Moskau verstärkte Umerziehung entführter Kinder aus Ukraine
Seit der letzten Erhebung im vergangenen Jahr seien 150 neue Orte entdeckt worden. Die Forscher sprechen von einem "potenziell beispiellosen System" zur Umerziehung, das Zehntausende Kinder aus der Ukraine für lange Zeit aufnehmen könne. Die tatsächliche Zahl der Standorte sei wahrscheinlich noch höher.
Der Studie zufolge findet an mindestens 39 Standorten eine militärische Ausbildung statt - mindestens 34 davon seien erst kürzlich entdeckt worden. Dort würden Kinder im Alter von acht bis 18 Jahren unter anderem im Umgang mit Waffen und in der Steuerung von Drohnen geschult. Etwa die Hälfte der Standorte werde von der russischen Regierung verwaltet. Zuvor hatten die Forscher nach eigenen Angaben 314 ukrainische Kinder auf Websites der russischen Regierung aufgespürt, wo sie zur Adoption durch russische Familien angeboten wurden.
Die Ukraine wirft dem Kreml vor, mehr als 19.500 Kinder illegal nach Russland und Belarus entführt oder zwangsumgesiedelt zu haben. Damit verstoße Russland gegen die Genfer Konventionen. Die Yale-Forscher schätzten die Zahl bereits im Juni auf fast 35.000. Russland bestreitet, Kinder gegen deren Willen zu verschleppen und spricht von freiwilligen Evakuierungen aus dem Kriegsgebiet. Die Regierung in Moskau äußerte sich zunächst nicht zu dem neuen Bericht.
Die Erkenntnisse der Forscher untermauern die 2023 vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erlassenen Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und seine Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa. Darin wird ihnen die unrechtmäßige Verschleppung von Kindern vorgeworfen - ein Kriegsverbrechen. "Die gute Nachricht ist, dass wir jetzt das ganze Ausmaß kennen, mit dem wir es zu tun haben", sagte HRL-Leiter Nathaniel Raymond der Nachrichtenagentur Reuters. "Die schlechte Nachricht ist, dass die Lösung des Problems, die Heimkehr dieser Kinder, von absoluter globaler Einigkeit abhängt." Mehr als 1600 verschleppte Kinder sind nach ukrainischen Angaben inzwischen zurückgekehrt.
Die Forscher des Yale Humanitarian Research Lab (HRL) werteten für ihre Erhebung öffentlich zugängliche Informationen und Satellitenbilder aus. Die Untersuchung wurde von den USA finanziert, US-Präsident Donald Trump hat das Programm der Yale Universität inzwischen aber gestrichen.
Zusammenfassung
- Russland hat laut einer US-Studie über 210 Standorte für die Umerziehung und militärische Ausbildung verschleppter ukrainischer Kinder eingerichtet, seit der letzten Erhebung wurden 150 neue entdeckt.
- An mindestens 39 dieser Standorte, von denen 34 erst kürzlich identifiziert wurden, werden Kinder im Alter von acht bis 18 Jahren im Umgang mit Waffen und Drohnen geschult und teilweise zur Drohnenproduktion gezwungen.
- Die Ukraine wirft Russland die illegale Verschleppung von mehr als 19.500 Kindern vor, während die Yale-Forscher die Zahl auf fast 35.000 schätzen; über 1.600 Kinder sind laut ukrainischen Angaben bisher zurückgekehrt.