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Lange Haftstrafen gegen Oppositionelle in Tunesien

08. Juli 2025 · Lesedauer 2 min

In Tunesien hat ein Gericht Oppositionsführer Rached Ghannouchi und andere Politiker zu Haftstrafen zwischen zwölf und 35 Jahren verurteilt. Die Urteile unterstreichen nach Ansicht von Kritikern den Zugriff von Präsident Kais Saied auf die Justiz zur Festigung seiner autoritären Herrschaft. Der 84-jährige Ghannouchi, langjähriger Vorsitzender der Partei Ennahda, wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Ghannouchi war Sprecher des von Saied aufgelösten Parlaments und ist seit 2023 in Haft. Zu den Personen, die in einem Massenprozess wegen Verschwörung gegen den Staat ebenfalls verurteilt wurden, gehört auch Nadia Akacha. Die ehemalige Stabschefin von Präsident Saied erhielt in Abwesenheit 35 Jahre Haft. Akacha ist ins Ausland geflohen.

Insgesamt waren 21 Personen angeklagt, von denen sich zehn bereits in Haft befanden. Die übrigen elf sind aus Tunesien geflohen. Darunter sind der ehemalige Geheimdienstchef Kamel Guizani, der ehemalige Außenminister Rafik Abdessalem und der Sohn von Rached Ghannouchi, Mouadh Ghannouchi. Alle drei wurden zu je 35 Jahren Haft verurteilt.

Saied hatte 2021 das Parlament aufgelöst und damit begonnen, per Dekret zu regieren. Dann löste er den unabhängigen Obersten Justizrat auf und entließ Dutzende Richter - ein Schritt, den die Opposition als Staatsstreich bezeichnete. Viele Oppositionelle, Journalisten und Kritiker von Saied wurden seitdem inhaftiert. Allein in diesem Jahr verhängte ein Gericht Haftstrafen zwischen fünf und 66 Jahren gegen Politiker, Geschäftsleute und Anwälte, denen ebenfalls Verschwörung vorgeworfen wurde. Nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen benutzt Saied Justiz und Polizei gegen politische Gegner.

Tunesien und die Europäische Union haben 2023 einen Pakt zur Eindämmung von Einwanderung in die EU vereinbart. In der Zeit davor hatten viele Menschen zumeist aus Afrika versucht, ohne Papiere mit Booten von Tunesien aus nach Europa zu gelangen. Der Vereinbarung vorausgegangen war die Zusage Europas, Tunesien mit einer Milliarde Euro zu unterstützen. Das Geld sollte die angeschlagene Wirtschaft und das Budget Tunesiens stützen.

Zusammenfassung
  • Ein tunesisches Gericht hat Oppositionsführer Rached Ghannouchi und 20 weitere Politiker in einem Massenprozess zu Haftstrafen zwischen 12 und 35 Jahren verurteilt.
  • Ghannouchi, der 84-jährige Ex-Parlamentspräsident, erhielt 14 Jahre Haft, während Nadia Akacha, ehemalige Stabschefin von Präsident Saied, in Abwesenheit zu 35 Jahren verurteilt wurde.
  • Kritiker und Menschenrechtsgruppen werfen Präsident Kais Saied vor, Justiz und Polizei zur Festigung seiner Herrschaft und zur Verfolgung von Oppositionellen einzusetzen.