Wien und Niederösterreich wollen Gastpatienten-Frage lösen
Man sei zuversichtlich, dass ein Ergebnis erreicht werden könne. "Bis 2028 werden wir dafür nicht brauchen", so die beiden Gesundheitspolitiker. 2028 endet der derzeit geltende Finanzausgleich. Kasser kündigte weitere Treffen an, der nächste Termin soll laut Hacker in zwei Wochen folgen. "Wir sind die Vorbereitenden", verwies Kasser auf ein geplantes Landeshauptleute-Treffen, zu dem der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) eingeladen hatte.
Vor dem Treffen hatte Kasser, der in Niederösterreich sowohl für Finanzen als auch die Landeskliniken zuständig ist, eine Kommission vorgeschlagen, die auch den neuen Finanzausgleich (FAG) verhandeln soll. Bis dahin sei "geltendes Recht umzusetzen", hieß es da noch aus St. Pölten. Der Kommission sollen Experten aus dem Finanz- und Gesundheitsbereich angehören, wie auch die "Krone" berichtete.
Ludwig nannte das Treffen einen "ersten gemeinsamen Erfolg" und regte erneut die Schaffung einer gemeinsamen Gesundheitsregion an. Jetzt sei es wichtig, sich aufeinander zuzubewegen, hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte in einer schriftlichen Stellungnahme: "Wir müssen wieder davon wegkommen, dass nach dem Hauptwohnsitz gefragt wird, wenn man eine Behandlung braucht. In Niederösterreich fragen wir weiterhin, was den Patienten fehlt und wie wir helfen können - und nicht nach dem Meldezettel", und das "sollte wieder in ganz Österreich gelten". Was im Finanzausgleich ausverhandelt wurde, sollte eingehalten werden. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verwies auf geltende Verträge und meinte, man werde das Thema erst beim nächsten FAG lösen können.
Länder steigen bei Gastpatienten unterschiedlich aus
Auslöser der Diskussion waren die gestiegenen Kosten für Gastpatienten in Wiener Spitälern und die Ankündigung der Bundeshauptstadt, getrennte Wartelisten für diese anzulegen. Laut Ludwig haben die Kosten für Gastpatienten in Wien im vergangenen Jahr 610 Millionen Euro betragen - selbst wenn man jene Summen, die Wiener Patientinnen und Patienten in anderen Bundesländern verursachen und die erhöhte Mittelzuteilung an Wien aus der 15a-Vereinbarung berücksichtigt.
Eine ähnliche Gastpatienten-Situation gibt es demnach auch in anderen Bundesländern: Tirol und Salzburg wenden ebenfalls trotz Zusatzmittel aus der 15a-Vereinbarung und der durch eigene Landesbürger verursachte Kosten in anderen Ländern deutlich mehr für die Betreuung von Gastpatienten auf als sie bekommen. Vorarlberg und Oberösterreich kommen in etwa auf einen ausgeglichenen Saldo, alle anderen Länder profitieren aufgrund zahlreicher eigener Gastpatienten in anderen Bundesländern.
Burgenlands LH Doskozil gegen Zentralisierung
Der burgenländische Landeshauptmann Doskozil erklärte in einer Aussendung am Montag, es sei eine "Selbstverständlichkeit", dass komplexe Angebote überregional geplant und bundesländerübergreifende Zusammenarbeit vertieft werden müssen. "Dass es falsch ist, bei der Gesundheitsversorgung regionale Grenzen hochzuziehen, zeigt ja die derzeitige Gastpatienten-Diskussion." Natürlich brauche es eine Zusammenarbeit: "Aber die Instrumente dafür sind bereits vorhanden und die Spielregeln mit einer geltenden 15a-Vereinbarung klar definiert", betonte der Landeshauptmann.
Die von Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP) angestoßene Diskussion über eine Verlagerung der Gesundheits- und Spitalskompetenzen von den Ländern hin zum Bund lehnt Doskozil vehement ab. Eine Zentralisierung würde "drastische Verschlechterungen für Patienten und einen Kahlschlag in der derzeitigen Spitalslandschaft" bringen, warnte er. Wie bereits im Landtag vergangene Woche erklärte Doskozil, dass eine Verschiebung der Kompetenzen im Burgenland wohl die Schließung von drei der fünf Klinikstandorte bedeuten würde: "Dagegen müssen wir uns wehren." Spätestens beim nächsten Finanzausgleich müsse ein neuer Modus gefunden werden, wie die nötigen Finanzmittel für die Spitäler österreichweit "fair organisiert und verteilt werden können", meinte der SPÖ-Landesparteichef.
Erneute Ablehnung kam auch von Ludwig: Mit der gemeinsame Gesundheitsregion solle man lieber "auf realistisch umsetzbare Lösungen setzen sollten und nicht auf Luftschlösser, die keine rasche Verbesserung der Gesundheitsversorgung bringen können".
Auch SVS-Chef gegen Kompetenzdiskussion
Auch der Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen, Peter Lehner, spricht sich gegen eine Kompetenzdiskussion aus: "Eine neue Macht- und Zuständigkeiten-Verteilung löst keines unserer Probleme. Sie macht das System weder effizienter noch steigert sie die Qualität der Versorgung", meinte er in einer Aussendung. Geld müsse aber Leistung folgen. "Pauschalzahlungen befeuern ein intransparentes System und entwickeln sich zu Budgetlöchern. Es muss nachvollziehbar sein, wo welches Budget hinfließt und was dafür geleistet wird."
Eine Verlagerung der Kompetenzen der Gesundheitsagenden von den Ländern zum Bund bedürfe nicht nur einer politischen Einigung. In der Detailabwicklung würden auch noch andere Probleme entstehen - so etwa zu welchem Preis der Bund den Ländern ihre Spitäler abkaufen würde etc.
Zusammenfassung
- Wien und Niederösterreich haben den Startschuss für eine Lösung im Streit um Gastpatienten gegeben und wollen bis spätestens 2028 eine Einigung erzielen.
- Die Kosten für Gastpatienten in Wiener Spitälern beliefen sich im vergangenen Jahr auf 610 Millionen Euro, was laut Bürgermeister Ludwig trotz Ausgleichszahlungen zu einem Defizit führt.
- Auch Tirol und Salzburg geben für Gastpatienten mehr aus als sie erhalten, während Vorarlberg und Oberösterreich ein ausgeglichenes Ergebnis aufweisen.
- Burgenlands Landeshauptmann Doskozil und SVS-Obmann Lehner lehnen eine Zentralisierung der Gesundheitskompetenzen ab und warnen vor Nachteilen für regionale Spitäler und Intransparenz bei der Mittelverwendung.
- Eine Expertenkommission soll den neuen Finanzausgleich vorbereiten, während die Länder auf die Einhaltung bestehender Verträge und eine faire Verteilung der Spitalsfinanzierung pochen.