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Katholische Kirche kritisiert Mängel bei Sterbeverfügung

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Die katholische Bischofskonferenz würdigt zwar die Bemühungen der Regierung, das durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehobene Verbot des assistierten Suizids durch ein Sterbeverfügungsgesetz gesetzlich abzufedern, kritisiert aber Mängel im Entwurf, "die nicht akzeptabel sind". Zudem erneuerten die Bischöfe in einer Stellungnahme nach ihrer Herbstvollversammlung ihre Forderung, das weiter bestehende Verbot der aktiven Sterbehilfe verfassungsrechtlich abzusichern.

Laut Bischofskonferenz wurde verabsäumt, die Bedenkfrist von zwölf Wochen und die Errichtung einer Sterbeverfügung zwingend vorzuschreiben, heißt es in einer Stellungnahme der Bischöfe im Begutachtungsverfahren, das am Freitag endet. Diese Voraussetzung für die Straffreiheit abe man im Gesetzesentwurf bei der Begutachtung nicht explizit gefunden, betonte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka. Damit missachte der Gesetzesentwurf auch die Vorgaben des VfGH, befinden die Vertreter der römisch-katholischen Kirche.

Eine klare Absage erteilte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, am Freitag in einer Pressekonferenz der Möglichkeit, assistierten Suizid etwa in kirchlichen Spitälern vorzunehmen. Die Kirche werde das in ihren Häusern nicht zulassen und dulden. Sollten sich Mediziner oder Medizinerinnen darüber hinwegsetzen, könnte es durchaus Konsequenzen geben. Zuerst wolle man aber das Gespräch suchen.

In der Stellungnahme der Bischöfe werden auch noch weitere Punkte benannt, die einer drohenden "lebensfeindlichen Dynamik Einhalt gebieten sollen". Insbesondere setzen sie sich für ein verfassungsrechtlich verankertes Verbots der "Tötung auf Verlangen", also der aktiven Sterbehilfe ein. Aus Sicht des Episkopats ist die Legalisierung der Suizidbeihilfe "Teil eines schleichenden Kulturbruchs, der sich der Illusion einer totalen 'Machbarkeit' des Lebens verschrieben hat".

Ausdrücklich begrüßt wird von der römisch-katholischen Kirche hingegen der von der Regierung geplante Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. "Auf sie muss es einen Rechtsanspruch geben und die dafür nötige Finanzierung ist zeitnah sicherzustellen", zitierte Erzbischof Franz Lackner aus der gemeinsam erarbeiteten Stellungnahme des Episkopats.

Auch für die evangelische Kirche darf assistierter Suizid nun nicht zum "gesellschaftlichen Normalfall" werden. Dieser sei auf "dramatische Ausnahmefälle" zu beschränken, in denen Barmherzigkeit gefragt ist, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der evangelischen Kirche A.B. und H.B. zum neuen Gesetz. Gleichzeitig begrüßten die Protestanten den geplanten Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung, kritisierten aber etwa das Fehlen eines Rechtsanspruches darauf.

"Die Evangelische Kirche plädiert für klare Schutzregelungen. Ist die freie Willensbildung sichergestellt, dürfen die rechtlichen Vorgaben nicht so gestaltet sein, dass die Inanspruchnahme des assistierten Suizids de facto unmöglich ist", heißt es wörtlich in der Stellungnahme. Positiv gewürdigt wird insbesondere das zweistufige Verfahren für die Errichtung einer Sterbeverfügung.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) lehnt - zumindest für Muslime - "jegliche Art der Sterbehilfe aus theologischen Gründen ab", wie sie in ihrer Begutachtungsstellungnahme schreibt. Dennoch kritisiert sie rein juristisch, dass der Gesetzesentwurf den Zugang zur Sterbehilfe "auf Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft bzw. dauerndem Aufenthalt in Österreich" beschränkt.

Bedenken gegen Aspekte des Gesetzes gibt es aber auch abseits der Religionsgemeinschaften. So sorgt sich die Apothekerkammer in ihrer Stellungnahme um die korrekte und sichere Anwendung des letalen Präparats und fragt sich, was mit jenen Dosen geschieht, die nicht verwendet werden, sondern in Privathaushalten oder stationären Einrichtungen verbleiben. Zudem werde Personen, die sich das Präparat nicht selbst verabreichen können, die Möglichkeit des assistierten Suizids verwehrt.

Die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) setzt sich wiederum dafür ein, "dass psychisch kranke Personen, deren Entscheidungsfähigkeit vorübergehend beeinträchtigt ist, vor einer vorschnellen Umsetzung ihrer möglicherweise unkonkreten Sterbewünsche besser geschützt werden sollen". Auch der ÖVP-Seniorenbund ist der Meinung, dass bei der Entscheidung "ein Psychiater oder Psychologe verpflichtend beigezogen werden sollte".

Auf die Einrichtung umfassender Beratungsangebote pocht die Behindertenanwaltschaft in ihrer Stellungnahme. Damit müsse sichergestellt werden, dass der Sterbewunsch tatsächlich auf einen freien und selbstbestimmten Willensentschluss zurückzuführen ist. Zudem regt die Behindertenanwaltschaft an, ausdrücklich klarzustellen, dass ein als Behinderung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention einzustufender Zustand alleine - "und sei er auch noch so gravierend" - nicht ausreicht, um einen assistierten Suizid zu rechtfertigen.

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  • Zudem werde Personen, die sich das Präparat nicht selbst verabreichen können, die Möglichkeit des assistierten Suizids verwehrt.

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