Ruf nach Qualitätsstandards für Sommercamps
Eine Woche pro Jahr verbringen Kinder und Jugendliche in Österreich laut einer Arbeiterkammer-Umfrage im Schnitt in Feriencamps. Ob und welchen Vorgaben diese unterliegen, ist Sache der Länder. An diese spielt Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) den Ball in dieser Frage auch weiter. "Ich würde das sehr gut finden, wenn es einheitliche Regelungen gibt, das liegt in der Hand der Bundesländer", hieß es aus ihrem Büro auf APA-Anfrage. Überlegungen für konkrete Regelungen sieht sie bei den Treffen der zuständigen Landesräte "gut aufgehoben".
Bei privaten Anbietern von Sommercamps ohne staatliche Förderung muss laut einer Analyse der KIJA Wien im Sektenbericht derzeit oft kein verpflichtendes Kinderschutzkonzept vorgelegt und auch nicht zwingend vor Ort überprüft werden. Ohne einen konkreten Gefährdungsfall könne kaum präventiv eingegriffen werden. Die KIJA Wien sieht hier eine "erhebliche Lücke in der Prävention und Überprüfung möglicher Kindeswohlgefährdungen oder der Einschränkung von Kinderrechten".
Handlungsbedarf gibt es laut Bundessektenstelle etwa bei Feriencamps mit "esoterischem, freikirchlichem oder sozialutopischem Hintergrund". Im Bericht ist die Rede von Angeboten, die mit scheinbar neutralen Freizeitaktivitäten geworben haben, dann aber "durch missionarische Vermittlung religiöser Inhalte oder Unterricht mit indoktrinierendem Charakter negativ auffielen". Auch Beschwerden über "mangelhafte oder fragwürdige pädagogische Grundlagen" seien eingegangen.
In einem Ferienlager hätten die Kinder laut Bericht etwa zum Abschluss einen Schwur als "Soldat Gottes" ablegen müssen und seien angehalten worden, Klassenkameradinnen und -kameraden zu missionieren. Bei einem anderen Anbieter von mehrwöchigen Camps für Teilnehmer verschiedener Nationen sei es seit Jahren üblich gewesen, die Kinder "kommunikativ weitgehend von ihren Eltern zu isolieren", sodass die Kinder nur eingeschränkt die Möglichkeit hatten, mit ihren Eltern über Erfahrungen und Ängste zu sprechen oder sie zu kontaktieren, wenn sie krank waren.
Regelungen nur in Kärnten und Vorarlberg
Die Bundessektenstelle plädiert deshalb für verbindliche Qualitätsstandards für Betreuung, pädagogische Konzepte und Prävention von Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung. Für das Betreuungspersonal sollte es verpflichtend regelmäßige Schulungen zu Kinderrechten und Kinderschutz geben, außerdem sieht die Bundessektenstelle Bedarf nach niederschwelligen und anonymen Beschwerdemöglichkeiten für Kinder, Eltern und Betreuungspersonal und regelmäßigen unabhängige Qualitätskontrollen. Alle Betreuenden sollen verpflichtend ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen, es müsste auch verbindliche Schutzkonzepte geben, so die Forderung.
Derzeit kann jede Person ein Ferienlager eröffnen, "ohne jegliche Kontrolle und ohne Schutzmaßnahmen für die betreuten Kinder", wie die KIJA zuletzt in einem Positionspapier kritisiert hat. Nur in Kärnten und Vorarlberg gebe es schon Regelungen. Die KIJA fordern neben verpflichtenden Qualitätsstandards und Schulungen des Personals eine Anzeige- oder Bewilligungspflicht für Ferienlager samt Kontrollen durch Behörden, eine Verpflichtung zur jährlichen Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für das gesamte Betreuungspersonal und die Einführung von Kinderschutzmaßnahmen als Voraussetzung dafür, Förderungen der Länder zu erhalten.
Zusammenfassung
- Laut aktuellem Bericht gibt es bei privaten Anbietern oft keine verpflichtenden Kinderschutzkonzepte oder regelmäßige Kontrollen, was zu Fällen von Indoktrination, Missionierung und Isolation von Kindern geführt hat.
- Gefordert werden verpflichtende Schulungen für Betreuungspersonal, erweiterte Führungszeugnisse, unabhängige Qualitätskontrollen sowie niederschwellige und anonyme Beschwerdemöglichkeiten, um Kindeswohlgefährdungen besser vorzubeugen.