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Pilnacek sah in Causa Blümel "Putsch"

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Das Finanzministerium hat den mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek um Rat gefragt, nachdem dort wegen der Vorwürfe gegen Ressortchef Gernot Blümel (ÖVP) eine Sicherstellungsanordnung erlassen worden war. Blümels Kabinettschef wandte sich laut "Standard" (in Kooperation mit "profil" und ORF) direkt per Signal-Nachricht an den Sektionschef, der im Vorgehen der Ermittler einen "Putsch" erkannte. Die Opposition forderte Konsequenzen.

"Lauter Mutmaßungen", es müsse Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung eingereicht werden, riet der Sektionschef Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist. Zudem fragt Pilnacek, wer den Finanzminister auf die bevorstehende Einvernahme vorbereite. Der Bericht bezieht sich dabei auf die Auswertung von Pilnaceks Handy, das ihm im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner abgenommen worden war.

Die entsprechende Passage war auch jenem Disziplinarsenat bekannt, der zuletzt entschieden hatte, dass keine Gründe für eine Suspendierung Pilnaceks vorliegen. Ob das Justizressort Beschwerde dagegen einlegt, ist noch unklar. Auch der Anwalt des Sektionschefs erklärte, dass keine Pflichtwidrigkeiten vorlägen. Das Finanzministerium begründet die Anfrage bei Pilnacek damit, dass "rechtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich des Lieferumfanges und des Datenschutzes von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" bestanden habe. Auch sei fraglich gewesen, ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht das Instrument der Amtshilfe statt Sicherstellungen hätte nutzen müssen.

In der Angelegenheit, die auch eine Razzia bei Blümel daheim beinhaltet, geht es darum, dass die WKStA den Finanzminister im indirekten Zusammenhang mit Problemen des Glücksspielkonzern Novomatic in Italien beschuldigt. Der frühere Novomatic-Manager Harald Neumann hatte sich in dieser Sache an Blümel mit der Bitte um einen Termin beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gewandt und nebenbei auch eine mögliche Parteispende an die Volkspartei erwähnt.

Die nun aufgetauchten Chats zwischen Pilnacek und dem Kabinettchef des Finanzministerium offenbaren für den freiheitlichen Fraktionschef im U-Ausschuss Christian Hafenecker einmal mehr ein "schwarzes Netzwerk", das sich nicht nur auf der politischen Ebene, sondern auch im Beamtenapparat quer durch die Ministerien spanne. Er fordert Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf, gegen die Entscheidung des Disziplinarsenats Einspruch zu erheben.

"Empört" zeigte sich der stv. SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. Er sprach in einer Aussendung von einem "Skandal" und forderte Blümel auf, sich zu "erklären und zurückzutreten". Diese Chats würden "einmal mehr die eiskalte Machtpolitik der Kurz-Truppe offenbaren, die vor nichts zurückschreckt um gegen Ermittlungen der Justiz vorzugehen. Das ist der neue Stil der ÖVP, das ist das System Kurz in Reinform", befand Leichtfried. In der Sondersitzung zur Causa ÖBAG nächsten Freitag werde man auch diese Sache besprechen - und außerdem eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Zadic richten.

NEOS forderten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, Blümel aus der Regierung zu entlassen. "Es vergeht kaum ein Tag, an dem er das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Regierung nicht massiv erschüttert", meinte U-Ausschuss-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Der Chat zeigt für Krisper "die Netzwerke der Kurz-ÖVP auf, die diese nutzt, um den Finanzminister so gut wie möglich vor strafrechtlichen Ermittlungen zu schützen". Damit sei auch das von NEOS schon lange "besorgt wahrgenommene und bekämpfte ,System Pilnacek' erwiesen". Ein Verbleib Pilnaceks im Amt sei "nicht mehr akzeptabel".

ribbon Zusammenfassung
  • Das Finanzministerium hat den mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek um Rat gefragt, nachdem dort wegen der Vorwürfe gegen Ressortchef Gernot Blümel (ÖVP) eine Sicherstellungsanordnung erlassen worden war.
  • Blümels Kabinettschef wandte sich laut "Standard" direkt per Signal-Nachricht an den Sektionschef, der im Vorgehen der Ermittler einen "Putsch" erkannte.
  • Ob das Justizressort Beschwerde dagegen einlegt, ist noch unklar.

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