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Wahllokale in Türkei geschlossen: Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet

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Die Stimmabgabe bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahl in der Türkei ist beendet. Präsident Recep Tayyip Erdoğan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl bangen. Es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu ab.

Nach Einschätzung der Wahlbehörde verlief der Wahltag ohne größere Zwischenfälle. "Bis jetzt verliefen die Wahlen ohne Probleme", sagte der Chef der Wahlkommission YSK nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag. Er hoffe, dass es dabei bleibe. 

Türkei wählt neuen Präsidenten

Die prokurdische Oppositionspartei HDP bestätigte hingegen einen Medienbericht, wonach im südosttürkischen Mardin Wahlbeobachter der Schwesterpartei YSP angegriffen wurden.

Erste Ergebnisse in der Nacht

Landesweit konnte bis 17 Uhr abgestimmt werden. Nun dürften alle Wahllokale geschlossen haben. Die Abstimmung wird von internationalen Beobachtern der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und des Europarats verfolgt. Belastbare Ergebnisse waren für den späten Sonntagabend angekündigt. Laut türkischem Wahlgesetz dürfen erst ab 20 Uhr Wahlergebnisse bekannt gegeben werden. Erste Teilergebnisse werden in der Türkei aber häufig bereits weit vor Ablauf dieser Frist veröffentlicht.

Rund 64 Millionen Menschen im In- und Ausland waren zur Stimmabgabe aufgerufen. In Deutschland waren rund 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Pass stimmberechtigt. In Österreich gaben 62.349 der 111.000 Wahlberechtigten bis Dienstag ihre Stimme ab.

Kılıçdaroğlu im WahllokalAFP

Kılıçdaroğlu im Wahllokal

Kılıçdaroğlu: "Demokratie sehr vermisst"

"Wir haben die Demokratie sehr vermisst", sagte Oppositionsführer Kılıçdaroğlu, Chef der sozialdemokratischen CHP. Er verspricht, das Präsidialsystem wieder abzuschaffen. Der "Frühling" werde hoffentlich bald kommen, so der 74-Jährige unter Bezug auf einen möglichen Sieg bei der Wahl.

Erdoğan doch in Ankara 

Erdoğan ist wider Erwarten nach der Stimmabgabe in Istanbul doch nach Ankara gereist. Der Präsident sei am frühen Sonntagnachmittag in der Hauptstadt gelandet, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Am Mittag hatte Erdoğan noch gesagt, er werde die Ergebnisse der Parlaments- und Präsidentschaftswahl von Istanbul aus verfolgen.

Seit der Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren hat der 69 Jahre alte Erdoğan so viel Macht wie noch nie. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern bei einer Wiederwahl Erdogans vollends in die Autokratie abgleiten könnte. Auch international wird die Abstimmung in dem NATO-Land aufmerksam beobachtet. Nun ist er bei den Wahlen das erste Mal seit 20 Jahren nicht der Favorit. Umfragen deuten auf ein enges Rennen zwischen ihm und Kılıçdaroğlu hin. 

Bekommt keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen, geht es für die beiden stärksten Kandidaten in zwei Wochen in eine Stichwahl. Dem Kandidat eines ultranationalistischen Parteienbündnisses, Sinan Oğan, wird Umfragen zufolge nur ein niedriges einstelliges Ergebnis vorausgesagt.

Obwohl er seine Kandidatur zurückgezogen hat, ist auch Muharrem İnce von der Vaterlandspartei auf den Stimmzetteln abgebildet. Sollten Wähler ihren Stempel unter ihm machen, wird die Stimme der Wahlbehörde zufolge trotzdem gezählt. İnce hatte seinen Rückzug erst nach den früher endenden Abstimmungen von Türken im Ausland bekannt gegeben. Auch diese Stimmen sollen gültig sein. Ince waren kaum Chancen ausgerechnet worden.

Mehr dazu:

ribbon Zusammenfassung
  • In der Türkei finden am Sonntag richtungsweisende Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl bangen.
  • Es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu ab.
  • Nach Einschätzung der Wahlbehörde verlief der Wahltag ohne größere Zwischenfälle. Mittlerweile dürften alle Wahllokale geschlossen haben.
  • Die prokurdische Oppositionspartei HDP bestätigte hingegen einen Medienbericht, wonach im südosttürkischen Mardin Wahlbeobachter der Schwesterpartei YSP angegriffen wurden.