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Sporrer beharrt auf Dreierspitze bei Bundesstaatsanwalt

Heute, 03:02 · Lesedauer 5 min

Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will von der justizintern kritisierten geplanten Dreierspitze für die neue Bundesstaatsanwaltschaft nicht abrücken. "Bei der Frage der kollegialen Spitze gibt es keinen Spielraum mehr", meinte Sporrer zur APA. "Die Gegenargumente sind mir zu wenig überzeugend." In anderen Fragen wie etwa der Bestelldauer des Gremiums sei sie dagegen gesprächsbereit.

Ihr seien die etwa von Generalprokuratur, OGH und Standesvertretungen vorgebrachten Kritikpunkte bekannt. "Ich verstehe auch die Vorbehalte, etwa von der Generalprokuratur - diese Behörde ist vom organisatorischen Umbau auch am meisten betroffen." Allerdings habe man gute Gründe für das gewählte Modell: "Wir sehen etwa in Israel, wo die oberste Staatsanwältin angegriffen wird und sogar ihres Amtes enthoben werden sollte, wie schnell eine Person zum Ziel von Angriffen werden kann, wenn sie den Machthabern missliebige Äußerungen tätigt. Ein Dreiergremium ist weniger angreifbar."

Jede Person im Dreiergremium soll je eine Stellvertretung bekommen. Dazu soll eine vierte Person den jeweiligen Vorsitz in Fragen der Justizverwaltung unterstützen. Darunter soll es zuarbeitendes juristisches Personal geben, umgekehrt würde der derzeitige Weisungsrat aufgelöst und somit Ressourcen frei für die neue Bundesstaatsanwaltschaft.

Andere Punkte könne man dagegen diskutieren - etwa die Bestellungsdauer (derzeit geplant: sechs Jahre). "Da bin ich beweglich - ich hätte auch gerne eine längere Dauer, weil das die Unabhängigkeit stärkt. Aber da muss ich mit den Koalitionspartnern weiter verhandeln." Noch geklärt werden muss die genaue Einbindung des Parlaments bei der Bestellung des Gremiums: Zunächst soll eine im Justizministerium angesiedelte Auswahlkommission aus unabhängigen Experten einen Vorschlag erstellen, dann die Wahl durch den Nationalrat erfolgen - in welcher Form das passiert, wolle man im Dialog mit dem Parlament klären. Bei der parlamentarischen Kontrolle der Bundesstaatsanwaltschaft sei eines klar: "In laufende Ermittlungsverfahren kann es keine Einsicht geben, das geht gar nicht." Die Kontrollrechte könnten über Anfragen oder U-Ausschüsse ausgeübt werden - wobei letztere ohnehin nur über abgeschlossene Vorgänge möglich seien.

Sachlichkeit in der Debatte um privatrechtliche Schiedsvereinbarung

Bei der jüngsten Diskussion über die gerichtlich für zulässig erklärte Vereinbarung der Anwendung der Scharia durch ein privates Schiedsgericht plädiert Sporrer für mehr Sachlichkeit. Klar sei: "Der Anlassfall ist juristisch nicht zu beanstanden. Das war eine privatrechtliche Schiedsvereinbarung unter Geschäftsleuten." Die Anwendung fremder Rechtsordnungen sei in Österreich seit Jahrzehnten gang und gäbe - "ob das polnisches Recht ist, deutsches oder tuvalesisches". Aber: "Ich sehe schon auch die politische Dimension und meine, dass man sich das anschauen muss. Auch, weil ich die Sorgen, die ich in der vergangenen Woche zu diesem Thema wahrgenommen habe, sehr ernst nehme."

So müsse man etwa klären, wie weit man es hintanhalten müsse, wenn die fragliche fremde Rechtsordnung religiös geprägt sei, so die Ministerin. "Ich bin die letzte, die die Scharia für eine vorbildliche Rechtsordnung hält." Derzeit verhindere die sogenannte "Ordre public"-Klausel, dass Regelungen, die mit der österreichischen Werteordnung nicht übereinstimmen, in Österreich angewendet werden. "Ob wir das ausweiten müssen, soll eine Arbeitsgruppe klären." Diese soll sich etwa mit einem Ländervergleich beschäftigen und möglichst bis Jahresende ein Ergebnis vorlegen, wobei am Ende durchaus auch ein Verbot der Vereinbarung bestimmter Rechtsordnungen stehen könne - dem wolle sie aber nicht vorgreifen. Ein zu starker Eingriff könne allerdings zu negativen Folgen führen.

Sporrer bedauert Stagnation im Personalplan

Die im Personalplan vorgesehene Stagnation bei den Planstellen bedauert Sporrer. "Es ist mir vollkommen klar, dass vor allem bei Bezirks- und Landesgerichten der Druck enorm ist und die Bediensteten an ihre Grenzen gelangen." Die budgetäre Situation habe der Regierung aber keine andere Wahl als den Sparkurs gelassen. Und in der Justiz habe man immerhin keine Kürzungen - "das ist nicht bei allen Ressorts so." Sollten sich wieder mehr Ressourcen ausgehen, müssten diese vor allem an die Bezirksgerichte generell und die Staatsanwaltschaften in den Ballungsgebieten fließen - dabei gehe es nicht nur um juristisches Personal, sondern auch um Wirtschafts- und IT-Spezialisten. Umgekehrt sei die Lage im Strafvollzug. Dort sind derzeit nur 96 Prozent der Stellen besetzt, weil man zu wenig qualifiziertes Personal finde. Gegengesteuert werde etwa mit Rekrutierungsmaßnahmen und einer akademischen Ausbildung für Führungspersonal.

Beim am 1. September in Kraft tretenden Verbot des digitalen Verschickens von Penisbildern setzt Sporrer zunächst auf die Signalwirkung der strafrechtlichen Regelung. "Ich gehe davon aus, dass sich herumspricht, dass das nicht anständig ist und auch kein Witz, sondern sexuelle Belästigung im digitalen Raum. Jetzt können sich die Männer überlegen: Fotografier ich in die Hose oder lass ich es sein." Das Delikt sei sehr einfach nachzuweisen, weil man ja das Foto und den Absender habe. Für die Frauen wäre dies auch ein Empowerment. "Die Frau kann sagen: Wenn du nicht sofort damit aufhörst, zeig ich dich an."

Änderung des Sexualstrafrechts in Diskussion

Noch in Diskussion ist dagegen die unter dem Slogan "Ja heißt Ja" angedachte Änderung des Sexualstrafrechts. Derzeit gelte beim Tatbestand der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung das Prinzip "Nein heißt Nein" - der Tatbestand sei dann erfüllt, wenn jemand gegen den ausdrücklichen oder konkludenten Willen Geschlechtsverkehr durchführe, ohne dabei Gewalt anzuwenden, so Sporrer. "Es gibt aber Fälle, wo Frauen in Schockstarre sind oder artikulationsunfähig, weil sie überrumpelt werden."

Derzeit würden Gerichte zwar eine Strafbarkeit dann bejahen, wenn etwa die Frau weine. "Aber wenn der Mann keine Reaktion erhält, darf er derzeit davon ausgehen, dass er weitermachen kann." Künftig solle das umgedreht werden: "Der Mann muss sich klar sein darüber, dass die Frau das auch aktiv will und nicht nur erduldet oder erleidet." Dafür brauche es natürlich keine schriftliche Zustimmung, es müsse sich aber aus den Umständen ergeben.

Zusammenfassung
  • Justizministerin Anna Sporrer bleibt bei der geplanten Dreierspitze für die neue Bundesstaatsanwaltschaft und sieht darin einen besseren Schutz vor politischen Angriffen.
  • Diskutiert wird noch die Bestelldauer des Gremiums, die derzeit auf sechs Jahre angesetzt ist, sowie die genaue Einbindung des Parlaments in den Auswahlprozess.
  • Im Strafvollzug sind aktuell nur 96 Prozent der Stellen besetzt, während bei Bezirks- und Landesgerichten der Personaldruck besonders hoch ist.
  • Ab 1. September gilt das Verbot des digitalen Verschickens von Penisbildern, das laut Sporrer eine klare Signalwirkung entfalten soll.
  • Eine Arbeitsgruppe prüft bis Jahresende, ob und wie privatrechtliche Schiedsvereinbarungen mit religiös geprägten Rechtsordnungen wie der Scharia eingeschränkt oder verboten werden sollen.