Staatsanwaltschaft verteidigt Anklage gegen Wiener Antiquar
"Eine rechtsradikale Gesinnung des Verkäufers selbst ist für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich und wird dem Angeklagten auch nicht zur Last gelegt", betonte Behördensprecherin Nina Bussek in einer Presseaussendung.
Schaden hatte Bücher aus dem Nachlass der 2016 verstorbenen Historikerin Brigitte Hamann erworben, die mit ihrem Werk "Hitlers Wien" einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Hamann hatte für ihre Forschungszwecke Dutzende Bücher aus der NS-Zeit ihrer Bibliothek einverleibt. Etliche davon landeten nach Hamanns Ableben bei Schaden, der sie über seinen Webshop online zum Verkauf anbot - nach eingehender Prüfung der potenziellen Käufer, wie er der Wiener Wochenzeitung "Falter" versicherte. Als "aufrechter Antifaschist" sei er stets bestrebt gewesen, dass das belastete Material nicht in falsche Hände gerät.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war das offenbar nicht gewährleistet. Aus den gesetzlichen Bestimmungen des Verbotsgesetzes folge, dass Propagandamaterial ohne nähere Erklärung oder Aufbereitung nicht öffentlich angeboten und nur unter bestimmten Voraussetzungen an andere herausgegeben werden darf, wurde in der Presseerklärung erläutert. Der Besitzer von derartigen Materialien habe zu gewährleisten, dass diese nicht zur Wiederbetätigung verwendet werden. Eben diese Voraussetzungen seien "im vorliegenden Fall nicht erfüllt".
"Durch das öffentliche Anbieten der Werke mit propagandistischem Inhalt ohne entsprechende Kennzeichnung und ohne nähere Überprüfung der Erwerber nahm der Antiquar der Anklage zufolge eine Wiederbetätigung zumindest in Kauf, sodass der tatbestandsessenzielle sogenannte bedingte Vorsatz beim Angeklagten anzunehmen war", erläuterte Behördensprecherin Bussek. Hinsichtlich des Antrags auf gerichtliche Einziehung der sichergestellten Bücher hielt die Sprecherin fest, jene Bände, denen ein wissenschaftlicher Wert beigemessen wird, würden "nicht vernichtet, sondern Museen oder Institutionen zur Verfügung gestellt, denen eine besondere Sorgfalt im Umgang mit derartiger Literatur zu rein wissenschaftlichen Zwecken auferlegt wird."
Die Staatsanwaltschaft Wien wirft Schaden vor, dieser habe sich zumindest von 10. Oktober 2024 bis zum 22. Jänner 2025 im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er öffentlich in für jedenfalls mehr als 30 Menschen wahrnehmbarer Weise in seinem Webshop unter der Kategorie "Drittes Reich" den Nationalsozialismus verherrlichende Bücher zum Kauf anbot. In der Anklageschrift wird betont, Schaden habe nicht nur in Bücher gebundene NS-Propaganda offeriert, sondern die Tat "auf eine Weise begangen, dass sie vielen Menschen zugänglich wurde". Die von der Anklage umfassten Werke tragen Titel wie "Das Ende Österreichs", "Wie die Ostmark ihre Befreiung erlebte" oder "Deutsche Wissenschaft und Judenfrage".
Zusammenfassung
- Die Staatsanwaltschaft Wien wirft dem Antiquar Rainer Schaden vor, zwischen 10. Oktober 2024 und 22. Jänner 2025 in seinem Webshop NS-Propagandamaterial öffentlich angeboten zu haben.
- Laut Anklage wurden die Werke in der Kategorie 'Drittes Reich' mindestens mehr als 30 Personen zugänglich gemacht, ohne ausreichende Prüfung der Käufer oder Kennzeichnung der Inhalte.
- Bücher mit wissenschaftlichem Wert sollen laut Staatsanwaltschaft nicht vernichtet, sondern Museen oder Institutionen zur Verfügung gestellt werden.
