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Niger: Paris steckt hinter Entführung von Österreicherin

02. Juni 2025 · Lesedauer 3 min

Der Chef der Militärregierung im Niger, Abdourahamane Tiani, hat die ehemalige Kolonialmacht Frankreich beschuldigt, über lokale Komplizen Entführungen von Ausländern in der Sahelzone inszeniert zu haben. Der Staatschef sagte, dass ein gewisser "Boubacrar Dabounguel" von Paris beauftragt worden sei, "drei Banditen: Momo, Ibrahim und Oumar" zu rekrutieren, berichtete das nigrische Infoportal "Aïr Info" (online). Diese hätten unter anderem die Österreicherin Eva G. entführt.

Nach Tianis Angaben waren es diese Kriminellen, die auch einen Spanier in Tamanrasset im Süden Algeriens sowie eine Schweizerin in Agadez im Norden des Niger gekidnappt hatten. General Tiani erklärte in dem Interview mit dem nationalen Fernsehen, dass diese Entführungen darauf abzielten, "Investoren abzuschrecken" und "die Europäische Union zu zwingen an der Seite Frankreichs zu bleiben, um nach Niger zurückzukehren".

Das nigrische Militär hatte den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum im Juli 2023 gestürzt und die Macht in der früheren französischen Kolonie übernommen. Seitdem liegt der Niger im erbitterten Streit mit Frankreich. Der früheren Kolonialmacht wurde massive Ausbeutung des afrikanischen Landes vorgeworfen, dessen Bevölkerung eine der ärmsten der Welt ist. Frankreich hatte bis 2020 knapp ein Fünftel des Urans aus dem Niger bezogen. Uran kann sowohl als Brennstoff für Atomkraftwerke als auch für Atomwaffen genutzt werden. Der Niger hat wie seine Nachbarn enge Beziehungen zu Russland aufgebaut. Medienberichten zufolge ist auch der Iran am Kauf von Uranreserven für sein Atomprogramm interessiert.

Unterdessen wird der EU-Sonderbeauftragte für die Sahelzone, João Cravinho, in Österreich erwartet. Er wird Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) treffen und am Dienstagabend einen Vortrag im Bruno Kreisky Forum in Wien halten. Cravinho wird dabei zum Thema "Nach der gewaltsamen Scheidung: Welcher Ansatz für die Beziehungen zwischen der EU und dem Sahel?" sprechen. Die Sicherheitslage in der Sahelzone ist nach Militärputschen in Mali, Burkina Faso und Niger und dem Abzug westlicher Truppen stark angespannt. Gegenüber der APA hatte sein Büro unlängst erklärt, den Entführungsfall Eva G. "vor Ort über unsere Delegation in Niamey zu verfolgen und mit der zuständigen österreichischen Botschaft in Kontakt zu stehen, um die entsprechenden Kontakte vor Ort herzustellen".

Die 74-jährige Eva G., die seit fast drei Jahrzehnten im Niger lebt, war am 11. Jänner aus ihrem Haus in der nigrischen Wüstenstadt Agadez entführt worden. Mehrere Quellen aus der Region vermuten, dass es sich bei den Entführern um Banditen handelte, die die Geisel an den Islamischen Staat weiterverkauft haben. Nach Information von "Aïr Info" werde die Frau vom IS in der Sahelzone (ISGS bzw. ISSP) auf malischem Staatsgebiet festgehalten. Von offizieller nigrischer Seite wurde dies nicht bestätigt. Das österreichische Außenministerium hat ein Krisenteam in die Region geschickt.

Zusammenfassung
  • Der Chef der Militärregierung im Niger beschuldigt Frankreich, Entführungen von Ausländern wie der 74-jährigen Österreicherin Eva G., die am 11. Jänner 2024 in Agadez verschleppt wurde, über lokale Komplizen inszeniert zu haben.
  • Nach Angaben von Abdourahamane Tiani sollen die Entführungen, an denen auch ein Spanier und eine Schweizerin betroffen waren, dazu dienen, Investoren abzuschrecken und die EU zur Unterstützung Frankreichs im Niger zu bewegen.
  • Das österreichische Außenministerium hat ein Krisenteam entsandt, während laut mehreren Quellen Eva G. inzwischen vom Islamischen Staat auf malischem Staatsgebiet festgehalten wird.