Verteidigungsausgaben
NATO einigt sich auf Fünf-Prozent-Ziel
Beim Gipfeltreffen in Den Haag haben sich die NATO-Staaten dazu verpflichtet, "spätestens ab 2035 jährlich 5 Prozent des BIP in Kernanforderungen im Verteidigungsbereich sowie in verteidigungs- und sicherheitsrelevante Ausgaben zu investieren".
Bisher lag das Ziel bei zwei Prozent. Ein nach dem Wahlsieg Trumps von vielen befürchtetes Auseinanderdriften des Bündnisses ist damit vorerst abgewendet.
Im Gegenzug für das Fünf-Prozent-Versprechen erwarten die Alliierten nun, dass Trump künftig keinen Zweifel mehr daran lässt, dass die USA auch unter seiner Führung zur Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 des NATO-Vertrags stehen. Also zu der Vereinbarung, dass ein Bündnispartner im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen kann und ein Angriff auf ein Mitglied als ein Angriff auf alle gewertet wird.
"Das stärkste Bündnis in der Geschichte"
In der Gipfelerklärung heißt es zum Thema: "Wir, die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs des Nordatlantischen Bündnisses, sind in Den Haag zusammengekommen, um unser Bekenntnis zur NATO, dem stärksten Bündnis in der Geschichte, und zum transatlantischen Bund zu bekräftigen."
Man bleibe geeint und entschlossen, die eine Milliarde Bürgerinnen und Bürger im Bündnisgebiet zu schützen.
Trump hatte in der Vergangenheit immer wieder Zweifel daran geweckt, ob die USA noch zur Kernabsprache des NATO-Vertrags stehen. Am Mittwoch bezeichnete er die Einigung auf die von ihm vorgeschlagene Zielvorgabe für die Verteidigungsausgaben als "gewaltig".
Die Vereinbarung zu den Verteidigungsausgaben sieht konkret vor, dass jeder Mitgliedstaat künftig einen Betrag von mindestens 3,5 Prozent des BIP aufwenden muss, um "Kernanforderungen im Verteidigungsbereich zu decken und die NATO-Fähigkeitsziele zu erfüllen".
Zudem werden zum Beispiel Ausgaben für die Terrorismusbekämpfung und militärisch nutzbare Infrastruktur angerechnet werden können. Das könnten etwa Investitionen in Bahnstrecken, panzertaugliche Brücken und erweiterte Häfen sein.
Rutte: Nach Tag eins Ärmel aufkrempeln
NATO-Generalsekretär Mark Rutte forderte die Alliierten nach ihrer Verpflichtung auf drastisch höhere Verteidigungsausgaben auf, den Worten Taten folgen zu lassen. "Natürlich ist die Arbeit hier nicht beendet. Dies ist Tag eins", sagte er zum Abschluss des NATO-Gipfels in Den Haag.
Nun müsse man "die Ärmel hochkrempeln, um diesen neuen Plan in die Tat umzusetzen", fügte er hinzu. Man bekenne sich zur Beistandsverpflichtung im Artikel 5 des NATO-Vertrags und sei entschlossen, standhaft zu bleiben. Niemand solle an den Fähigkeiten der NATO zweifeln, sagte er offensichtlich mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
US-Präsident Donald Trump habe deutlich gemacht, dass die USA der NATO verpflichtet seien, ergänzte Rutte. Dies habe Trump "erneut unmissverständlich bekräftigt". Gleichzeitig habe Trump deutlich gemacht, dass die USA von ihren europäischen Verbündeten und Kanada einen größeren Beitrag erwarteten - genau das sehe man auch so, versicherte der NATO-Generalsekretär.
Trump verspricht Beistand für die nächsten vier Jahre
In der Arbeitssitzung bekannte sich Trump nach Angaben aus Gipfelkreisen indirekt zur Beistandspflicht, indem er betonte, dass es keinen besseren Verbündeten in der Welt als die USA gebe. Er habe hinzugefügt, dass er das für die nächsten vier Jahre garantieren könne - so lange geht seine zweite Amtszeit.
Auf dem Hinflug zum NATO-Gipfel wurde Trump von einer Journalistin gefragt, ob er zu Artikel 5 stehe. Der US-Präsident sagte dazu, das hänge von ihrer Definition ab. "Es gibt viele Definitionen von Artikel 5." Er sei aber entschlossen, den NATO-Verbündeten als deren Freund zu helfen.
Video: Trump dominiert NATO-Gipfel in Den Haag
Merz: Haben jetzt Führungsrolle in der NATO
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz sieht Deutschland nach dem NATO-Beschluss für deutlich höhere Verteidigungsausgaben auch in einer Führungsrolle.
Zum Abschluss des zweitägigen NATO-Gipfels in Den Haag sagte Merz vor Journalisten: "Wir haben mit dieser Entscheidung auch eine gewisse Führungsrolle übernommen, der andere gefolgt sind."
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Eine Aussetzung der im deutschen Grundgesetz verankerten Schuldenbremse sei dafür unabdingbar gewesen. Ohne diesen Beschluss des zweitgrößten Beitragszahlers Deutschland wäre das heute anders ausgegangen, sagte Merz.
"Ziemlich sicher im Streit und wahrscheinlich mit einer erheblichen Schwächung der gesamten NATO. Dies ist ein denkwürdiger Tag, der ganz sicher in die Geschichte der NATO eingehen wird."
Sánchez: NATO-Ziele auch ohne Fünf-Prozent-Marke erreichbar
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez bekräftigte indes, dass sein Land die NATO-Ziele auch ohne Verteidigungsausgaben von fünf Prozent der Wirtschaftsleistung erfüllen kann. Spanien wende dieses Jahr 2,1 Prozent des BIP auf, und könne damit alle Anforderungen der NATO an Spanien erfüllen, beteuerte der Sozialist.
Es gebe mit der NATO abgestimmte Vorgaben, was Spanien zur Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses beitragen solle, sagte Sánchez. Das spanische Militär habe ihm versichert, dass es diesen Anforderungen mit zwei Prozent des BIP gerecht werden könne.
Belgiens Regierungschef Bart De Wever äußerte sich jedoch skeptisch, dass Spanien die NATO-Ziele mit weniger Geld als die anderen Mitglieder der Allianz erfüllen könne. "Wenn er das mit 2,1 Prozent schafft, ist er ein Genie - und Genialität inspiriert die Menschen", sagte er in Den Haag.
Trump nennt Spaniens Haltung "unfair"
US-Präsident Trump hatte kurz vor seiner Ankunft beim NATO-Gipfel gleich mehrmals seine Unzufriedenheit mit Spanien geäußert. Vor Journalisten sagte er auf dem Flug von Washington nach Europa mit Blick auf die Verteidigungsausgaben, was Spanien mache, sei "unfair" den anderen gegenüber.
Zudem postete er auf Truth Social eine Auflistung von Verteidigungsausgaben, in der Spanien ganz unten rangierte. Ein befürchteter Eklat auf dem Gipfel blieb jedoch aus. Sánchez ging Trump nach Angaben spanischer Medien bewusst aus dem Weg.
Zusammenfassung
- Die Verteidigungsausgaben sollen steigen. Darauf einigte sich die NATO am Mittwoch.
- Beim Gipfeltreffen in Den Haag haben sich die NATO-Staaten dazu verpflichtet, "spätestens ab 2035 jährlich 5 Prozent des BIP in Kernanforderungen im Verteidigungsbereich sowie in verteidigungs- und sicherheitsrelevante Ausgaben zu investieren".