes rechtsextremes Netzwerk, das Ziele vertrat, "die dem Parteiprogramm der NSDAP nachempfunden wurden", wie Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella eingangs der Verhandlung dargelegt hatte. Die "Europäische Aktion" habe eine "politische Parallelgesellschaft" angestrebt, "um einen Umsturz auf ein außerparlamentarisches System zu erreichen", sagte Kerbl-Cortella. Die Anklage lautet auf Vorbereitung eines Hochverrats (Par. 244 Absatz 2 StGB) und nationalsozialistische Wiederbetätigung im Sinn des Paragrafen 3a Ziffer 2 Verbotsgesetz.

Bei den Angeklagten im Alter zwischen 29 und 70 Jahren handelt es sich nicht um die führenden Proponenten der Vereinigung, deren Wurzeln in der Schweiz liegen. Diese sind inzwischen großteils nicht mehr am Leben. Hans B., der als "Landesleiter Österreich" fungierte, ist im August 2018 77-jährig an einem Herzleiden in der Justizanstalt Wien-Josefstadt verstorben, wo er sich seit Dezember 2016 in U-Haft befunden hatte. Der vormalige "Gebietsleiter Wien", gegen den auch ermittelt wurde, ist ebenfalls bereits tot. Vier Angeklagte sind zur Wiederbetätigung geständig, bestreiten aber, es auf den inkriminierten Hochverrat anlegt gehabt zu haben. Ein Angeklagter fühlt sich zur Gänze unschuldig.

Die Verhandlung wird am kommenden Montag fortgesetzt. Es könnte dann bereits erstinstanzliche Urteile geben.

ribbon Zusammenfassung
  • Am Wiener Landesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen fünf frühere Mitglieder der "Europäischen Aktion" (EA) mit weiteren Beschuldigteneinvernahmen fortgesetzt worden.
  • Zu Wort kamen ein 29-jähriger Tiroler, der als "Stützpunktleiter Tirol" fungierte, und ein 50 Jahre alter Heizungstechniker, der "Stützpunktleiter Weinviertel" war.
  • Bei dieser Gelegenheit habe ihn Hans B. formell zum "Stützpunktleiter" ernannt.

Mehr aus Politik