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Gazastreifen

UNO-Vertreter: Welt versagt bei Schutz der Palästinenser

Heute, 10:18 · Lesedauer 5 min

Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, der österreichische Diplomat Volker Türk, hat Israels Krieg im Gazastreifen erneut scharf kritisiert.

Er forderte einen Lieferstopp für Waffen an Israel, mit denen das Kriegsvölkerrecht verletzt werden könnte. Israel warf er zum Auftakt der Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf am Montag "ein Kriegsverbrechen nach dem anderen" vor, der Weltgemeinschaft Versagen. Spanien verhängte unterdessen ein Waffenembargo gegen Israel.

"Wir müssen jetzt handeln, um das Gemetzel zu beenden", sagte Türk. "Die internationale Gemeinschaft versagt in ihrer Pflicht. Wir versagen gegenüber dem palästinensischen Volk in Gaza. Wo bleiben die entschlossenen Schritte, um Völkermord in Gaza zu verhindern? Warum tun die Länder nicht mehr, um Gräueltaten zu verhindern?"

Israel müsse sich für seine Kriegsführung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) verantworten, sagte Türk. Er nannte als Gründe unter anderem die massenhafte Tötung von Palästinensern, die Zerstörung und das "unbeschreibliche Leid" der Zivilbevölkerung. "Ich bin entsetzt über die offene Verwendung von Völkermordrhetorik und die schändliche Entmenschlichung der Palästinenser durch hochrangige israelische Beamte", sagte Türk.

Zum Massaker palästinensischer Terrorgruppen in Israel und zur Geiselnahme, die den Gaza-Krieg auslösten, sagte Türk: "Israel befindet sich nach den schrecklichen Angriffen der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen am 7. Oktober und der anhaltenden Geiselnahme weiterhin in einem tiefen Trauma."

Die israelische Vertretung in Genf warf Türk vor, von "antiisraelischem Aktivismus" geleitet zu werden. "Anstatt sich mit dem Recht der Israelis auf ein Leben in Frieden und Sicherheit und den umfangreichen Maßnahmen Israels zur Linderung der durch die Hamas in Gaza verursachten Leiden der Zivilbevölkerung zu befassen, verbreitet der Hochkommissar weiterhin verleumderische Rhetorik und untergräbt die Sicherheit des jüdischen Staates", teilte Botschafter Daniel Meron auf Anfrage mit.

Selbstbestimmungsrecht unterstützen

Türk rief die anderen Länder auf, mehr zu tun. "Sie müssen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um sich gegen die geplante militärische Besetzung des Gazastreifens durch Israel und die beschleunigte Annexion des besetzten Westjordanlands zu wehren", sagte er. "Ich fordere sie außerdem dringend auf, das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes zu unterstützen."

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez verhängte am Montag ein Waffenembargo gegen Israel. Dies ist Teil eines Aktionsplanes, der nach seinen Worten dazu beitragen soll, "den Völkermord in Gaza zu stoppen". Zu den insgesamt neun Maßnahmen, die sofort in Kraft treten sollen, gehört außerdem ein Einreiseverbot für Personen, die unmittelbar an dem "Massaker" beteiligt sind. "Spanien wird auf der richtigen Seite der Geschichte stehen", sagte Sánchez in Madrid.

Spanien untersagt konkret Schiffen und Flugzeugen mit Waffen für Israel die Nutzung seiner Häfen und seines Luftraums. Zu den weiteren Schritten zählen eine verstärkte humanitäre Hilfe für die Palästinenser im Gazastreifen, zusätzliche Mittel für das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) sowie ein Importverbot für Produkte aus israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland.

Man wolle die palästinensische Bevölkerung unterstützen, aber auch erreichen, dass die Verantwortlichen der Angriffe auf die Zivilbevölkerung verfolgt werden. Das UNRWA und andere, renommierte internationale Hilfsorganisationen werden freilich seit einem halben Jahr daran gehindert, Hilfsgüter nach Gaza zu bringen.

Völkermord-Vorwurf

Zum Völkermord-Vorwurf gegen Israel im Gaza-Krieg sagte Sánchez: "Das ist keine Verteidigung mehr, es ist nicht einmal ein Angriff, es ist die Ausrottung eines wehrlosen Volkes." Er rügte darüber hinaus das, was er als "Gleichgültigkeit" und "Komplizenschaft" der internationalen Gemeinschaft mit der Regierung Israels bezeichnete.

Das "Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes" der UNO (Völkermordkonvention) versteht unter Genozid die gezielte Verfolgung von Bevölkerungsgruppen, die sich durch Sprache, Religion und Tradition von anderen unterscheiden - mit dem Ziel, diese Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.

Südafrika hat gegen Israel wegen des Vorwurfs, im Gazastreifen gegen die Völkermordkonvention zu verstoßen, Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingereicht. Das Hauptverfahren zum Völkermordvorwurf wird sich über Jahre hinziehen.

Israel weist den Vorwurf eines Genozids an den Palästinensern zurück und wirft der Hamas-Terrororganisation vor, die Zivilbevölkerung systematisch als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Sánchez verurteilt auch die Hamas-Massaker

In einer Erklärung ohne Fragemöglichkeit hob der spanische Premier hervor: "Das jüdische Volk hat im Laufe der Geschichte unzählige Verfolgungen und Ungerechtigkeiten erlitten, darunter die schlimmste von allen, den Holocaust. Nach so viel Leid verdient es, einen eigenen Staat zu haben und sich in diesem sicher zu fühlen."

Die Regierung und die Gesellschaft in Spanien hätten deshalb "von Anfang an" den Terror-Großangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel verurteilt. "Und wir werden stets Israels Recht auf Existenz unterstützen", sagte der sozialistische Politiker. "Aber das eine ist, das eigene Land und die eigene Gesellschaft zu schützen, und etwas völlig anderes, Krankenhäuser zu bombardieren und unschuldige Mädchen und Buben zu Tode hungern zu lassen."

Einreiseverbot gegen spanische Minister

Israel konterte sogleich mit einem Einreiseverbot gegen Spaniens Arbeitsministerin Yolanda Díaz und Jugendministerin Sira Rego. Es wirft der Regierung in Madrid Antisemitismus vor.

Zusammenfassung
  • Spanien verhängte als erstes europäisches Land ein umfassendes Waffenembargo gegen Israel, das auch ein Einreiseverbot für Beteiligte am "Massaker" und ein Importverbot für Produkte aus israelischen Siedlungen im Westjordanland umfasst.