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BOKU-Professor: Regierungsversprechen von Klimaneutralität "Märchen"

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"Es ist am besten, man redet gar nicht mehr davon, ansonsten macht sich Politik komplett lächerlich", kritisiert Reinhard Steurer von der BOKU die Regierung. Die ÖVP wolle mit Klima-Leugnung Wahlen gewinnen und auch die Österreicherinnen und Österreicher wollen nur Bekenntnisse, aber selbst nichts tun. Bis 2040 klimaneutral zu werden, ist bei unserem momentanen Verhalten laut ihm unmöglich.

Österreich will bis 2040 klimaneutral sein, zumindest hat das die Regierung angekündigt. "Es spricht gar nichts dafür, dass wir das erreichen", sagt Reinhard Steurer, assoziierter Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur in Wien, im "Ö1 Morgenjournal". "Die Klimaneutralität von 2040 ist von einem Versprechen zu einer Märchenerzählung geworden". 

Wolle man das wirklich schaffen, würden Gas-, Kohle- und Erdölausstieg allein nicht reichen, erklärt Steurer. Das wären nur "die ersten, dringenden Schritte", man müsste allerdings "weit darüber hinausgehen", um das Ziel wirklich umsetzen zu können. "Es ist am besten, man redet gar nicht mehr davon, ansonsten macht sich Politik komplett lächerlich." 

Statt ihre ambitionierten Ankündigungen umzusetzen, sei die ÖVP umgeschwenkt, mache die Klimaerhitzung und alle Maßnahmen dagegen eher lächerlich. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach in seiner viel kritisierten Rede von "Untergangsirrsinn" und berief sich auf das Buch eines Klimawandel-Leugners. 

ÖVP hofft, mit Leugnen Wahl zu gewinnen

"Die ÖVP sieht natürlich, dass die FPÖ in den Umfragen stark zulegt" und diese "will von Klimapolitik noch weniger wissen". Daran sehe laut Steurer die Kanzler-Partei, dass man so "möglicherweise auch die nächste Wahl so gewinnen kann". Gleichzeitig sei die SPÖ "orientierungslos" und würde keinen oppositionellen Druck aufbauen. Der Bevölkerung wiederum reiche es nach der Pandemie mit den Krisen. Sie wolle "ganz normal leben" und sei mit der Inflation beschäftigt. Deshalb verweigere sich die Regierung der Realität, bis hin zum Bundeskanzler verharmlose man die Klimakrise, warnt Steurer. Die wirkliche Situation sei aber drastisch und werde mit jedem Tag drastischer. 

"Liebe Kinder, eure Zukunft ist uns nicht so wichtig ..."

Der Regierung allein könne man aber nicht die Schuld geben. Der BOKU-Professor sieht "ein großes Gesellschaftsversagen". "Wir als Gesellschaft sind bereit zu Schein-Klimaschutz, also zu Bekenntnissen, die man nicht spürt, die nicht wehtun, die den Alltag nicht betreffen." Wenn es aber darum gehe, auf Autobahnen nur noch 100 zu fahren oder die Heizung zu wechseln, "wollen wir nichts mehr davon wissen". "Im Klartext sagen wir: Liebe Kinder, eure Zukunft ist uns nicht so wichtig, dass wir bereit wären, irgendwas zu ändern, wir verbrennen sie im Keller oder auf der Autobahn. So ist das halt." Solange der Eindruck bestehe, es sei alles nicht so schlimm, so lange sei man auch nicht bereit etwas im Alltag zu ändern. 

Klebe-Aktionen "letzter Weckruf"

Steurer sprach sich in der Vergangenheit gegen die Klebe-Aktionen von Klimaschützer:innen aus, hat aber seine Meinung inzwischen geändert. Ohne diese Proteste würde kaum über den Klimaschutz geredet. Als Wissenschaftler mache man sich unbeliebt, wenn man die Aktivist:innen unterstütze, aber es sei ein "Feueralarm in einer brennenden Welt". Es sei ein "letzter Weckruf". Wenn man den nicht höre, "haben wir es versäumt". Schlechter als jetzt könne man nicht unterwegs sein, der Schaden der Aktionen könne gar nicht so groß sein wie die gelebte Realität. 

ribbon Zusammenfassung
  • "Es ist am besten, man redet gar nicht mehr davon, ansonsten macht sich Politik komplett lächerlich", kritisiert Reinhard Steurer von der BOKU die Regierung.
  • Die ÖVP wolle mit Klima-Leugnung Wahlen gewinnen und auch die Österreicherinnen und Österreich wollen nur Bekenntnisse, aber selbst nichts tun.
  • Bis 2040 klimaneutral zu werden, ist bei unserem momentanen Verhalten laut ihm unmöglich.

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