APA/TOBIAS STEINMAURER

Renaturierung: Kanzler und ÖVP toben wegen Gewessler

Klimaschutzministerin Leonore Gewesslers Ankündigung, für das EU-Renaturierungsgesetz stimmen zu wollen, bringt den Koalitionspartner ÖVP auf die Palme. Laut Bundeskanzler Karl Nehammer wäre Gewesslers Zustimmung rechtswidrig. Im Falle einer solchen drohe eine Nichtigkeitsklage beim EuGH.

Sie habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, wolle aber mit ihrem Ja am Montag zum EU-Renaturierungsgesetz "ein Signal der Entschlossenheit und des Mutes setzen", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Sonntag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Allfälligen Gegenwind "halte ich aus", machte sie auch eine Kampfansage in Richtung des Koalitionspartners. 

Bei der ÖVP ist man nämlich gegen das Gesetz. Umweltschutzorganisationen loben die Entscheidung der Ministerin, aber Gewesslers Ja ist für die Kanzler-Partei ein Affront. Heftige Kritik ließ nicht lange auf sich warten. 

"Vorsätzlicher Verfassungs- und Gesetzesbruch"

"Das muss und wird rechtliche Konsequenzen haben", kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) an. Die Klimaschutzministerin "begeht vorsätzlichen einen Verfassungs- und Gesetzesbruch. Das ist in höchstem Maße unverantwortlich und befremdlich, ist sie doch wie alle übrigen Regierungsmitglieder vom Bundespräsidenten auf die Verfassung angelobt", so Edtstadler. Recht müsse Recht bleiben.

Laut Politikberater Thomas Hofer im PULS 24 Interview ist die Reaktion der ÖVP auf das angekündigte Ja von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zum EU-Renaturierungsgesetz nicht überraschend. Laut seiner Einschätzung werde der Bauernbund auf ein Ende der Koalition drängen, es könne auch zu einer Ministeranklage kommen.

Auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) kritisierte Gewessler scharf. Er ortet bei ihr "ideologische Gründe" und wirft der Klimaschutzministerin vor, "mit der Brechstange für ein Gesetz zu stimmen, dass eine Flut an Überregulierungen und Doppelgleisigkeiten für unser Land bringen wird". Dass Gewessler ohne Zustimmung der ÖVP und aller Bundesländer - nur Wien und Kärnten sind für das Gesetz - zustimmen will, sei "nicht nur verantwortungslos, sondern demokratiepolitisch gefährlich".

Totschnig verlangt "sinnvolle Anreize für mehr Klimaschutz und Artenvielfalt", statt "mit Verboten" einzuschränken. 

Koalitionsbruch? Gewessler stimmt für EU-Gesetz

Nehammer: Gewessler nicht bevollmächtigt

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) äußerte sich zum Gewessler-Vorstoß. Es gebe klare Regeln. "Ich gehe davon aus, dass die Ministerin, die Verfassung einhalten wird, auf die sie angelobt ist."

Der Bundeskanzler hat noch Sonntagabend den belgischen Ratsvorsitz darüber informiert, dass eine Zustimmung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur EU-Renaturierung rechtswidrig wäre. Wie das Bundeskanzleramt am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA mitteilte, müsse es "bei der bereits gemäß den üblichen Verfahren eingemeldeten Stimmenthaltung Österreichs bleiben". Andernfalls drohe eine Nichtigkeitsklage beim EuGH.

Gewessler selbst sagte, sie habe sich vor ihrer Ankündigung rechtlich beraten lassen. 

WWF: Gewessler "hat Bevölkerung hinter sich"

ribbon Zusammenfassung
  • Klimaschutzministerin Leonore Gewesslers Ankündigung, für das EU-Renaturierungsgesetz stimmen zu wollen, bringt den Koalitionspartner ÖVP auf die Palme
  • Unter anderem Verfassungsschutzministerin Edtstadler und Bundeskanzler Karl Nehammer sind auf den Barrikaden.
  • "Das muss und wird rechtliche Konsequenzen haben", kündigte Edtstadler an. 
  •  Die Klimaschutzministerin "begeht vorsätzlichen einen Verfassungs- und Gesetzesbruch. Das ist in höchstem Maße unverantwortlich und befremdlich".
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat noch Sonntagabend den belgischen Ratsvorsitz darüber informiert, dass eine Zustimmung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur EU-Renaturierung rechtswidrig wäre.
  • Wie das Bundeskanzleramt am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA mitteilte, müsse es "bei der bereits gemäß den üblichen Verfahren eingemeldeten Stimmenthaltung Österreichs bleiben".