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Tichanowskaja fordert Hilfe für weißrussische Opposition

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Nach massiver Polizeigewalt gegen Demonstranten in Weißrussland hat die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja von Deutschland eine Aufhebung der Visumspflicht gefordert. Verfolgte hätten so die Möglichkeit, in Sicherheit zu gelangen, sagte die Bürgerrechtlerin bei einem Besuch in Berlin dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" am Montag. Die 38-Jährige forderte zudem eine Ausweitung der EU-Sanktionen gegen den Machtapparat von Staatschef Alexander Lukaschenko.

"Wenn Menschen eingesperrt und zusammengeschlagen werden, dann ist das der Moment, in dem Deutschland und andere Länder nachdenken sollten: Sind sie vorsichtig oder folgen sie den Prinzipien der Demokratie?"

Zudem forderte sie härtere Sanktionen gegen Lukaschenko. "Die Strafmaßnahmen wirken lächerlich, wenn wir sehen, wie viele Menschen bis jetzt festgenommen wurden. Mehr als 30 000 sind es seit August." Es gebe viele Worte der Unterstützung. "Wir brauchen aber Taten."

Bei Protesten gegen Lukaschenko am vergangenen Sonntag kamen dem Innenministerium in Minsk zufolge 271 Menschen in Gefängnisse, weil sie an nicht genehmigten Kundgebungen teilgenommen hätten. Bei Pensionistenprotesten gegen Lukaschenko wurden in Minsk Menschenrechtlern zufolge zahlreiche Demonstranten festgenommen. Das Zentrum Wesna veröffentlichte am Montagabend mehr als 100 Namen - der älteste Festgenommene ist demnach Jahrgang 1937, also 82 oder 83 Jahre alt.

Tausende Menschen hatten sich daran beteiligt, weniger als noch im Herbst. "Auch wenn die Proteste auf der Straße jetzt im Winter abnehmen werden, wir werden das überstehen und im Frühjahr noch stärker zurückkehren, wenn das Wetter besser wird", sagte Tichanowskaja. "Wir können gewinnen, daran glaube ich." Sie wollte am Montagnachmittag Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.

Weißrussland steckt seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August in einer schweren innenpolitischen Krise. Lukaschenko hatte sich nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Für die Opposition ist Tichanowskaja die wahre Siegerin. Sie war nach der Abstimmung ins EU-Land Litauen geflohen.

Am Mittwoch nimmt Tichanowskaja den renommierten Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments entgegen. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Opposition in Weißrussland.

Die frühere Fremdsprachenlehrerin Tichanowskaja gilt als Anführerin der Demokratiebewegung. Die Bürgerrechtlerin hatte überraschend eine Zulassung zur Präsidentenwahl erhalten, nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko ihren Ehemann im Gefängnis hatte einsperren lassen.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach massiver Polizeigewalt gegen Demonstranten in Weißrussland hat die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja von Deutschland eine Aufhebung der Visumspflicht gefordert.
  • Die 38-Jährige forderte zudem eine Ausweitung der EU-Sanktionen gegen den Machtapparat von Staatschef Alexander Lukaschenko.
  • "Wir können gewinnen, daran glaube ich."
  • Sie wollte am Montagnachmittag Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.

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