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Grbović: "Serbien zahlt wegen Vučić hohen Preis"

Heute, 04:33 · Lesedauer 3 min

Die Protestbewegung gegen Serbiens Staatspräsidenten Aleksandar Vučić habe alle Schichten der serbischen Bevölkerung und alle Landesteile erfasst. Das erklärte der Chef der serbischen liberalen Partei PSG "Bewegung freier Bürger", Pavle Grbović, im Gespräch mit der APA. Der serbische Politiker kam am Dienstag auf Einladung der NEOS zu einer Podiumsdiskussion ins Parlament nach Wien.

"Die Menschen bei uns haben keine Angst mehr", so Grbović. "Sogar in Dörfern, wo man früher Repressalien der Bürgermeister der Vučić-Partei SNS fürchten musste, gehen nun die Leute auf die Straße." Dies könnten auch Schlägerbanden und willkürliche Verhaftungen nicht mehr aufhalten, so der Rechtsanwalt.

Vučić, dessen zweite Amtszeit 2027 abläuft, werde laut Grbović keine vorgezogenen Parlamentswahlen zulassen, wie sie von der Protestbewegung gefordert werden. "Vučić will zuvor noch die Projekte der Weltausstellung 2027 in Belgrad durchziehen", so der serbische Liberalen-Chef. Davon erhofften sich Vučić und seine Fortschrittspartei SNS auch finanzielle Vorteile.

Ob aus der von Studenten begründeten Protestbewegung nach dem Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad im November 2024 eine eigene Partei entstehen werde, bezweifelt Grbović, da er kein gemeinsames Programm der sehr diversen Kräfte erwarte. Es werde aber sicher eine eigene Liste mit ausgewählten Personen der Bewegung antreten, was das serbische Wahlrecht zulasse.

Serbien habe durch die Putin-nahe Politik von Vučić viel Zeit beim angestrebten Beitritt zur EU verloren. "Es herrscht praktisch Stillstand in den Beitrittsverhandlungen mit Brüssel. Seit fast vier Jahren wurden keine neuen Kapitel mehr geöffnet", so Grbović. "Dabei ist Serbien sicher ein europäisches Land, muss aber wegen Vučić einen hohen Preis zahlen." So sei dieser auch zum Treffen der Autokraten nach Peking gereist.

"Vučić hat den Markt für China geöffnet und serbische Unternehmen wie den größten Stahlkonzern an China verkauft", so der Oppositionspolitiker. "China stellt eine Bedrohung für europäische Investoren, die wir dringend benötigen, dar. Dagegen sollte die EU-Kommission Maßnahmen ergreifen." Der von Vučić forcierte Abbau von Lithium habe noch nicht begonnen und sei wegen Umweltproblemen höchst umstritten.

Europäische Werte werden unterstützt

Die von Grbović geführte sozialliberale Partei, die auch dem europäischen Verband liberaler Parteien angehört, stehe voll hinter den europäischen Werten wie Rechtsstaat, Demokratie und Medienfreiheit, so der oppositionelle Abgeordnete. Serbien sollte den Integrationsprozess, der das Land modernisieren und von Korruption befreien würde, beschleunigen. Russlands Einfluss müsse zurückgedrängt werden. So verbreite derzeit der russische Geheimdienst FSB die Nachricht, wonach die EU am 1. November 2025 einen Umsturz als "serbischen Maidan" plane.

Die EU dürfe Serbien als künftiges Mitglied nicht abschreiben, "da sonst eine andere Macht ihren Platz einnehmen wird." Für eine Anerkennung der Republik Kosovo sei er als serbischer Liberalen-Chef nicht bereit, solange dort Albin Kurti Premierminister sei, so Grbović. Dieser habe die Selbstverwaltung serbischer Gemeinden im Kosovo verhindert.

In Bosnien-Herzegowina sei nicht der Chef der Republika Srpska, Milorad Dodik, der bloß als "Nebendarsteller" fungiere, das Hauptproblem. Grbović: "Die wahre Ursache für die weiter bestehende Instabilität in der Region liegt in Belgrad."

Zusammenfassung
  • Die Protestbewegung gegen Präsident Aleksandar Vučić erfasst laut Oppositionspolitiker Pavle Grbović mittlerweile alle Bevölkerungsschichten und Regionen Serbiens, selbst in ländlichen Gebieten, in denen früher Angst vor Repressionen herrschte.
  • Serbien hat durch die Putin-nahe Politik von Vučić beim EU-Beitritt viel Zeit verloren, da seit fast vier Jahren keine neuen Kapitel in den Beitrittsverhandlungen geöffnet wurden.
  • Vučić will laut Grbović keine vorgezogenen Parlamentswahlen zulassen und plant, vor Ablauf seiner Amtszeit 2027 zunächst die Weltausstellung in Belgrad durchzuführen, wovon er und seine Partei finanzielle Vorteile erwarten.