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Prozessauftakt in Graz gegen "Aula"-Chefredakteur

Heute, 10:45 · Lesedauer 4 min

Der mehrtägige Prozess gegen den ehemaligen Chefredakteur und Herausgeber der Zeitschrift "Aula" hat am Montag im Grazer Straflandesgericht begonnen. Martin Pfeiffer muss sich zumindest bis Ende kommender Woche wegen des Paragrafen 3d des Verbotsgesetzes verantworten. Er soll von 2005 bis Juni 2018 teilweise als Autor in publizierten Beiträgen "nationalsozialistische Propaganda-Stereotype" verwendet haben. Damit sollen andere zur NS-Wiederbetätigung angestiftet worden sein.

Die Anklage listet rund 300 Artikel aus dem mittlerweile eingestellten Magazin auf, die unter anderem Rassenlehre und Antisemitismus propagieren sollen. Pfeiffer, der zu seiner Zeit als Chefredakteur auch FPÖ-Bezirkspolitiker in Graz war, soll unter anderem Rassismus, Herrenrassen- und völkisches Denken sowie einem biologisch-rassistischen Volksbegriff und nationalsozialistischen Rassentheorien in der "Aula" eine Plattform geboten haben. Es wurden Begriffe wie "rassisch Minderwertige" verwendet sowie "Rassenmischung" durch Integration als Gefahr und "Europide" als Vertreter einer überlegenen Rasse dargestellt. Personengruppen wurden laut Anklage im "Aula"-Jargon als "Neger" oder "Zigeuner" bezeichnet. Über sie sei vorwiegend negativ berichtet und gehetzt worden. Sie wurden pauschal als kriminell, arbeitsscheu und minder intelligent dargestellt, sagte Staatsanwalt Christian Kroschl in seinem Eröffnungsplädoyer.

"Es geht nicht um jeden einzelnen Artikel, sondern um die Gesamtbetrachtung der Aula", so Kroschl. Das Ziel der Zeitschrift sei nach Ansicht des Anklägers gewesen, "wesentliche Teile der NS-Ideologie wieder salonfähig zu machen". In dem Magazin, das rund 3.000 Abonnenten hatte, seien "Stereotype aus der NS-Zeit ohne Distanzierung permanent wiederholt" worden, unterstrich Kroschl. Übereinstimmungen mit der NS-Propaganda seien "klar zu sehen". Zwar werde der Holocaust in der "Aula" nicht pauschal geleugnet, "aber Holocaust-Leugner wurden als Opfer von Gesinnungsjustiz dargestellt", führte der Staatsanwalt weiter aus.

Während sich Pfeiffer nach vielen Jahren der Ermittlungen nun vor Gericht verantworten muss, stellte der Staatsanwalt das Verfahren gegen den "Aula"-Verlag ein, da das Unternehmen mittlerweile liquidiert wurde. Verteidiger Bernhard Lehofer hält die Anklage für "nicht nachvollziehbar": Der Verfassungsschutz habe die Zeitschrift über Jahrzehnte mitgelesen und es seien jahrzehntelang ähnliche Inhalte gewesen: "Und jetzt, 15 Jahre später, macht man eine Gesamtbetrachtung und haut es dem Angeklagten um die Ohren."

"Widerlichkeiten oder Dummheit" nicht strafbar

Lehofer betonte, er wolle keinesfalls NS-Wiederbetätigung unterstützen, doch er sprach sich für Meinungsfreiheit aus. Außerdem könne man niemanden für "Widerlichkeiten oder Dummheit" verurteilen. Auch wenn jemand rechtsextrem sei, sei das in Österreich nicht strafbar. Die "Aula" habe "provokante Gegenpunkte" gesetzt, sein Mandat sei sich aber stets sicher gewesen, "dass er nicht gegen das Verbotsgesetz verstößt - auch nicht nach 50 Jahren Publikation und auch nicht in einer Gesamtschau", sagte der Verteidiger.

Begonnen hatte der Schwurgerichtsprozess ungewöhnlich, denn der vorsitzende Richter Erik Nauta legte die für gewöhnlich nur wenige Minuten dauernde Befragung zu den Generalien des Angeklagten anders als sonst an: Er befragte Pfeiffer rund eineinhalb Stunden lang unter anderem zu dessen Dissertation zum Thema "Praxis der Wehrmachtsgerichtsbarkeit an der Front und im Hinterland".

Pfeiffer gab an, dass er seit Anfang September arbeitslos sei. Bis Ende August habe er als Lektor beim "Verein für basisgetragene, selbstbestimmte, pluralistische und unabhängige Medienvielfalt" gearbeitet. Dieser zeichnet unter anderem auch für die Webplattform "AUF1" verantwortlich. Zudem ist er Vorsitzender der Gesellschaft für freie Publizistik. Staatsanwalt Kroschl hielt dem Angeklagten vor, dass es sich dabei laut Wikipedia um die nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz größte rechtsextreme Kulturvereinigung Deutschlands handle. Pfeiffer sagte, dass es dort noch nie strafrechtlich relevante Inhalte gegeben habe und fügte hinzu: "Das ist ein 'Framing', dass alles patriotisch-nonkonforme als rechtsextrem gesehen wird. Da kann ich mich nicht dagegen wehren." Pfeiffer bestätigte, dass er viele Jahre Mitglied der FPÖ war. Auf die Frage von Richter Nauta, ob er das noch immer sei, wollte er keine Antwort geben.

Zusammenfassung
  • Im Grazer Straflandesgericht hat am Montag der Prozess gegen den ehemaligen 'Aula'-Chefredakteur Martin Pfeiffer begonnen, der sich wegen rund 300 Artikeln mit nationalsozialistischen Propaganda-Stereotypen aus den Jahren 2005 bis 2018 verantworten muss.
  • Die Anklage wirft Pfeiffer vor, in der inzwischen eingestellten Zeitschrift mit etwa 3.000 Abonnenten Rassismus, Antisemitismus und NS-Rassentheorien verbreitet und damit zur NS-Wiederbetätigung angestiftet zu haben.