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Nur jede zweite Frau wechselt direkt aus Beruf in die Pension

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Nur jede zweite Frau wechselt direkt aus der Erwerbstätigkeit in die Pension. Das ist das Ergebnis einer von der Arbeiterkammer bei WIFO und FORBA in Auftrag gegebenen Studie. Für AK-Präsidentin Renate Anderl ist dieser Befund "erschütternd". Anderl und die ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann betonten, dass angesichts der in zweieinhalb Jahren beginnenden Anhebung des Frauen-Pensionsalters die Alarmglocken läuten müssten.

Laut der am Dienstag präsentierten Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) und der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) sind im Jahr 2019 nur 48,1 Prozent der Frauen direkt aus der aktiven Beschäftigung in die Alterspension gewechselt. Dieser Anteil ist in den letzten zehn Jahren auch noch um gut fünf Prozentpunkte gesunken - 2010 waren es noch 53,3 Prozent. Besonders negativ fallen dabei die Branchen Tourismus und Reinigung auf, wo nur 25,1 bzw. 27,7 Prozent der Frauen direkt in die Pension gegangen sind. Auf der anderen Seite waren es in der öffentlichen Verwaltung und den Sozialversicherungen (ohne Beamte) mehr als 70 Prozent. Neben der Branche ist auch die Unternehmensgröße ein wichtiger Faktor. In Großunternehmen (mehr als 1.000 Beschäftigte) gehen zwei Drittel lückenlos in die Pension, in Kleinbetrieben (unter 10 Beschäftigten) ist es nur ein Drittel.

Das Pensionsantrittsalter von Frauen ist zwar in den letzten zehn Jahren gestiegen. Gingen 2010 rund 38 Prozent der Frauen mit 60 Jahren in Pension, lag dieser Anteil 2019 bei fast 70 Prozent. Allerdings steigt die Erwerbslücke zwischen letzter Beschäftigung und dem Zeitpunkt des Pensionsantritts - von mehr als fünf Jahre auf knapp sechs Jahre (von 63 auf 71,9 Monate).

Mehr als die Hälfte der Frauen über 45 Jahre kann sich laut einer Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex 2020 nicht vorstellen, im aktuellen Beruf bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter durchzuhalten. Noch deutlich höher ist der Anteil in Branchen, in denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind - in der Altenpflege und Behindertenbetreuung 73 Prozent, bei Reinigungskräfte 66 Prozent, in der Pflege und medizinischen Betreuung 62 Prozent.

Angesichts der von 2024 bis 2033 kommenden Erhöhung des Frauenpensionsalters von 60 auf 65 Jahre warnten Anderl und Schuman vor einer weiter steigenden Erwerbslücke und vor Altersarmut von Frauen. Niemand sei auf die Anhebung des Frauenpensionsalters vorbereitet, es komme "eine bedrohliche Situation" auf die Frauen zu, sagte die ÖGB-Vizepräsidentin. Wenn jetzt nicht gehandelt werde, "rollt eine Belastungswelle auf die Frauen zu" und die Altersarmut werde steigen. "Jetzt ist Zeit zu Handeln", richtete sie einen eindringlichen Appell sowohl an die Politik als auch an die Betriebe.

Vor allem müssten die Arbeitsbedingungen so verbessert werden, um gesund bis zum Pensionsantritt arbeiten zu können, forderten Anderl und Schumann. Es brauche altersgerechte Arbeitsplätze, wirksame Arbeitsmarktprogramme für Frauen, Vollzeitangebote für Frauen und eine Verkürzung der Arbeitszeit, weil die vorwiegend von Frauen geleistete Teilzeitarbeit sei häufig eine Arbeitszeitverkürzung auf eigene Kosten. Weiters auf der Forderungsliste steht ein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit sowie ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr des Kindes und ein Ausbau der mobilen und stationären Pflege - um Frauen von der Doppel- und Dreifachbelastung zu entlasten.

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  • Nur jede zweite Frau wechselt direkt aus der Erwerbstätigkeit in die Pension. Das ist das Ergebnis einer von der Arbeiterkammer bei WIFO und FORBA in Auftrag gegebenen Studie. Für AK-Präsidentin Renate Anderl ist dieser Befund "erschütternd". Anderl und die ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann betonten, dass angesichts der in zweieinhalb Jahren beginnenden Anhebung des Frauen-Pensionsalters die Alarmglocken läuten müssten.

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