Migrationsforscher Knaus zum Grenzschutz: "Flüchtlinge sind keine Invasionsarmee"

0

An Österreichs Grenze zu Ungarn werden 400 zusätzliche Soldaten postiert, 13 Einsatzkräfte der österreichischen Spezialeinheit Cobra und ein gepanzertes Fahrzeug sollen Litauen ab Anfang August bei der Sicherung seiner Grenze unterstützen. Eine Lösung sei das nicht, sagt Migrationsforscher Gerald Knaus.

Die Europäische Union beschuldigt Weißrussland, "illegale Migration" anzustiften oder zu dulden. Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte, dass es Hinweise gebe, dass aus dem Irak Flüge nach Weißrussland organisiert würden. Die Migranten würden von staatlichen Organisationen in Weißrussland betreut und an die Grenze gebracht werden. 

Auch aus der EU hieß es, dass man nicht akzeptieren könne, dass Drittstaaten versuchten, "illegale Migration" anzustiften oder zu dulden. Belarus Machthaber Alexander Lukaschenko hatte damit gedroht, als Reaktion auf die gegen sein Land verhängten EU-Sanktionen Menschen aus Kriegsgebieten passieren zu lassen. Besonders stark davon betroffen ist Litauen, das eine fast 680 Kilometer lange Grenze zu Belarus (Weißrussland) hat. 

"Völlig falsches Signal"

Die EU schickte bereits 35 Beamte der EU-Grenzschutzbehörde Frontex nach Litauen und vier weitere nach Lettland. 36 weitere sollten in Kürze folgen. Für Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist das zu wenig. Er gab am Donnerstag bekannt, ebenfalls Cobra-Beamte und ein Panzerfahrzeug nach Litauen zu schicken und kritisierte die EU-Kommission: "Die EU-Kommission ist bisher nur bereit, Geld zu bezahlen für Aufnahmezentren, das ist das völlig falsche Signal". Man solle lieber auf Grenzschutz setzen, so Nehammer, der erst am Samstag verkündete, 400 zusätzliche Soldaten an der Grenze zu Ungarn aufzustellen.

Migrationsforscher und Architekt des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei Gerald Knaus sieht hingegen in Nehammers Vorgehen "eine Inszenierung, nicht die Lösung von Problemen". Die Zahl der nicht aus Belarus stammenden Menschen, die nach Litauen kamen, sei gering. Außerdem sei es für Menschen aus Belarus, die vor dem Regime flüchten wichtig, unbemerkt flüchten zu können. 

"Martialisches Auftreten"

"Mir ist nicht ganz klar, warum hier so martialisch aufgetreten wird", sagt Knaus. Flüchtlinge seien "keine Invasionsarmee". Soldaten können an der Grenze nichts machen, sagt der Migrationsforscher. Denn sie dürften die Menschen an der Grenze nicht zurückschicken. 

Das gelte auch für die Situation an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn: Soldaten an innereuropäische Grenzen zu stellen, "wo mir nicht ganz klar ist, was die dort tun sollen - das ist keine Strategie". Denn nach Europa würden kaum mehr irreguläre Migranten kommen. Es seien Menschen, die schon jahrelang in der EU seien. Griechenland könne nicht zurückführen und versorge die Migranten nicht, dann würden sie sich eben durchschlagen. 

"Wir brauchen eine Strategie mit Griechenland", sagt Knaus. Man müsse von dort Flüchtlinge aufnehmen und Griechenland müsse Leute "zurückschicken". Falsch sei hingegen der "Wettbewerb nach unten", bei dem Flüchtlinge immer schlechter behandelt werden würden.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Europäische Union beschuldigt Weißrussland, "illegale Migration" anzustiften oder zu dulden.
  • Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte, dass es Hinweise gebe, dass aus dem Irak Flüge nach Weißrussland organisiert würden.
  • Die EU schickte bereits 35 Beamte der EU-Grenzschutzbehörde Frontex nach Litauen und vier weitere nach Lettland. 36 weitere sollten in Kürze folgen.
  • Für Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist das zu wenig. Er gab am Donnerstag bekannt, ebenfalls Cobra-Beamte und ein Panzerfahrzeug nach Litauen zu schicken und kritisierte die EU-Kommission.
  • Migrationsforscher und Architekt des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei, Gerald Knaus, sieht hingegen in Nehammers Vorgehen "eine Inszenierung, nicht die Lösung von Problemen".
  • "Mir ist nicht ganz klar, warum hier so martialisch aufgetreten wird", sagt Knaus. Flüchtlinge seien "keine Invasionsarmee".

Mehr aus Politik