APA/THOMAS RIEDER

Neue Hinweise auf Islamisten-Netzwerk nach Anschlag in Wien

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Im Zuge der Ermittlungen um den Terror-Anschlag in Wien vom 2. November treten immer mehr Hinweise zutage, die darauf hindeuten, dass der Attentäter einem Länder übergreifenden Netzwerk der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) angehört haben könnte. Zentrale Rolle dürfte dabei ein deutscher Staatsbürger gespielt haben, der 2017 in Hamburg als "Foreign Terrorist Fighter" verurteilt wurde und der bis Mitte Oktober in Wien gelebt hat.

Der 22-jährige Deutsche gilt seit seiner Verurteilung als IS-Kämpfer in Salafisten-Kreisen als "große Nummer", der deutsche Verfassungsschutz stuft ihn als führendes Mitglied der radikalislamistischen Bewegung ein. Nach seiner Verurteilung verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt, ab Jänner 2020 hielt er sich in Wien auf und verkehrte in der hiesigen Islamistenszene. Er besuchte beispielsweise eine Moschee, in der auch der spätere Attentäter seine Gebete verrichtete.

Es ist davon auszugehen, dass sich die beiden allerspätestens im Sommer 2020 persönlich kennenlernten, da der 22-Jährige erwiesenermaßen Kontakt zu jenen beiden Deutschen hatte, die der Attentäter von Wien und seinen Freundes- und Bekanntenkreis Mitte Juli in der Bundeshauptstadt besuchten. Zu diesem mutmaßlich konspirativen Islamisten-Treffen reisten auch zwei Schweizer an, die der einschlägigen Szene in Winterthur zugerechnet werden. Unabhängig davon ist ein separates Treffen des Deutschen mit einem führenden Proponenten der Winterthurer Islamisten in Wien dokumentiert.

Allerdings wurde der Deutsche am 13. Oktober in der Bundeshauptstadt auf Basis eines gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots fremdenrechtlich festgenommen und in weiterer Folge nach Deutschland abgeschoben. Ab diesem Zeitpunkt pflegte der 22-Jährige über Messenger-Dienste - teilweise regen - Kontakt zu seinen Bekannten in Wien sowie jenen beiden Deutschen, die im Juli in Wien waren. Ob es dabei auch um die Vorbereitung des Terror-Anschlags ging, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Als gesichert kann jedenfalls gelten, dass der 22-Jährige als Schaltstelle für IS-Sympathisanten in verschiedenen europäischen Ländern diente.

Nach der APA vorliegenden Informationen wurde der Attentäter von Wien ausgerechnet am Tag der Abschiebung vom heimischen Verfassungsschutz als "gefährlich" hochgestuft und ein sogenannter Interventionsplan erstellt, nachdem dessen gescheiterter Munitionskauf in der Slowakei verspätet in eine Datenbank eingespeist worden war. Fest steht inzwischen auch, dass er Bezugspunkte zu einem weiteren IS-Anhänger hatte, der seit Anfang Oktober in Wien in U-Haft sitzt. Gegen den gebürtigen Türken wird wegen krimineller Organisation und terroristischer Vereinigung ermittelt - er soll 2017 eine junge Frau nach Syrien gebracht und dem IS zugeführt haben.

Im Zuge des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens war der Türke im vergangenen Sommer vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) observiert worden, sein Telefon wurde überwacht, seine Rufdaten rückerfasst. Dabei zeigte sich, dass der Mann in engem Austausch mit sechs Männern aus dem Bekanntenkreis des Attentäters stand, die mittlerweile wegen möglicher Mittäter- bzw. Mitwisserschaft am Terror-Anschlag in der Justizanstalt in Wien-Josefstadt inhaftiert sind. Sie gehörten allesamt einer Chat-Gruppe an, über die 2.671 Textnachrichten ausgetauscht wurden, die nun ausgewertet werden müssen.

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  • Ab diesem Zeitpunkt pflegte der 22-Jährige über Messenger-Dienste - teilweise regen - Kontakt zu seinen Bekannten in Wien sowie jenen beiden Deutschen, die im Juli in Wien waren.