Sitzordnungs-Disput im Wiener Gemeinderat

0

Zumindest in Sachen Aktionismus sorgt das Coronavirus im Wiener Gemeinderat für keinerlei Einschränkungen: Am Dienstag hat die FPÖ mit einem Transparent gegen die neue Sitzordnung, wonach Mandatare zwecks Abstandsregel auch auf die Besuchertribüne ausweichen müssen, ihren Unmut kundgetan. Sie forderte "Zurück zur Demokratie". Die NEOS bedachten die Blauen daraufhin mit einem Aluhut.

Zumindest in Sachen Aktionismus sorgt das Coronavirus im Wiener Gemeinderat für keinerlei Einschränkungen: Am Dienstag hat die FPÖ mit einem Transparent gegen die neue Sitzordnung, wonach Mandatare zwecks Abstandsregel auch auf die Besuchertribüne ausweichen müssen, ihren Unmut kundgetan. Sie forderte "Zurück zur Demokratie". Die NEOS bedachten die Blauen daraufhin mit einem Aluhut.

Seit Ausbruch der Pandemie finden Sitzungen des Gemeinderats und Landtags im Wiener Rathaus unter speziellen Spielregeln statt. Neben verkürzten Redezeiten und einer regelmäßigen Desinfektion des Rednerpults gehört dazu auch eine neue Sitzordnung. Einzelne Abgeordnete müssen seither auf die Tribüne ausweichen, damit die Bänke nicht allzu dicht besetzt sind.

Die FPÖ ignorierte den neuen Sitzplan - wie bereits am gestrigen Montag in Aussicht gestellt - nun erstmals. Sämtliche blauen Mandatare saßen wie vor Corona-Zeiten ohne Abstand an ihren angestammten Plätzen. "Wir wollen zurück zur alten Normalität", erklärte Klubobmann Anton Mahdalik. Als die Fraktionen die Vereinbarung zum geänderten Sitzungsablauf beschlossen hatten - also Mitte März -, sei die Situation eine andere gewesen: "Es wurde der Teufel an die Wand gemalt, es wurde - wie wir heute wissen - bewusst Angst gemacht." Inzwischen sei das aber nicht mehr aktuell.

Während Mitglieder der Blauen ein Transparent mit dem Slogan "Zurück zur Demokratie. Schluss mit dem rot-schwarz-grünen Ständestaat" entrollten, forderte Mahdalik vom Plexiglas-gesicherten Rednerpult aus die Rückkehr zu den gewohnten Spielregeln - also auch die Entfernung des "Glaskobels" beim Rednerpult, die Wiedereinführung der Fragestunde und die Aufhebung der Redezeitverkürzungen.

Während die SPÖ-Abgeordneten mit "Wir halten Abstand aus Respekt"-Taferln konterten, reagierte NEOS-Klubobmann Christoph Wiederkehr deftiger. "Das hat nichts mit Demokratie zu tun, sondern das hat mit Dummheit zu tun", richtete er den Blauen aus. Man könne darüber diskutieren, ob oder inwiefern die Sitzungen im Juni wieder nach alter Ordnung abgehalten werden können. Aber es sei "lächerlich und widersinnig", hier darauf zu bestehen, keinen Abstand mehr zu halten: "Sie sind die Aluhut-Fraktion des Gemeinderats" - sprach es und überreichte Mahdalik eine ebensolche Kopfbedeckung.

Gemeinderatsvorsitzender Thomas Reindl (SPÖ) verwies auf die Sonderfraktionsvereinbarung, mit der im März einstimmig die seither gültigen Vorgaben festgelegt wurden. Die einseitige Auflösung durch eine Fraktion sei in der Stadtverfassung und der Geschäftsordnung nicht vorgesehen: "Wir machen das auch zu unserer Sicherheit und zur Sicherheit unserer Mitarbeiter." Die Rechte der Opposition würden insofern nicht beschnitten, als Fragen statt mündlich schriftlich gestellt werden könnten und darüber hinaus weiterhin die Möglichkeit etwa von Dringlichen Anträgen, Dringlichen Anfragen oder für die Einberufung von Sondersitzungen bestehe.

Lockerungen im Sitzungsablauf könnte es trotzdem bald geben. Reindl sagte, die Fraktionen hätten vereinbart, bis 4. Juni entsprechende Vorschläge zu machen, um die Juni-Sitzungen - dann findet nicht zuletzt die zweitägige Budgetdebatte statt - weniger strikt ablaufen zu lassen.

ribbon Zusammenfassung
  • Seit Ausbruch der Pandemie finden Sitzungen des Gemeinderats und Landtags im Wiener Rathaus unter speziellen Spielregeln statt.
  • Sämtliche blauen Mandatare saßen wie vor Corona-Zeiten ohne Abstand an ihren angestammten Plätzen.
  • "Wir wollen zurück zur alten Normalität", erklärte Klubobmann Anton Mahdalik.
  • Man könne darüber diskutieren, ob oder inwiefern die Sitzungen im Juni wieder nach alter Ordnung abgehalten werden können.

Mehr aus Politik