APA/APA (AFP)/GENT SHKULLAKU

Seit Tagen Proteste gegen Polizeigewalt in Albanien

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Tödliche Polizeischüsse auf einen Mann, der die nächtliche Ausgangssperre in der Coronakrise verletzt hatte, haben in der albanischen Hauptstadt Tirana tagelange Protestdemonstrationen nach sich gezogen. Von Mittwoch bis Freitag wurde laut der Nachrichtenagentur Reuters demonstriert. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, um Menschen vor dem Innenministerium zu vertreiben. Innenminister Sander Lleshaj trat am Donnerstag zurück.

Am Dienstag war der 25-jährige Klodian Rasha erschossen worden. Er soll sich um 2.00 Uhr in der Nacht trotz Ausgangssperre auf der Straße aufgehalten haben. Die Polizei räumte die "überzogene Gewaltanwendung" durch einen Beamten ein. Angeblich befolgte der Mann die Anordnung der Polizisten nicht und blieb nicht stehen. Nachdem es zunächst geheißen hatte, Rasha sei bewaffnet gewesen, hieß es später, er sei unbewaffnet gewesen.

Innenminister Lleshaj trat infolge der Proteste zurück. Nicht nur in Tirana, auch in anderen albanischen Städten kam es zu Demonstrationen. Neun Polizisten wurden dabei verletzt. Ein Zeuge berichtete von mehreren Hundert Demonstranten am Donnerstag nur in Tirana. Dabei habe die Polizei die Kundgebungsteilnehmer durch die Straßen und über die Plätze der Hauptstadt gejagt.

Laut der Albanien-Sektion der Association of European Journalists (AEJ) wurde unterdessen auch der Vizepräsident der Vereinigung und Chefredakteur der Tageszeitung "Koha Jone", Qamil Xhani, in einer gewaltsamen Aktion festgenommen. Xhani filmte gerade mit seinem Handy die Festnahme einiger Demonstranten von den Redaktionsräumen der Zeitung aus in einem Hof, teilte die Vereinigung mit. Die Videoaufnahmen löschten die Polizisten demnach.

"Ich weiß, dass sich die albanischen Behörden zum Erhalt der Medienfreiheit verpflichtet haben. Das ist kein Verhalten eines EU-Beitrittswerbers, mit dem bald Verhandlungen über die EU-Mitgliedschaft starten sollen", erklärte Otmar Lahodynski von der AEJ-Österreich-Sektion, der sich auch an die EU-Kommissarin Vera Jourova und die Medienbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gewandt hat.

Der albanische Ministerpräsident Edi Rama erklärte, der Polizist, der die tödlichen Schüsse abgab, habe unverhältnismäßig und unverantwortlich gehandelt. Der Täter werde von der Justiz zur Rechenschaft gezogen, versprach Rama in einer Fernsehansprache.

ribbon Zusammenfassung
  • Tödliche Polizeischüsse auf einen Mann, der die nächtliche Ausgangssperre in der Coronakrise verletzt hatte, haben in der albanischen Hauptstadt Tirana tagelange Protestdemonstrationen nach sich gezogen.
  • Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, um Menschen vor dem Innenministerium zu vertreiben.
  • Angeblich befolgte der Mann die Anordnung der Polizisten nicht und blieb nicht stehen.
  • Innenminister Lleshaj trat infolge der Proteste zurück.

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