ÖBAG-Rücktritt: Schmid entschuldigt sich für "zynische" Chats

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Nach anhaltender Kritik tritt ÖBAG-Chef Thomas Schmid mit sofortiger Wirkung zurück. Schmid wollte zunächst seinen Vertrag bis 2022 auslaufen lassen. Da der Rücktritt einvernehmlich ist, dürfte er zwischen 200.000 und 250.000 Euro Abfindung bekommen.

ÖBAG-Chef Thomas Schmid gibt nach lang anhaltender Kritik auf. "Nach intensiven Beratungen innerhalb des Aufsichtsrats ist der Aufsichtsrat gemeinsam mit MMag. Schmid zur Erkenntnis gekommen, dass die sofortige Beendigung der Vorstandstätigkeit von MMag. Thomas Schmid einen notwendigen Schritt für die ÖBAG darstellt", teilte die Staatsholding Dienstagvormittag in einer Aussendung mit. ÖBAG-Direktorin Christine Catasta wurde als Interimsvorstand bestellt.

Schmid trete auch von allen für die ÖBAG gehaltenen Aufsichtsratspositionen in Beteiligungsgesellschaften zurück. Nach der anhaltenden Diskussion der letzten Monate habe der Aufsichtsrat die Situation um den ÖBAG-Vorstand mit juristischer Beratung neuerlich bewertet.

Mehr als 200.000 Euro Abfindung

Zunächst wollte Schmid seinen Vertrag erst mit März 2022 auslaufen lassen. Leer dürfte er aber auch so nicht ausgehen. Da die Trennung einvernehmlich ist, erhält Schmid eine Abfindung, die sich zwischen 200.000 und 250.000 Euro bewegen dürfte, berichtet der "Kurier". Kolportiert wurde zuletzt ein Grundgehalt von 400.000 Euro brutto, das mit Prämien auf über 600.000 Euro anwachsen konnte. Wie ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern im Interview mit Ö1 betonte, hat Schmid aber für das laufende Jahr 2021 keinen Anspruch auf Bonus-Zahlungen. Über Abfindungszahlungen wollte er sich aus Vertraulichkeitsgründen nicht äußern.

Entschuldigung für "falsche" Chats

Thomas Schmid selbst ließ der APA am Dienstagnachmittag ein Statement zukommen: "Ich habe mich in diesen privaten Chats in einer Art über Menschen, Organisationen und politische Entwicklungen geäußert, die ich heute bereue. Heute sehe ich klar, dass das falsch und zynisch war. Es tut mir außerordentlich leid, wenn ich damit jemanden verletzt oder verstört habe", heißt es darin.

PULS 24 Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner analysiert den Rücktritt.

Besonders bedauere er, dass die öffentliche Diskussion um seine Chats dazu geführt habe, dass die Leistungen "des kleinen, sehr engagierten und professionell arbeitenden ÖBAG-Teams" nicht ausreichend gewürdigt würden. "Das hart arbeitende Team rund um Christine Catasta hat es sich verdient, an ihren konkreten Leistungen im aktiven Management der österreichischen Staatsbeteiligungen gemessen zu werden", warb er für einen Neustart unter seiner Nachfolgerin Catasta.

Die Vertretung durch Catasta ist vorübergehend, sie werde sich im laufenden Prozess der Vorstandssuche nicht bewerben. Christine Catasta war bis 2020 Chefin von der Beratungsfirma PwC Österreich und ist seit Oktober 2020 die für die Beteiligungsgesellschaften verantwortliche Direktorin der ÖBAG.

Aufsichtsrat distanziert sich von Chatnachrichten

In der Presseaussendung der der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) heißt es weiters: "Der Aufsichtsrat bedankt sich bei Thomas Schmid für die ausgezeichnete inhaltliche Arbeit der letzten zwei Jahre, distanziert sich aber gleichzeitig von den Chatnachrichten." Zum Vorstand bestellt wurde Schmid im April 2019.

Am Montag vor einer Woche waren neue Chats von Schmid bekannt geworden, deren Inhalt für heftige Kritik der Opposition sorgte. Laut den in mehreren Medien veröffentlichten Protokollen hatte Schmid mit einer Vertrauten unter anderem darüber diskutiert, in seiner neuen Funktion den Betriebsrat "abdrehen" zu wollen ("Und Betriebsrat. Weg damit."). "Das können wir nicht einfach so machen", soll ihm diese ausgerichtet haben, man müsse "auch andere Ideologien verstehen". Schmids Reaktion: "Andere Ideologien. Fu** that."

Auch über Flüchtlinge wurde den Berichten nach "gescherzt": Nach der Buchung eines Fluges nach Addis Abeba soll seine Assistentin Schmid gefragt haben, ob er auch einen Rückflug brauche. Auf seine Frage, ob sie ihn dort lassen möchte, soll sie geantwortet haben: "Ab Kairo gibt es Schlauchboote." Nachdem sie Schmid dann etwas später die Buchung bestätigt hatte, soll er zurückgefragt haben: "Mit den Flüchtlingen? Smiley."

Sepp Schellhorn, NEOS-Wirtschaftsprecher, kritisierte gegenüber PULS 24 den ÖBAG-Aufsichtsrat wegen deren Umgang mit Schmid.

Erste Chats im März publik geworden

Schon Ende März gab es Aufregung um Chats des nunmehrigen Ex-ÖBAG-Chefs. "Du bist Familie", soll ihm Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einmal geschrieben haben. Als die gesetzliche Grundlage für den neuen Job in der ÖBAG gegeben war, habe Blümel - damals Kanzleramtsminister - an Schmid geschrieben: "Schmid AG fertig". Antwort von Schmid: "Habe noch keinen Aufsichtsrat". Vor seiner Bestellung zum ÖBAG-Vorstand soll Schmid den Kanzler gebeten haben, ihn "nicht zu einem Vorstand ohne Mandate" zu machen. Die Antwort von Kurz: "Kriegst eh alles, was du willst."

Die ÖBAG steuert elf staatliche Beteiligungen im Wert von knapp 27 Mrd. Euro. Dazu gehören unter anderem der Verbund, die OMV, die Telekom Austria, die Post und die Casinos Austria. Eigentümervertreter des Staates ist der Finanzminister.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte am Rande einer Pressekonferenz, dass das Ausscheiden von Schmid "sinnvoll und notwendig" ist. Auch der Aufsichtsrat selbst habe es als "notwendigen Schritt" begründet, dem habe "ich nicht viel dazuzufügen", sagte Kogler. Seine Prognose sei ohnedies gewesen, dass der Aufsichtsrat vor dem Auscheiden des ÖBAG-Chefs Schmid im März 2022 "Schritte setzen wird, weil es vernünftig, richtig und sinnvoll ist".

Im März hab Schmid noch bekannt, dass er seinen Vertrag mit 2022 auslaufen lassen wolle.

ribbon Zusammenfassung
  • Seit Bekanntwerden von Chats mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) rund um seine Bestellung zum Alleinvorstand der ÖBAG steht Schmid massiv in öffentlicher Kritik.
  • Zunächst wollte Schmid als Konsequenz seinen Vertrag mit der ÖBAG mit März 2022 auslaufen zu lassen. Nun will Schmid noch am heutigen Dienstag den Chefposten verlassen.
  • Leer dürfte er aber auch so nicht ausgehen. Da die Trennung einvernehmlich ist, erhält Schmid eine Abfindung, die sich zwischen 200.000 und 250.000 Euro bewegen dürfte, berichtet der "Kurier".
  • Kolportiert wurde zuletzt ein Grundgehalt von 400.000 Euro brutto, das mit Prämien auf über 600.000 Euro anwachsen konnte.
  • Wie ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern im Interview mit Ö1 betonte, hat Schmid aber für das laufende Jahr 2021 keinen Anspruch auf Bonus-Zahlungen. Über Abfindungszahlungen wollte er sich aus Vertraulichkeitsgründen nicht äußern.

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