Verwaltungsrichter gegen politische Besetzungen der Justiz
Der Dachverband hatte sich schon in der Vergangenheit gegen die Praxis ausgesprochen, auch leitende Richterstellen auf Grundlage sogenannter Sideletter zu besetzen. Im aktuellen Regierungsprogramm für die Jahre 2025-2029 werden unter dem Kapitel "Transparente Personalauswahl und -besetzung" die Vorschlagsrechte für Ernennungen anstelle von den in Sidelettern genannten politischen Parteien künftig dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und dem ranghöchsten Regierungsmitglied der NEOS - allesamt zugleich Obleute der maßgeblichen politischen Parteien - zugeordnet. Die Entscheidung liegt schließlich beim Bundespräsidenten.
Das Vorschlagsrecht für den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts liegt bei Kanzler Christian Stocker (ÖVP). Die Stelle war zuerst auf der Elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform bis 9. Jänner 2026 ausgeschrieben - mittlerweile wurde die Ausschreibung jedoch zurückgezogen, wie die Verwaltungsrichter der APA am Freitag mitteilten. Die im Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes vorgesehene Kommission für Besetzungsvorschläge genügt laut Dachverband aber nicht europarechtlichen Anforderungen: "So sind keine gewählten richterlichen Mitglieder vertreten und die kraft Amtes vorgesehenen Richter (Präsidenten der drei Höchstgerichte) sind gegenüber den anderen Mitgliedern in der Minderzahl", lautet die Kritik in einer Stellungnahme.
Der Dachverband fordert deshalb, auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit Besetzungsverfahren einzurichten, in die - europäischen Vorgaben für rechtsstaatliche Justizsysteme entsprechend - unabhängige richterliche Gremien entscheidend eingebunden werden, von deren Reihung nur begründet abgewichen werden darf. Die entscheidenden Auswahlerwägungen sollen transparent gemacht werden und letztlich sei auch eine effektive Überprüfung von Auswahlentscheidungen durch unabhängige Gerichte vorzusehen.
Zusammenfassung
- Der Dachverband der Verwaltungsrichter kritisiert die politische Besetzung von Spitzenpositionen in der Justiz und fordert eine maßgebliche Einbindung unabhängiger richterlicher Gremien in alle Phasen der Auswahlverfahren.
- Anlass der aktuellen Debatte ist die bevorstehende Pensionierung von Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, dessen Nachfolge-Stelle zunächst bis 9. Jänner 2026 ausgeschrieben und dann zurückgezogen wurde.
- Laut Dachverband erfüllt die bestehende Kommission für Besetzungsvorschläge nicht die europarechtlichen Anforderungen, da gewählte richterliche Mitglieder fehlen und die Präsidenten der Höchstgerichte in der Minderheit sind.
