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Mikl-Leitner sorgt sich um Vertrauensverlust in die Politik

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Für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner steht die Bewältigung der Teuerungskrise aktuell ganz oben auf der Agenda. "Wir werden die Entwicklung in den nächsten Wochen und Monaten im Blick haben und sehen, ob es weitere Unterstützungen braucht", sagte die ÖVP-Politikerin im APA-Interview. "Große Sorgen" macht Mikl-Leitner der Vertrauensverlust in die Politik - im Gegensatz zu Umfragen, wonach der Volkspartei bei der Landtagswahl 2023 große Verluste drohen.

"Umfragen machen mir keine Sorgen, aber der generelle Vertrauensverlust in die Politik bereitet mir schon große Sorgen", sagte die Landeshauptfrau. "Vertrauen kann man nur durch harte, konsequente Arbeit zurückgewinnen, wenn man das Miteinander in den Mittelpunkt stellt, wenn man vor allem auch auf Augenhöhe und mit Respekt zusammenarbeitet." Sie erwarte Kooperation nicht nur in der Bundesregierung, sondern auch zwischen Bundesregierung und Opposition, damit Österreich gut durch die Krise komme.

"Wenn es einen Vorwurf oder Anschuldigungen gibt, braucht es rasche Aufklärung", hielt Mikl-Leitner rund um Ermittlungen im ÖVP-Umfeld fest. "Ein ganz klares Ja, wenn es um Aufklärung geht, aber ein ganz klares Nein, wenn nur mehr Skandalisierung und anonyme Anzeigen die Politik beherrschen." Denn das führe zu einer Schädigung der Demokratie und zu einem Vertrauensverlust. Zur laufenden Sonderprüfung landesnaher und landeseigener Gesellschaften durch den Landesrechnungshof - SPÖ, FPÖ, NEOS und Grüne vermuten illegale Parteienfinanzierung durch die ÖVP - sagte Mikl-Leitner: "Ich gehe davon aus, dass alles in Ordnung ist." In diesem Zusammenhang verwies sie auf eine "positive Attestierung" des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats. Dieser hatte keinen Anlass für ein Tätigwerden im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens gesehen.

Eine Obmann- bzw. Kanzlerdebatte um Karl Nehammer wolle offensichtlich nur die Opposition führen, meinte Mikl-Leitner. "Karl Nehammer ist nicht nur Bundeskanzler, sondern auch ÖVP-Bundesparteiobmann - und das wird auch so bleiben", stellte sie klar. Gerade in einer so schwierigen Zeit stehe er "vor großen Herausforderungen". Die türkis-grüne Bundesregierung habe im Kampf gegen die hohe Inflation "sehr viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich denke, dass sie unter ihrem Wert geschlagen wird."

Der Termin für die Landtagswahl wird laut Mikl-Leitner Mitte November in der Landesregierung fixiert - das Zeitfenster für den Urnengang sei Ende Jänner bis Mitte März 2023. Eine "NÖN"-Umfrage des Institut für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) sah die Volkspartei nach 49,6 Prozent und dem Halten der absoluten Mandatsmehrheit im Landtag im Jahr 2018 nun bei 41 Prozent, eine Lazarsfeld-Online-Umfrage nur bei 32 Prozent. "Wer sich ständig mit kurzfristigen Umfragen beschäftigt, verliert den Blick auf die langfristige Arbeit fürs Land. Meine volle Kraft gilt Niederösterreich - dass wir gut durch die Krise kommen", betonte die ÖVP-Landesparteichefin. Über Ziele und darüber, ob es bei eventuellen hohen Verlusten für die Volkspartei personelle Konsequenzen geben könnte, hielt sich Mikl-Leitner bedeckt. 2022 bleibe ein Arbeitsjahr, "weil die Krise unsere volle Aufmerksamkeit und Arbeitskraft braucht".

Zum Kampf gegen die Teuerung erklärte die Landeshauptfrau: "Beim niederösterreichischen Strompreisrabatt war es uns wichtig, dass wir damit auch wirklich jedem Haushalt helfen können." Parallel mit der Strompreisbremse des Bundes führe dies zu einer Entlastung der Haushalte und Familien, "und die werden dieses Geld auch brauchen. Wenn jetzt so manch Gutsituierte meinen, es käme hier zu einer Überförderung, kann man denen nur entgegen: Das Leben war noch nie so teuer wie jetzt." Mit den im Sommer beschlossenen Maßnahmen wolle das Land dort helfen, wo die Teuerung am meisten spürbar sei: Beim Pendeln, Heizen, Schulstart, Wohnen und Strom. Außerdem kündigte sie an: "Die Landesgebühren werden nicht erhöht." Rasche Unterstützung durch den Bund sei vor allem auch noch für die Wirtschaft nötig, die die Preissteigerungen bei Strom und Gas massiv zu spüren bekomme, sonst drohe eine Welle an Betriebsschließungen.

Eine in dieser Woche präsentierte Kinderbetreuungsoffensive soll bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Zur Forderung von anderen Parteien nach einem Rechtsanspruch meinte Mikl-Leitner: "Wir setzen nicht auf Anspruch, sondern auf Angebot." Die Betreuung am Nachmittag soll "leistbar", aber nicht kostenlos werden: "Wir setzen auf ein Konzept, das für die Gemeinden langfristig stemmbar ist." Für Härtefälle gebe es aber eine Abfederung. Beim stufenweisen Ausbau bis 2027 sei sehr viel Personal nötig. Es gelte, den Fokus auf Akquirierung von Beschäftigten und Ausbildung zu legen.

Das für 2021 geplante Nulldefizit des Landes hat sich u.a. durch Corona-Hilfen und Maßnahmen zum Teuerungsausgleich nach hinten verschoben, für Kinderbetreuung wurden beispielsweise am Mittwoch 750 Millionen Euro zusätzlich angekündigt. Wann ein ausgeglichener Haushalt erreicht werde, könne sie angesichts des Ukraine-Kriegs derzeit nicht abschätzen, sagte die Landeshauptfrau.

Mit Blick auf die Bundespräsidentschafts-Wahl am 9. Oktober drückte Mikl-Leitner "große Wertschätzung" gegenüber Alexander Van der Bellen aus, wie er sein Amt in den vergangenen Jahren ausgeführt habe: "Aber ich denke, es braucht keine Wahlempfehlung von mir. Die Menschen sind mündig genug."

ribbon Zusammenfassung
  • Für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner steht die Bewältigung der Teuerungskrise aktuell ganz oben auf der Agenda.
  • "Große Sorgen" macht Mikl-Leitner der Vertrauensverlust in die Politik - im Gegensatz zu Umfragen, wonach der Volkspartei bei der Landtagswahl 2023 große Verluste drohen.
  • Denn das führe zu einer Schädigung der Demokratie und zu einem Vertrauensverlust.

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