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Polens Regierung übersteht Vertrauensabstimmung

10. Juni 2025 · Lesedauer 3 min

In Polen hat Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwoch die Vertrauensabstimmung im Parlament in Warschau gewonnen. Eine Mehrheit von 243 der 453 anwesenden Abgeordneten sprach dem Kabinett das Vertrauen aus, dagegen stimmten 210. "Donald Tusk, Donald Tusk", skandierten die Parlamentarier des Regierungslagers nach der Abstimmung. "Meine Absicht war nicht, zu zeigen, wie stark ich bin und dass ich die Mehrheit habe. Ich wollte nur alle Spekulationen beenden", sagte der Premier.

Tusk hatte nach der Präsidentenwahl in Polen angekündigt, die Vertrauensfrage im Parlament stellen zu wollen. Bei der Stichwahl setzte sich der rechtsnationale Politiker Karol Nawrocki gegen den proeuropäischen Kandidaten Rafal Trzaskowski durch.

Nawrocki wurde von der früheren Regierungspartei PiS unterstützt. Es wird damit gerechnet, dass Nawrocki sein Vetorecht als Präsident nutzen wird, um Tusks liberale politische Agenda zu durchkreuzen. Tusk wollte sichergehen, dass in seinem proeuropäischen Mitte-Links-Bündnis alle hinter ihm stehen.

Tusk sagte am Mittwoch in seiner Rede vor dem Sejm, er habe sich für ein Vertrauensvotum entschieden, "weil ich die Überzeugung, den Glauben und die Gewissheit habe, dass wir ein Mandat haben, zu regieren und die volle Verantwortung dafür zu übernehmen, was in Polen geschieht". Tusk betonte weiter: "Das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen schmälert in keiner Weise unsere Verantwortung, unsere Pflichten oder den Umfang unserer Macht und Kompetenz." Er kündigte gleichzeitig eine Umstrukturierung der Regierung für Juli an, bei der es auch "neue Gesichter" geben werde.

In seiner Rede zog Tusk eine Bilanz der bisherigen eineinhalb Jahre Arbeit seiner Regierung. Er hob hervor, dass sein Land wirtschaftlich hervorragend dastehe. Die Inflation, die zu PiS-Zeiten sehr hoch war, sei unter Kontrolle. Polen verzeichne mit 3,7 Prozent Wirtschaftswachstum den höchsten Wert innerhalb der EU. Die Arbeitslosigkeit sei die niedrigste innerhalb der Staatengemeinschaft. Der 68-jährige Tusk verwies auch auf außenpolitische Erfolge.

Dass die Zeichen auf Konfrontation stehen, machten die Abgeordneten der PiS im Parlament deutlich: Während Tusks Regierungserklärung waren die meisten von ihnen demonstrativ nicht im Plenarsaal anwesend. "Wir wollen nicht an Tusks PR-Aktion teilnehmen", sagte dazu PiS-Fraktionschef Mariusz Blaszczak.

Nawrocki kündigt Widerstand an

Der ehemalige EU-Ratspräsident Tusk führt seit Ende 2023 eine heterogene Mitte-Links-Koalition aus drei Parteien. Wichtigstes Projekt seiner Regierung ist es, die Beschädigungen des Rechtsstaats rückgängig zu machen, die die von 2015 bis 2023 amtierende PiS-Regierung mit ihrer Justizreform ausgelöst hat. Entsprechende Gesetzentwürfe hat der amtierende Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, bisher blockiert.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Nawrocki nach seinem Amtsantritt am 6. August genauso verfahren und sogar mit größerer Härte vorgehen wird. Der parteilose 42-jährige Historiker verdankt seinen Aufstieg dem PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, dem politischen Erzfeind von Tusk. Nawrocki sagte in der vergangenen Woche, Tusk könne sich auf "starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast" gefasst machen.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview sagte Nawrocki der Tageszeitung "Dziennik Gazeta Prawna", er würde ein Gesetz zur Anhebung der Steuerfreibetragsgrenze unterzeichnen und sogar selbst einen solchen Gesetzentwurf einreichen, wenn die Regierung dies nicht täte. In einer offensichtlichen Anspielung auf das Versäumnis der Regierung, 100 Versprechen für ihre ersten 100 Tage umzusetzen, sagte Nawrocki, er würde "sie für Donald Tusk erledigen. Ist das nicht versöhnlich?"

Zusammenfassung
  • Ministerpräsident Donald Tusk hat die Vertrauensabstimmung im polnischen Parlament mit 243 von 453 Stimmen gewonnen.
  • Nach dem Wahlsieg des von der PiS unterstützten Karol Nawrocki kündigte Tusk eine Regierungsumbildung für Juli an und verwies auf Polens 3,7 Prozent Wirtschaftswachstum sowie die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU.
  • Der künftige Präsident Nawrocki, der sein Amt am 6. August antritt, kündigte Widerstand gegen Tusks liberale Agenda an und will eigene Gesetzesinitiativen zur Steuerfreibetragsgrenze einbringen.