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Tatzgern: "Der Migrationsdruck ist hoch"

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Bei der Westbalkan-Konferenz in Wien betonten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP), dass sie gemeinsam mit der Westbalkan-Staaten gegen "illegale Migration" vorgehen wollen. Doch warum gibt es den "Migrationsdruck" momentan eigentlich?

Momentan gehe der "Migrationsdruck" nach Österreich vor allem von Flüchtlingen aus, die sich bereits in Europa befinden würden, erklärt Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zu Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt. Er schätzt, dass am Balkan und in Griechenland derzeit rund 80.000 bis 90.000 Flüchtlinge seien, die nach Österreich oder Deutschland weiterziehen wollen.

Der "Migrationsdruck" sei also weiterhin hoch, die Lage habe sich aber insofern geändert, als dass der Zustrom aus der Türkei derzeit "relativ gering" sei. Das könnte sich aber "blitzartig" ändern, so Tatzgern. Da hänge viel von politischen Entwicklungen ab. Also etwa, ob der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Grenzen geschlossen hält. Die Türkei beherbergt laut der UNO-Flüchtlingshilfe rund 4,1 Millionen Flüchtlinge und Asylsuchende - die meisten davon aus Syrien. Laut Tatzgern seien viele davon "ausreisewillig". 

Die größte Flüchtlingsbewegung nach Europa finde derzeit über die sogenannte "Mittelmeerroute" nach Italien und Spanien statt, so Tatzgern. Sie gilt als die gefährlichste Flüchtlingsroute der Welt. Mehr als 600 Menschen haben laut der UNO-Flüchtlingshilfe in den ersten vier Monaten 2021 die Überfahrt übers Mittelmeer nicht überlebt oder werden vermisst.

"Skrupellose" Schlepper machen Flucht gefährlich

Das gefährliche an der Flucht nach Österreich sei derzeit, dass Schlepper die Lockerungen der Grenzkontrollen nach Corona ausnutzen würden, sagt Tatzgern. Sie seien "skrupellos" und würden Flüchtlinge unter Druck setzten. Er erzählt etwa von Aufgriffen mit 14 Personen in einem Kombi und Gruppen von bis zu 60 Personen in (Klein-)Lkws. Derzeit gebe es rund 60 Prozent mehr Aufgriffe von Schleppern als im Vorjahr.  

Zudem sei die Versorgung von Flüchtlingen durch Corona in vielen Ländern schlechter geworden. Vor allem aus Nordmazedonien würden viele Flüchtlinge weg wollen, so Tatzgern. Er betont aber, dass die Staaten sehr bemüht seien und die "Balkanroute" geschlossen sei.

Eine Flüchtlingsbewegung wie 2015 sei laut Tatzgern "nicht absehbar", auch wenn kürzlich eine Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) 4,7 Millionen Flüchtlinge bis 2030 vorausgesagt hat. Dennoch rechnet er damit, dass der "Migrationsdruck" nicht abnehmen wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Momentan gehe der "Migrationsdruck" nach Österreich vor allem von Flüchtlingen aus, die sich bereits in Europa befinden würden, erklärt Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zu Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt.
  • Er schätzt, dass am Balkan und in Griechenland derzeit rund 80.000 bis 90.000 Flüchtlinge seien, die nach Österreich oder Deutschland weiterziehen wollen.
  • Der "Migrationsdruck" sei also weiterhin hoch, die Lage habe sich aber insofern geändert, als dass der Zustrom aus der Türkei derzeit "relativ gering" sei. 
  • Das könnte sich aber "blitzartig" ändern, so Tatzgern. Da hänge viel von politischen Entwicklungen ab. Also etwa, ob etwa der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Grenzen geschlossen hält.
  • Die größte Flüchtlingsbewegung nach Europa finde derzeit über die sogenannte "Mittelmeerroute" nach Italien und Spanien statt, so Tatzgern. Sie gilt als die gefährlichste Flüchtlingsroute der Welt.
  • Das gefährliche an der Flucht nach Österreich sei derzeit, dass Schlepper die Lockerungen der Grenzkontrollen nach Corona ausnutzen würden, sagt Tatzgern. Sie seien "skrupellos" und würden Flüchtlinge unter Druck setzten.