Kindeswohlkommission: Kogler hat ÖVP informiert - für Wöginger "okay"

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Vizekanzler Werner Kogler schließt aus, dass die türkis-grüne Koalition im Konflikt um die Abschiebungen scheitern wird. Die neue Kindeswohlkommission soll aufzeigen, was im aktuellen Asylrecht möglich ist. ÖVP Klubobmann August Wöginger hat mit der Kommission kein Problem.

Kindeswohlkommission soll Spielräume ausloten

"Es gibt einen Konflikt, das ist offenkundig", sagte Kogler angesichts der türkis-grünen Auseinandersetzungen der vergangenen Tage gegenüber der "APA". Im PULS 24 Interview sagt der Vizekanzler weiter darauf ein. Er setzt eine Kindeswohlkommission ein, um "im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung zu evaluieren - und genau dazu ist eine Kindeswohlkommission eingesetzt worden - wo wir hier was weiterbringen können." Es sei Zeit, "einmal mit dem Unfug aufzuhören, dass es im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung einen rechtlichen Zwang gebe, gut integrierte Schülerinnen und Schüler abzuschieben. Es gibt diesen Zwang nicht, es gibt vielmehr eine Verpflichtung. Es gibt umgekehrt die Verpflichtung zu Menschlichkeit und zum Schutz des Kindeswohls und das ist der Spielraum, der hier ausgelotet wird, und deshalb gehen wir diesen Weg."

"Habe ÖVP darüber informiert"

Auf die Frage, ob sein Schritt mit dem Koalitionspartner akkordiert sei, antwortete Kogler, er habe die ÖVP darüber informiert. "Ich habe diesen Schritt gesetzt, weil ich auch nicht länger warten wollte." ÖVP-Klubobmann August Wöginger sagte im "Ö1 -Morgenjournal" am Freitag, dass es "in Ordnung sei" und "okay", dass es die Kommission gibt. "Die Basis für uns als Volkspartei ist aber weiterhin das Regierungsprogramm". Auf die Frage, ob die Kommission Unterstützung durch Ministerien der ÖVP zählen könne, wich der ÖVP Klubobmann aus.

Griss: Kommission wird Urteile prüfen

Die Kommission wird unter dem Vorsitz der früheren OGH-Präsidentin Irmgard Griss ihre Arbeit aufnehmen und mit die Behauptung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) widerlegen, er habe bei den jüngsten Abschiebungen nicht anders handeln können. Kogler bat Griss sehr kurzfristig darum, diesen Posten zu übernehmen. "Ich glaube, die Frau Doktor Griss ist hier eine hervorragende Mitstreiterin, und insofern bin ich sehr froh, dass das jetzt einmal gelungen ist." 

Irmgard Griss sagte im "Ö1 – Morgenjournal" vom Freitag, dass die Kommission vorrangig bereits vorhandene Urteile heranziehen werde. "Daraus wird man dann seine Schlüsse ziehen. Was dann davon umgesetzt wird, ist eine andere Frage", ergänzte Griss.

Christliche Werte? "Wenn es die türkise ÖVP nicht mehr macht, dann wir umso lieber"

Wenn die ÖVP nicht bereit sei, ihrer christlich-sozialen Grundhaltung Rechnung zu tragen, müssen diese Aufgabe die Grünen übernehmen: "Wer vertritt in dem Regierungslager jetzt überhaupt die christlichen Werte? Ja, wenn es die türkise ÖVP nicht mehr macht, dann machen's wir umso lieber. Das ist in unserer politischen Genetik eingraviert, und wir werden da nicht locker lassen."

"Verantwortung, nicht ohne Weiteres Neuwahlen in Kauf zu nehmen"

Die Drohung des grünen Abgeordneten Michel Reimon, die er in der PULS 24 Sendung "Pro und Contra" in Richtung ÖVP ausgesprochen hat, betrifft aus Koglers Sicht eher "kommunikationstechnische Fragen". Am Mittwochabend sagte Reimon in der Talk-Sendung, dass die Koalition so nicht weitergehen könne, gleichzeitig wolle man Bundeskanzler Kurz nicht den Gefallen tun, die Koalition zu sprengen. Hier stimmt Kogler dem Parteikollegen zu. "Es geht ja in diesen schwierigen Zeiten um die Verantwortung, nicht ohne weiteres Neuwahlen in Kauf zu nehmen."

Zurufe der SPÖ, die den Grünen vorwerfen, ihre Ideale zu verraten, will Kogler nicht gelten lassen. Er findet das "aufreizend negativ, wenn ausgerechnet die Sozialdemokratie hier wieder Zurufe veranstaltet, wo es doch die Sozialdemokratie war, die mit der ÖVP in den ganzen Jahren die Rechte eben auch für Kinder eingeschränkt hat."

Politologen sehen Grüne auf verlorenem Posten

Über die Haltung der Grünen zur Asylfrage sagte Politologe Peter Filzmaier gegenüber der "APA", dass die Grünen sich von Beginn dieser Regierung an "auf das Prinzip Hoffnung verlassen, die Hoffnung, dass das Thema nicht hochkocht. Das war für fünf Jahre übertrieben optimistisch". Weitere Konflikte zu diesem Thema bringen den Grünen nichts, ist Filzmaier überzeugt. Denn diese würden der ÖVP nutzen. Politikberater Thomas Hofer sagt im Gespräch mit der "APA", dass die Grünen auf andere Spielfelder setzten müssten, denn “auf diesem Spielfeld gibt es nichts zu gewinnen."  Dennoch seien ÖVP und Grüne zum Weitermachen verdammt, sagt auch Politologin Katharina Stainer-Hämmerle. "Wenn es zu Neuwahlen käme, was enormen Unmut auslösen würde, könnten sich die Grünen nicht verbessern. Die ÖVP hat Alternativen, die Grünen nicht", so die Politologin.

ribbon Zusammenfassung
  • Vizekanzler Werner Kogler schließt aus, dass die türkis-grüne Koalition im Konflikt um die Abschiebungen scheitern wird. Die neue Kindeswohlkommission soll aufzeigen, was im aktuellen Asylrecht möglich ist.
  • "Es gibt einen Konflikt, das ist offenkundig", sagte Kogler angesichts der türkis-grünen Auseinandersetzungen der vergangenen Tage gegenüber der "APA". Im PULS 24 Newsroom LIVE am Donnerstag um 21 Uhr ging der Vizekanzler weiter darauf ein.
  • Er setzt eine Kindeswohlkommission ein, um "im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung mal zu evaluieren - und genau dazu ist eine Kindeswohlkommission eingesetzt worden - wo wir hier was weiterbringen können.
  • Es sei Zeit, "einmal mit dem Unfug aufzuhören, dass es im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung einen rechtlichen Zwang gebe, gut integrierte Schülerinnen und Schüler abzuschieben. Es gibt diesen Zwang nicht, es gibt vielmehr eine Verpflichtung.
  • Es gibt umgekehrt, die Verpflichtung zu Menschlichkeit und zum Schutz des Kindeswohls und das ist der Spielraum, der hier ausgelotet wird, und deshalb gehen wir diesen Weg."
  • Auf die Frage, ob sein Schritt mit dem Koalitionspartner akkordiert sei, antwortete Kogler, er habe die ÖVP darüber informiert. "Ich habe diesen Schritt gesetzt, weil ich auch nicht länger warten wollte." 

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