APA/ROLAND SCHLAGER

Opposition kritisiert "falsches Budget" Blümels

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Die Opposition hat zum Auftakt der Budgetberatungen im Nationalrat erneut scharfe Kritik am vorgelegten Budget geübt. Während die FPÖ von einem "falschen Budget" sprach und die NEOS eine "Respektlosigkeit" gegenüber dem Parlament orteten, forderte die SPÖ hinsichtlich der Corona-Hilfsmaßnahmen "echte Hilfe statt leerer Versprechen". Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies die Vorwürfe zurück.

Die Opposition hat zum Auftakt der Budgetberatungen im Nationalrat erneut scharfe Kritik am vorgelegten Budget geübt. Während die FPÖ von einem "falschen Budget" sprach und die NEOS eine "Respektlosigkeit" gegenüber dem Parlament orteten, forderte die SPÖ hinsichtlich der Corona-Hilfsmaßnahmen "echte Hilfe statt leerer Versprechen". Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies die Vorwürfe zurück.

Zu Beginn der dreitägigen Budgetberatungen, die am Donnerstag mit dem Budgetbeschluss enden werden, kritisierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, dass die durch die Corona-Krise zu erwartenden Kosten im Zahlenwerk überhaupt keinen Niederschlag gefunden hätten. Denn das, was das Parlament beschließen soll, "bildet diese Jahrhundertkrise nicht im geringsten ab". In Deutschland sei es sehr wohl gelungen, die Krise auch in Zahlen zu gießen.

FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs warf den türkisen und grünen Abgeordneten vor, dass diese "bedauerlicherweise wissentlich ein falsches Budget beschließen werden". Im Budget sei ein Defizit von nur 600 Mio. Euro vorgesehen, das Finanzministerium habe aber bereits im April ein zu erwartendes Minus von 30,5 Mrd. Euro nach Brüssel gemeldet. "Und trotzdem genehmigen 97 schwarz-grüne Abgeordnete ein falsche Defizit von 600 Millionen Euro."

Es sei "jedes Verständnis da, dass nicht jede Zahl auf Punk und Beistrich halten wird", betonte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Aber nicht einmal zu versuchen, ein seriöses Budget mit Nachtrag zu liefern, das ist eine Respektlosigkeit gegenüber der Volksvertretung." Hinsichtlich der Corona-Hilfen sprach die NEOS-Chefin von Bürokratismus, für viele Unternehmen bedeute das Vorgehen eine "Liquiditätsfalle".

"Wir können momentan nur von einer Momentaufnahmen sprechen, alles andere wäre unseriös", verteidigte ÖVP-Klubobmann August Wöginger das Budget-Vorhaben. Ein Kassasturz mache erst im Herbst Sinn, das würden auch Experten bestätigen. Dennoch sei das Vorhaben richtig, denn das Budget sehe zusätzliche Mittel in vielen Bereichen vor, die notwendig seien. "Auch wenn uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, ist das Regierungsprogramm, auf das sich die türkis-grüne Regierung geeinigt hat, alles andere als hinfällig", ergänzte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Und dieses Programm sei im vorliegenden Budget abgebildet.

Finanzminister Blümel selbst verwies auf die Notwendigkeit, das Budget so zu beschließen, wie von ihm vorgelegt: "Ich bin der Meinung, dass es sinnvoll ist, dieses Budget in dieser Form zu beschließen, weil es viele gute und richtige Maßnahmen enthält." U.a. verwies er auf geplante Mittelerhöhungen in den Bereichen Justiz, Umwelt- und Klimaschutz, Polizei oder Wissenschaft und Forschung. "Das kann sich sehen lassen."

Dass die nach Brüssel gemeldete Zahlen im Widerspruch zum Budget stünden, wischte der Minister vom Tisch: Diese Zahlen hätten "nichts mit dem Budget zu tun", sondern stellten vielmehr eine Schätzung dar. Und die Corona-Hilfen würden sehr wohl wirken: "Diese Hilfe kommt an", sagte er und verwies etwa auf bereits bewilligte 6 Mrd. Euro an Steuerstundungen oder die schon bewilligten Kurzarbeits-Anträge: hier seien 40.000 bereits abgewickelt worden und es sei auch schon Geld geflossen.

Beschlossen wurden am Dienstag weitere Corona-Hilfen, von der die Gastronomie profitieren soll. Ab 1. Juli wird die Schaumweinsteuer dauerhaft gestrichen, die Mehrwertsteuer auf nicht-alkoholische Getränke wird befristet halbiert. Geschäftsessen können künftig zu einem höheren Grad abgesetzt werden und Essensgutscheine werden weiter privilegiert.

Der Wegfall der Schaumweinsteuer gilt dauerhaft, bisher musste hier pro Liter ein Euro abgeführt werden. Bis Jahresende befristet ist hingegen die Senkung des Mehrwertsteuersatzes bei alkoholfreien Getränken; der Steuersatz liegt hier künftig bei zehn Prozent. Bisher galt dieser Wert nur auf tierische Milch und Leitungswasser. Betroffen davon ist die Abgabe von "offenen nichtalkoholischen Getränken". Damit sind nicht nur direkt ausgeschenkte Getränke gemeint sondern auch solche, die typischerweise vom Gastronomen oder dem Kunden im Zuge des Erwerbs unmittelbar geöffnet werden. Nicht umfasst sind etwa Getränke in Automaten oder in Supermärkten, sehr wohl aber in Kantinen oder an Würstelständen.

Bei Essensbons für Mahlzeiten, die Arbeitgeber ihren Dienstnehmern zur Verfügung stellen, gibt es ebenfalls steuerliche Erleichterungen. Bisher waren diese bis zu einem Wert von 4,40 Euro pro Arbeitstag steuerfrei, wenn die Gutscheine nur am Arbeitsplatz oder in einer Gaststätte konsumiert werden. Dieser Betrag wird auf acht Euro angehoben. Bei Bezahlung von Lebensmitteln, die nicht sofort konsumiert werden, geht die Steuerbefreiung aktuell nur bis zu einem Wert von 1,10 Euro, dieser wird auf zwei Euro erhöht. Hinsichtlich der Geschäftsessen wird auf eine befristete Regelung gesetzt: Ab dem 1. Juli bis zum Jahresende werden 75 statt 50 Prozent absetzbar sein. Beschlossen wurde im Rahmen der Corona-Hilfen auch eine Erlaubnis für Bilanzbuchhalter, für Unternehmen Liquiditätshilfen aus den Corona-Hilfspaketen zu beantragen.

Abgesegnet mit Koalitionsmehrheit wurde auch das Budgetbegleitgesetz. Damit wird u.a. ein Fehler der letzten Steuerreform korrigiert. Mit dieser Reform wurden auch Ausgleichszulagen steuerpflichtig gemacht, diese Zahlungen müssen seitdem aber auch bei der Prüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe berücksichtigt werden. Für Behinderte kann das den Wegfall der erhöhten Beihilfe bedeuten. Nun wird festgehalten, dass Ausgleichs- und Ergänzungszulagen bei der Berechnung der für das Kind geltenden Einkommensgrenze von 10.000 Euro ausgeklammert bleiben.

Nicht allzu viel Neues brachte die "Dringliche Anfrage" der SPÖ an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Sachen Coronakrise. Vielmehr betonte der Regierungschef das neue Credo, dass es künftig ein Minimum an Regeln, aber ein Maximum an Freiheit, Eigenverantwortung und Hausverstand brauche. Die Kritik der SPÖ an den Maßnahmen der Regierung ließ Kurz an sich abperlen: "Mir fällt kein Land ein, mit dem ich tauschen möchte." Nur wenige Länder hätten wie Österreich einen vergleichsweise geringen Einbruch des BIP. Das sei einerseits der raschen Reaktion auch des Parlaments, andererseits dem 38 Milliarden schweren Hilfspaket zu verdanken.

SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter vermisste die Klärung, ob für Kurz bei seinem Kleinwalsertal-Besuch inklusive Grenzübertritt andere Regeln gegolten hätten als für Normalbürger. Und FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz forderte hier eine Selbstanzeige von Kurz.

Durchaus in ruhigen Bahnen bewegte sich der Abend von Tag eins der Budgetdebatte. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) konnte sich über die Aufstockung ihres Budgets freuen, mit der es gelungen sei, den befürchteten "stillen Tod der Justiz" abzuwenden. Freilich glaubt zumindest die FPÖ noch nicht so recht daran, erwartet man doch Einnahmenausfälle in der Justiz durch die Coronakrise.

Ebenfalls Anlass für gute Laune budgetär gesehen hatte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Gemäß den Vor-Corona-Zahlen stehen seinem Ressort rund 107 Millionen mehr als zuletzt zu. Damit wird vor allem der weitere Ausbau der Plan- und Ausbildungsstellen in der Exekutive finanziert. Kleine Streitereien begleiteten die Debatte weniger wegen des Budgets sondern wegen des wahlkampfgeschuldeten rot-türkisen Matches rund um die Coronapolitik Wiens.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hob in seinem Kapitel die Aufstockung der Auslandskatastrophenfonds von zehn auf 25 Millionen hervor sowie die "wesentliche" Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit. Gewürdigt wurde von ihm die "logistische Meisterleistung" bei der Heimholung von Österreichern in der Coronakrise. Dabei habe man auch die Wichtigkeit der diplomatischen Vertretungen gesehen. Diese seien "nicht Luxus sondern Lebensversicherung der Bürger, die in Not geraten".

Fortgesetzt wird die Budgetdebatte am Mittwoch ab 9 Uhr mit dem Wirkungsbereich von Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne). Danach werden Landesverteidigung, Wirtschaft und Landwirtschaft sowie Bildung abgehandelt. Abgeschlossen wird der parlamentarische Budgetmarathon mit den letzten Kapiteln und den Schlussabstimmungen am Donnerstag.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Opposition hat zum Auftakt der Budgetberatungen im Nationalrat erneut scharfe Kritik am vorgelegten Budget geübt.
  • Während die FPÖ von einem "falschen Budget" sprach und die NEOS eine "Respektlosigkeit" gegenüber dem Parlament orteten, forderte die SPÖ hinsichtlich der Corona-Hilfsmaßnahmen "echte Hilfe statt leerer Versprechen".
  • "Und trotzdem genehmigen 97 schwarz-grüne Abgeordnete ein falsche Defizit von 600 Millionen Euro."