Nach Kämpfen
Syrische Führung rief sofortige Waffenruhe in Drusen-Gebieten aus
Alle Seiten sollten die Feuerpause respektieren, die Feindseligkeiten umgehend und überall einstellen, betonte die syrische Führung. Israel versteht sich als Schutzmacht der Drusen und hatte militärisch in den Konflikt eingegriffen. Bei den Kämpfen waren in den vergangenen Tagen Hunderte Menschen getötet worden.
Hunderte Tote
Zuvor hatte bereits der US-Gesandte für Syrien, Tom Barrack, mitgeteilt, dass sich Israel und Syrien auf eine Waffenruhe geeinigt hätten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa hätten mit US-Unterstützung einer Waffenruhe zugestimmt, teilte Barrack auf der Plattform X mit.
In den vergangenen Tagen war es zu Kämpfen zwischen drusischen Milizen einerseits und sunnitischen Beduinen und Regierungstruppen andererseits gekommen. Israel hatte in den Konflikt eingegriffen und Konvois der syrischen Regierungsarmee auf dem Weg nach Sweida, aber auch Regierungsgebäude in Damaskus bombardiert.
Israel begründete sein Eingreifen mit dem Schutz der Drusen. Zugleich will Israel nach dem Sturz des syrischen Ex-Machthabers Bashar al-Assad keine militärischen Kräfte im Süden Syriens dulden.
Die Zahl der Toten sei inzwischen weiter auf 718 gestiegen, hieß es von der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unabhängig überprüfen lässt sich die Zahl nicht. Die Angaben der Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien, die den Konflikt in Syrien mit einem Netz aus Aktivisten verfolgt, gelten aber als in der Regel verlässlich.
Syrischer Präsident ruft zu Zurückhaltung auf
Der syrische Übergangspräsident al-Shaara rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Er beschuldigte "gesetzlose bewaffnete Gruppierungen", hinter den Kämpfen in der Provinz Suwaida zu stehen. "Sie greifen zur Waffengewalt, um ihren Willen durchzusetzen und riskieren damit das Leben von Zivilisten - Kindern, Frauen und Alten", hielt er in einer Erklärung fest, die sein Amt in der Hauptstadt Damaskus veröffentlichte.
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Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam entstanden ist. Sie leben in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien. In der syrischen Stadt Suwaida stellen sie die Mehrheit, in der Provinz leben sie in Siedlungsgebieten. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es dort bewaffnete Konfrontationen gegeben. Die jüngsten Kämpfe sind die heftigsten.
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Rotes Kreuz berichtet von verzweifelten Hilferufen der Bevölkerung
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte indes vor katastrophalen Bedingungen für die Zivilisten im Süden Syriens. "Das IKRK erhält verzweifelte Hilferufe aus der Bevölkerung, die unter einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, Strom und medizinischer Versorgung leidet", teilte die Organisation mit. Die Gewalt behindere die Lieferung lebensrettender Hilfe. Den Helfern müsse sofortiger, sicherer und ungehinderter Zugang in das Krisengebiet gewährt werden.
Laut IKRK sind die Gesundheitseinrichtungen überlastet. Stromausfälle behinderten die Konservierung von Leichen in überfüllten Leichenhallen. Stephan Sakalian, Leiter der IKRK-Delegation in Syrien, sagte: "Die humanitäre Lage in Suwaida ist kritisch. Den Menschen geht alles aus. Krankenhäuser haben zunehmend Schwierigkeiten, Verwundete und Kranke zu behandeln, und Familien können ihre Angehörigen nicht in Würde bestatten."
Damaskus hat sich laut Insidern mit Truppeneinsatz verschätzt
Die syrische Regierung hat sich Insidern zufolge offenbar bei der Entsendung von Truppen in den Süden des Landes in dieser Woche verschätzt und damit israelische Luftangriffe auf Damaskus ausgelöst.
Die Führung in Damaskus sei davon ausgegangen, für den Einsatz grünes Licht von den USA und Israel erhalten zu haben, sagten acht mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag in der Früh. Israel führte dann aber Luftangriffe auf syrische Truppen und Ziele in Damaskus aus. Die Eskalation habe die islamistisch geführte Regierung überrascht, so die Insider.
Die syrische Führung stützte ihre Annahme den Angaben der Insider zufolge auf öffentliche und private Äußerungen des US-Sondergesandten Barrack sowie auf beginnende Sicherheitsgespräche mit Israel. Barrack hatte gefordert, Syrien als zentral verwalteten Staat zu regieren. Das syrische Außenministerium wies zurück, dass die Äußerungen des US-Gesandten die Entscheidung beeinflusst hätten.
Diese sei aus "rein nationalen Erwägungen" getroffen worden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums lehnte es ab, sich zu privaten diplomatischen Gesprächen zu äußern, sagte aber, die Vereinigten Staaten unterstützten die territoriale Einheit Syriens.
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Zusammenfassung
- Nach tagelangen Kämpfen in Gebieten der Drusen-Minderheit in Syrien hat die Regierung in Damaskus offiziell eine Waffenruhe verkündet.
- Alle Seiten sollten die Feuerpause respektieren, die Feindseligkeiten umgehend und überall einstellen, betonte die syrische Führung.
- Israel versteht sich als Schutzmacht der Drusen und hatte militärisch in den Konflikt eingegriffen.
- Bei den Kämpfen waren in den vergangenen Tagen Hunderte Menschen getötet worden.