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"Durchgerutscht"

Antisemitische Kommentare unter Rosenkranz-Video

Heute, 08:56 · Lesedauer 3 min

Rund hundert antisemitische Kommentare sammelten sich unter einem Facebook-Video von Walter Rosenkranz. Sie seien "durchgerutscht" hieß es aus dem Büro des Nationalratspräsidenten.

Am 11. April postete FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz ein Video auf seiner Facebook-Seite, in dem er "unzensiert und direkt" seine "Gedanken zum Thema im Nationalfonds" teilen wollte.

Dass der Burschenschafter Rosenkranz den Vorsitz des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus innehat, sorgte bereits seit seinem Amtsantritt für Kritik - auch von Opferverbänden und der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG).

Rosenkranz sprach in seinem Video zu dem Thema von "Missinterpretationen", "Halbwahrheit" und "Unwahrheit", die in Medien über seine Person verbreitet worden seien. Außerdem erklärte er, warum er künftig bei offiziellen Anlässen des Nationalfonds für NS-Opfer einen "Schritt zur Seite" machen werde. Künftig solle er bei Feiern und Verleihungen vom Zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner (ÖVP) und der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) vertreten werden.

Dutzende Verschwörungsmythen und Drohungen

Hunderte Facebook-Nutzer:innen kommentieren unter dem Video, das mittlerweile bereits mehr als 49.000 Mal angeklickt wurde. Wie der "Standard" berichtete, befanden sich darunter rund hundert Kommentare mit antisemitischen Verschwörungsmythen, Beschimpfungen und Drohungen.

"Juden wollen wieder die Weltherrschaft übernehmen", stand da etwa zu lesen oder "Jesus hasste die Pharisäer und die Schriftgelehrten mitsamt den Hohepriestern (...)!" Außerdem schrieben User unter das Posting, man solle alle Juden aus Österreich abschieben und nannten sie "Maden im Speck".

Die Plattform "Stoppt die Rechten" und der "Standard" verfolgten die Entwicklung der Kommentare über Wochen hinweg. Am Donnerstag schickte man schließlich eine Anfrage an das Büro von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, weshalb die Kommentare auch nach drei Wochen nicht gelöscht wurden. Die Seite werde schließlich offensichtlich moderiert, andere Beiträge würden demnach sehr wohl gelöscht.

Man habe die Anfrage "an jene Personen weitergeleitet, die die Seite betreuen", hieß es aus dem Büro von Walter Rosenkranz. Die rund hundert Kommentare seien "offensichtlich beim Screening der Seite durchgerutscht". Es stecke "keine böse Absicht dahinter" und man werde die Kommentare "zeitnah löschen". Bis Freitag ist dies augenscheinlich geschehen.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Benjamin Nägele, erklärte gegenüber dem "Standard": "Die Antisemitismus-Meldestelle wird sich diese Seite ansehen, und hoffentlich wird das auch die Staatsanwaltschaft tun." Man müsse gegen die Verbreitung von Antisemitismus auf allen rechtsstaatlich verfügbaren Ebenen vorgehen. "Von Rechtsextremen sind wir NS-Verharmlosung, antisemitische Hetze und das Dulden von diversen Grauslichkeiten gewohnt."

Verantwortungsträger sollten sich Nägele zufolge ihrer Aussagen und Handlungen und dessen, was sie auf ihren Kommunikationskanälen zulassen, bewusster werden. "Das gilt auch für ehemalige Bundespräsidenten, die Unwahrheiten und antisemitische Stereotype in Bezug auf Israel verbreiten und für Organisationen, die antisemitische und homophobe Hetzer legitimieren."

Der grüne Nationalratsabgeordnete Lukas Hammer brachte indessen eine parlamentarische Anfrage zu Rosenkranz ein. "Es geht hier nicht nur um unterlassene Moderation von Social-Media-Kanälen", so Hammer gegenüber dem "Standard". "Es geht um Walter Rosenkranz' politische Verantwortung: Rosenkranz hat in seiner Antrittsrede als Nationalratspräsident zwar betont, den Kampf gegen Antisemitismus weiterführen zu wollen, bietet aber selbst eine Plattform für übelsten Antisemitismus."

Video: Analyse der Rosenkranz-Blockade zum Pogrom-Gedenken

Zusammenfassung
  • Rund 100 antisemitische Kommentare blieben wochenlang unter einem Facebook-Video von Walter Rosenkranz stehen, das am 11. April gepostet wurde.
  • Das Büro von Rosenkranz erklärte, die antisemitischen Kommentare seien "durchgerutscht" und würden "zeitnah gelöscht".
  • Die Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) bringt eine rechtliche Prüfung ins Spiel.
  • Der grüne Nationalratsabgeordnete Lukas Hammer brachte eine parlamentarische Anfrage zu dem Thema ein.