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Opferzahl bei Anschlag auf Moschee in Kandahar stieg auf 60

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Die schiitische Minderheit in Afghanistan muss erneut um dutzende Opfer eines Selbstmordanschlags trauern. Die Behörden in der Stadt Kandahar im Süden des Landes teilten der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit, dass die Zahl der Opfer des Anschlags auf eine Moschee am Vortag auf 60 gestiegen sei. Zu dem Anschlag hatte sich die sunnitische Jihadistenmiliz Islamischer Staat Provinz Chorasan (IS-K) bekannt, die Schiiten als Ketzer betrachtet.

Es handelte sich nach Angaben der britischen Expertengruppe für Konflikte, Extrac, bereits um die vierte große Attacke des mit den radikalislamischen Taliban verfeindeten IS-Ablegers seit deren Machtübernahme im August. Die Taliban sind durch den ersten blutigen Angriff der Gruppierung in ihrem Kerngebiet im Süden Afghanistans unter Druck geraten. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, forderte die Islamisten auf, "ihre Verpflichtung zur Terrorismusbekämpfung einzuhalten" und den gemeinsamen Feind IS-K zu bekämpfen.

Hunderte Totengräber schaufelten am Samstag in Kandahar dutzende Gräber. Staub wirbelte auf. Eine ausschließlich aus Männern bestehende Trauergemeinde brachte eine Leiche nach der anderen, allesamt in weiße Laken gehüllt. Der um seinen Bruder trauernde Goul Ahmad sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Er hatte zwei kleine Kinder". Der Schmerz über den Verlust "lässt sich nicht mit Worten beschreiben". Mohammed Agha sagte: "Die islamische Welt wird sich an diese Barbarei erinnern".

Der Angriff ereignete sich während des traditionellen Freitagsgebets in einer schiitischen Moschee. Selbstmordattentäter sprengten sich in verschiedenen Bereichen der Moschee in die Luft. Am Samstag waren die Wände noch mit Schrapnellen übersät. Freiwillige halfen bei den Aufräumarbeiten in der kunstvoll bemalten Gebetshalle. Trümmer lagen in einem Eingangskorridor.

IS-K hatte erklärt, dass zwei Selbstmordattentäter getrennte Anschläge verübt hätten. Laut Augenzeugen waren es sogar drei. Zwei Angreifer hätten am Haupteingang der Moschee das Feuer eröffnet, sagte ein Wachmann der AFP. Einer von ihnen habe sich dann in die Luft gesprengt. Zwei weitere Selbstmordattentäter zündeten ihre Sprengsätze nach Angaben mehrerer Augenzeugen außerhalb des Hauptgebäudes der Moschee. Rund 70 Menschen wurden verletzt.

Der Polizeichef von Kandahar, Maulwi Mehmoud, sprach von einem "brutalen Anschlag", bei dem "eine große Zahl unserer Landsleute ihr Leben verloren hat". Demnach waren Sicherheitsleute der schiitischen Gemeinde für die Sicherheit der Moschee zuständig. Von nun an würden die Taliban dies jedoch übernehmen.

Vor einer Woche erst waren bei einem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee im nordafghanischen Kunduz mehr als 60 Menschen getötet worden. Auch diesen Anschlag hatte die Gruppe IS-K für sich reklamiert. Die Taliban, die Schiiten in der Vergangenheit ebenfalls verfolgt hatten, sicherten der Minderheit daraufhin Schutz zu.

Der Anteil der Schiiten an der afghanischen Bevölkerung wird auf etwa zehn Prozent geschätzt. Viele von ihnen sind Hazara, eine ethnische Gruppe, die in Afghanistan seit Jahrzehnten verfolgt wird.

Der 2014 gegründete IS-K ist wie auch die Taliban eine radikal-sunnitische Bewegung. Wegen religiöser und ideologischer Differenzen sind die beiden Gruppen jedoch verfeindet.

ribbon Zusammenfassung
  • Die schiitische Minderheit in Afghanistan muss erneut um dutzende Opfer eines Selbstmordanschlags trauern.
  • Die Behörden in der Stadt Kandahar im Süden des Landes teilten der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit, dass die Zahl der Opfer des Anschlags auf eine Moschee am Vortag auf 60 gestiegen sei.
  • Zu dem Anschlag hatte sich die sunnitische Jihadistenmiliz Islamischer Staat Provinz Chorasan (IS-K) bekannt, die Schiiten als Ketzer betrachtet.

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