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Österreich prescht bei "grünem Pass" vor

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Noch bevor es eine rechtliche Grundlage auf EU-Ebene gibt, prescht Österreich beim "Grünen Pass" für Corona-Geimpfte, Getestete oder Genesene vor. Man werde in den nächsten Tagen die rechtlichen Grundlagen für erste Schritte setzen, zunächst nur für den Testnachweis, hieß es nach dem Ministerrat. Auf Basis dessen soll die operative Umsetzung bereits im April beginnen. Die Wirtschaft reagierte euphorisch, die FPÖ ablehnend.

Auf EU-Ebene liegt derzeit nur ein Gesetzesvorschlag vor. Der digitale europäische Impfausweis soll ab 1. Juni nutzbar sein. "Wir wollen nicht auf die Umsetzung auf europäischer Ebene warten", begründete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Pressefoyer den Vorstoß, den er als "ersten Schritt" und als "Vorarbeit für die europäische Gesamtumsetzung" bezeichnete.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will bereits im Gesundheitsausschuss des Nationalrats am Donnerstag einen Vorschlag präsentieren. Rechtlich verankert wird dies in der überarbeiteten Novelle der Coronagesetze, die kommende Woche im Nationalrat beschlossen werden soll. Die technische Umsetzung wird der ELGA-GesmbH überantwortet. Sie hat bereits am 12. März den Projektauftrag dafür erhalten.

Vorgegangen wird in zwei Etappen, so der Gesundheitsminister: Die erste Etappe ist die Verankerung der Testungen, damit man nicht mehr ein haptisches Papier braucht und Zutrittsmöglichkeiten elektronisch (per QR-Code) ermöglichen kann. Mitte April soll dies abgeschlossen und flächendeckend einsatzfähig sein. Zweiter Teil ist dann der Immunitätsnachweis für Genesene und Geimpfte, der - wie auf EU-Ebene geplant - auf breiter Basis spätestens im Juni kommen soll.

Laut einem Pressepapier von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), das sich auf den EU-Kommissionsvorschlag bezog, soll der "Grüne Pass" im Vollausbau folgende Informationen enthalten können: ein Impfzertifikat, Testzertifikate (PCR- oder Antigenschnelltest) und ein Genesungszertifikat (frühestens auszustellen ab dem elften Tag nach erstem positiven PCR-Testergebnis und maximal 180 Tage gültig). Er soll kostenlos von den EU-Staaten an alle EU-Bürger, deren Familienangehörige und an in EU-Staaten ansässige Drittstaatsangehörige ausgestellt werden. Die Gültigkeit ist für die Dauer der Pandemie vorgesehen.

Köstinger sprach von einem erfolgreichen österreichischen Vorstoß. "Die Wiederherstellung der Reisefreiheit ist nicht nur für das Urlaubsland Österreich entscheidend, sondern für den gesamten europäischen Tourismus", erklärte sie.

Angesprochen auf eine Öffnung für Mallorca-Reisen nach deutschem Vorbild zeigte sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nach dem Ministerrat zurückhaltend. "Noch muss jedem klar sein, dass Mobilität noch mit Risiko, und zwar mit erklecklichem Risiko verbunden ist", sagte er nach der Regierungssitzung und sprach sich auch gegen regionale "Fleckerlteppiche" bei entsprechenden Öffnungsmaßnahmen aus.

Bezüglich des Passes nannte er auf Nachfrage eine Einschränkung: Der europäische Verordnungsentwurf ziele auf den Binnenmarkt ab. "Erstes Ziel muss es einmal sein, die innereuropäische Mobilität wieder herzustellen." Was dies etwa für die Migrantencommunity bei Türkeireisen im Sommer bedeutet, konnte der Außenminister noch nicht sagen. Man werde sich den Umgang mit Staaten außerhalb der Union "bald" ansehen, sagte Schallenberg nur.

ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner stellte auch Alleingänge in den Raum. "Sollte es bis zum Sommer keine Einigung auf europäischer Ebene geben, brauchen wir bilaterale Abkommen mit unseren wichtigsten Reisezielen und Herkunftsländern für einen zufriedenstellenden Urlaubssommer 2021", erklärte er in einer Aussendung: "Damit schaffen wir auch die dringend benötigte Grundlage für einen Aufschwung der schwer getroffenen Flugbranche."

Für diese reagierte der Flughafen Wien. Die Initiative der Bundesregierung sei ein großer und wichtiger Schritt nach vorne, so Vorstand Günther Ofner: "Das ist eine wichtige Botschaft für die gesamte Reise- und Tourismusbranche und eine Voraussetzung, um die notwendigen Kontrollen bei Ein- und Ausreisen überhaupt bewältigen zu können, sollte das Reiseaufkommen wieder zunehmen." Auch die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer freute sich. Die Hoteliersvereinigung sprach von der besten Nachricht seit langem.

Ablehnung kam von der FPÖ. "Wenn ÖVP-Kanzler Kurz mit seiner Ministerin Köstinger glückselig davon schwadroniert, dass solch ein digitaler Ausweis das Tor für Reisen innerhalb der EU öffnen soll, ist das in Wirklichkeit nur ein Einstieg für den Entzug der Grundrechte", meinte Generalsekretär Michael Schnedlitz.

ribbon Zusammenfassung
  • Noch bevor es eine rechtliche Grundlage auf EU-Ebene gibt, prescht Österreich beim "Grünen Pass" für Corona-Geimpfte, Getestete oder Genesene vor.
  • Man werde in den nächsten Tagen die rechtlichen Grundlagen für erste Schritte setzen, zunächst nur für den Testnachweis, hieß es nach dem Ministerrat.
  • Auf Basis dessen soll die operative Umsetzung bereits im April beginnen.
  • Der digitale europäische Impfausweis soll ab 1. Juni nutzbar sein.