Van der Bellen setzt Südafrika-Besuch in Kapstadt fort
Das Projekt "Cooktastic" wurde von der Österreicherin Brigitte Sachs-Schaffer mitgegründet und bietet benachteiligten Jugendlichen eine Ausbildungsmöglichkeit. 88 Prozent der Teilnehmer des halbjährigen Lehrgangs hätten in den vergangenen fünf Jahren einen Job erhalten, teilweise gingen sie auch als Saisonarbeiter nach Österreich. Von dort kämen Freiwillige nach Südafrika, um bei der Ausbildung zu helfen.
Nach dem Termin mit Regierungschef Winde, der der von Weißen dominierten Demokratischen Allianz (DA) angehört, war ein Besuch im District Six Museum geplant. Dieses befindet sich in jenem berüchtigten Viertel, aus dem in den 1960er Jahren zehntausende Schwarze gewaltsam vertrieben worden waren, um die weiße Dominanz in der strategisch bedeutenden Stadt an der Südspitze des Kontinents zu sichern.
Van der Bellen hält sich als erster Bundespräsident überhaupt in Südafrika auf. Sein Amtskollege Cyril Ramaphosa hatte ihm am gestrigen Freitag in der Hauptstadt Pretoria einen großen Empfang bereitet und von einer "neuen Ära" in den bilateralen Beziehungen gesprochen. Der Bundespräsident wird von seiner Ehefrau Doris Schmidauer und einer großen Kultur- und Wirtschaftsdelegation begleitet.
Außenministerin konnte "aufgrund der regen Reisetätigkeit" nicht nach Südafrika mitkommen
Die südafrikanische Regierung hat bei den Terminen in Pretoria sechs Minister aufgeboten, wie Botschafter Rapulane Molekane der APA am Samstag bestätigte. Bei Staatsbesuchen ist Begleitung durch Minister üblich, doch holte sich die Präsidentschaftskanzlei gleich bei mehreren Ministern Absagen, wie aus informierten Kreisen verlautete. Aus dem Außenministerium hieß es am Samstag, dass "aufgrund der regen Reisetätigkeit und terminlichen Verpflichtungen" für Ressortchefin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) eine Begleitung "leider nicht möglich" gewesen sei.
Meinl-Reisinger meldete sich am dritten Besuchstag des Bundespräsidenten mit einer Aussendung zu Wort, in der sie Van der Bellen in dessen Eintreten für eine engere Zusammenarbeit Österreichs mit den afrikanischen Staaten den Rücken stärkte. "Afrika ist ein Kontinent der Chancen. Für Österreich ist eine vertiefte Partnerschaft mit Afrika von strategischem Interesse - insbesondere wirtschaftlich und sicherheitspolitisch", betonte sie. Meinl-Reisinger versicherte, dass ihr der persönliche Austausch mit afrikanischen Amtskolleginnen und -kollegen "ein zentrales Anliegen" sei und ließ diesbezüglich ihre bisherigen bilateralen Gespräche in Brüssel, Wien und jüngst Kairo aufzählen.
"Meine Gespräche mit afrikanischen Amtskolleginnen und -kollegen zeigen klar: Wer jetzt handelt, schafft nachhaltige Partnerschaften. Wenn Europa nicht nur zusehen will, wie autoritäre Staaten ihren Einfluss ausbauen, müssen wir präsenter sein", so die Ministerin. Sie wolle das bestehende Vertretungsnetz in Afrika "bestmöglich nutzen", fügte sie hinzu. Van der Bellen hatte vor Journalisten einen Ausbau der österreichischen Präsenz in Afrika gefordert und darauf verwiesen, dass die Botschaft in Pretoria für insgesamt zehn Länder zuständig sei. "In Afrika bei diesen Entfernungen, wie soll das funktionieren? So geht das nicht. Du musst physisch präsent sein", so Van der Bellen.
Meinl-Reisinger will im Herbst erstmals nach Subsahara-Afrika reisen
Meinl-Reisinger will jedenfalls im Herbst erstmals selbst nach Subsahara-Afrika reisen, wie es aus dem Außenministerium am Samstag hieß. Zudem will sie sich "aktiv" für die Eröffnung eines Verbindungsbüros der Afrikanischen Union (AU) in Wien einsetzen. Diesbezüglich habe sie sich jüngst mit AU-Vertretern getroffen. Unerwähnt blieb in der Mitteilung, dass ein entsprechendes Angebot Österreichs schon seit fast zwei Jahrzehnten auf dem Tisch liegt.
FPÖ: "Eines Staatsoberhaupts unwürdig und eigentlich skandalös"
Unterdessen übte die FPÖ scharfe Kritik am Bundespräsidenten, der Vorwürfe von Menschenrechtsverbrechen an weißen Farmern in Südafrika bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Ramaphosa als "Unsinn" zurückgewiesen hatte. Dies sei "eines Staatsoberhaupts unwürdig und eigentlich skandalös", betonte die FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst am Samstag in einer Aussendung. Sie hatte Van der Bellen am Vortag öffentlich aufgefordert, bei der Südafrika-Reise die "prekäre Menschenrechtslage anzusprechen".
"Wer bei einem solchen Staatsbesuch nicht den Mut aufbringt, sein Wort gegen derartig schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zu erheben, sollte darüber nachdenken, ob er überhaupt noch in anderen Bereichen dazu geeignet ist, den moralischen Zeigefinger zu erheben - glaubwürdig ist das dann jedenfalls nicht", kritisierte Fürst.
Fürst hatte sich bei ihrer Aufforderung auf die umstrittenen Aussagen von US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen mit Ramaphosa bezogen und den "Mut" Trumps gelobt. Dieser hatte von einem Genozid an weißen Farmern gesprochen und diese Behauptung mit Fotos von Massengräbern zu untermauern versucht, die jedoch vom Bürgerkrieg aus der Demokratischen Republik Kongo stammten.
Ramaphosa dankte Van der Bellen am Freitag für seine klare Aussage und betonte, dass in der Genozid-Aussage "nicht ein Funken Wahrheit" stecke. Die Südafrikaner seien nämlich "alle Kinder Nelson Mandelas" und nach dem Ende der Apartheid seien die Menschenrechte für alle garantiert. "Niemals wird irgendeine Gruppe verfolgt werden, das wird niemals in Südafrika passieren. Danke, Herr Präsident Van der Bellen, dass sie das als Unsinn abgetan haben, weil es Unsinn ist", so Ramaphosa.
Zusammenfassung
- Bundespräsident Alexander Van der Bellen setzt als erster österreichischer Staatschef seinen offiziellen Besuch in Südafrika in Kapstadt fort und trifft dort Premier Alan Winde.
- Im Rahmen des Besuchs besichtigt Van der Bellen das österreichische Sozialprojekt 'Cooktastic', das 320 Jugendlichen eine Gastronomieausbildung ermöglichte und eine Jobvermittlungsquote von 88 Prozent in den letzten fünf Jahren aufweist.
- Außenministerin Beate Meinl-Reisinger konnte wegen anderer Verpflichtungen nicht mitreisen, unterstützt aber die Vertiefung der Beziehungen zu Afrika und plant im Herbst erstmals eine Reise nach Subsahara-Afrika.
- Die FPÖ kritisiert Van der Bellen für seine Zurückweisung von Vorwürfen über Menschenrechtsverletzungen an weißen Farmern, während Südafrikas Präsident Ramaphosa ihm für seine Klarstellung dankt.
- Van der Bellen fordert einen Ausbau der österreichischen Präsenz in Afrika und verweist darauf, dass die Botschaft in Pretoria derzeit für zehn Länder zuständig ist.