Teure Pannen überschatten Drohnen-Programm der US-Marine
Bei einem Marinemanöver vor der Küste Kaliforniens im vergangenen Monat blieb etwa ein Drohnenboot wegen eines Softwarefehlers unerwartet liegen. Ein zweites rammte das manövrierunfähige Gefährt, schoss über dessen Deck und stürzte zurück ins Wasser, wie von der Nachrichtenagentur Reuters ausgewertete Videos zeigen. Wochen zuvor war der Kapitän eines Begleitbootes ins Wasser geschleudert worden, nachdem eine Seedrohne, die im Schlepptau lag, plötzlich beschleunigte und das Begleitboot zum Kentern brachte. Die Vorfälle werden auf eine Kombination aus Softwarefehlern und menschlichem Versagen zurückgeführt.
Anders als die meist ferngesteuerten und mit rund 250.000 Dollar (214.000 Euro) vergleichsweise günstigen ukrainischen Kamikaze-Drohnen streben die USA eine weitaus anspruchsvollere Technologie an: eine Flotte, die in Schwärmen und ohne menschliches Kommando agieren kann. Die Kosten pro Boot können dabei mehrere Millionen Dollar betragen.
Der strategische Druck für das Programm ist hoch. China betrachtet die demokratisch regierte Insel Taiwan als abtrünnige Provinz und hält immer wieder militärische Manöver in der als Meeresstraße von Taiwan bekannten Meerenge ab. Um die Entwicklung einer Flotte von Drohnenbooten zu beschleunigen, rief das Pentagon 2023 ein milliardenschweres Programm ins Leben. US-Präsident Donald Trump hat dies zur obersten militärischen Priorität erklärt. Ein kürzlich verabschiedetes Gesetz sieht fast fünf Milliarden Dollar für maritime autonome Systeme vor. "Diese Systeme werden eine entscheidende Rolle in der Zukunft der Seekriegsführung spielen", sagte der amtierende Chef der Marineoperationen, Jim Kilby.
Die Umsetzung des Vorhabens leidet jedoch unter erheblichen internen Problemen. Die zentrale Beschaffungseinheit der Marine für Drohnenboote (PEO USC) steht nach einer Reihe von Rückschlägen auf dem Prüfstand und könnte umstrukturiert oder sogar geschlossen werden. Bereits vor zwei Monaten hatte die Marine den Chef der Einheit, Konteradmiral Kevin Smith, wegen eines Vertrauensverlusts entlassen.
Skepsis im Pentagon
Zudem gibt es offenbar Zweifel an der bisherigen Strategie von höchster Ebene. Der stellvertretende Verteidigungsminister Steven Feinberg nahm bei einem Treffen im vergangenen Monat Marinevertreter ins Verhör, wie drei mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. Er habe sich von einigen der vorgestellten Fähigkeiten unbeeindruckt gezeigt und deren Kosteneffizienz infrage gestellt. Infolge der jüngsten Vorkommnisse hat die Innovationsabteilung DIU des Pentagon (Defense Innovation Unit) nach Angaben von zwei Insidern einen Vertrag mit dem Rüstungskonzern L3Harris im Wert von rund 20 Millionen Dollar auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. L3Harris ist eines der Unternehmen, das Software zur Steuerung der Drohnen liefert.
Die Firma erklärte, sie stehe hinter der Sicherheit und Leistungsfähigkeit ihres Produkts. Das US-Verteidigungsministerium reagierte zunächst nicht auf Fragen zur Ursache der Unfälle oder zur Aussetzung des Vertrags mit L3Harris.
Experten zufolge fährt die Marine mit dem Vorhaben in unbekannte Gewässer. Sie versuche, jahrzehntelange Traditionen in der Beschaffung von Waffensystemen in hohem Tempo zu überwinden. "Man hat es mit einem System zu tun, das daran gewöhnt ist, große Dinge zu bauen und jahrelang für Entscheidungen zu brauchen", sagte T. X. Hammes, ein Experte für autonome Waffen und Mitglied bei der Denkfabrik Atlantic Council. "Und jetzt verlangt man von ihnen plötzlich, schnell zu sein."
Zusammenfassung
- Die USA investieren mit einem neuen Pentagon-Programm seit 2023 fast fünf Milliarden Dollar in eine Flotte autonomer Drohnenboote, die insbesondere einen möglichen Angriff Chinas auf Taiwan erschweren soll.
- Das ambitionierte Vorhaben wird jedoch von teuren Technikpannen und Unfällen überschattet, darunter Softwarefehler bei Marinemanövern und ein ausgesetzter 20-Millionen-Dollar-Vertrag mit dem Softwarelieferanten L3Harris.
- Während ukrainische Kamikaze-Drohnen rund 250.000 Dollar kosten, plant die US-Marine schwarmfähige Hightech-Modelle für mehrere Millionen Dollar pro Boot, doch interne Kritik und Zweifel an der Effizienz belasten das Projekt zusätzlich.