Göth-Flemmich pocht auf unabhängige Ermittlungstätigkeit

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Höchstmögliche Qualität, Objektivität und Unabhängigkeit müssen sichergestellt sein, sollte das Weisungsrecht vom Justizministerium an einen Bundesstaatsanwalt übertragen werden, betont die für Einzelstrafsachen zuständige Sektionschefin Barbara Göth-Flemmich im APA-Interview. Es dürfe keine Möglichkeit für politische Einflussnahme geben. Da sei sie sich mit den Richtern und Staatsanwälten einig.

Göth-Flemmich wurde vor einem Jahr Leiterin der für die Prüfung staatsanwaltschaftlicher Vorhabensberichte zuständigen Sektion "Einzelstrafsachen" - als Justizministerin Alma Zadic (Grüne) die Strafrechtssektion nach anhaltender Kritik an Sektionschef Christian Pilnacek teilte. Er war vorübergehend noch für die (jetzt von Christian Manquet interimistisch geleitete) Straflegistik zuständig, ist aber vom Dienst suspendiert, seit wegen möglicher Dienstrechtsverletzungen im Ibiza- und Casinos-Verfahrenskomplex strafrechtlich gegen ihn ermittelt wird.

"Ereignisreich" nennt Göth-Flemmich trocken ihr erstes Jahr als Sektionschefin - das rund um den Ibiza-U-Ausschuss und Ermittlungen gegen frühere und aktuelle ÖVP-Regierungsmitglieder von viel Kritik an der Arbeit der Staatsanwälte und dem öffentlich ausgetragenen Konflikt zwischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft geprägt war. Mehr kommentieren will die jetzt für Einzelstrafsachen zuständige Sektionschefin das nicht. Was WKStA und OStA betrifft, merkte sie nur an, dass sie mit beiden ein gutes Einvernehmen habe und in permanentem Austausch sei.

Und sie stellt sich - wie auch Ministerin Zadic dies gleich nach ihrer Rückkehr aus der Babypause öffentlich tat - hinter die Staatsanwälte. Sie seien "für den Rechtsstaat entscheidend". Wolle man das System ändern, dann müsse sichergestellt sein, dass es keinen politischen Einfluss geben kann. "Ganz wichtig" ist für Göth-Flemmich, dass die einheitliche Ausbildung von Richtern und Staatsanwälten erhalten bleibt. Denn im Zuge dieser Ausbildung werde vermittelt, "wie wichtig ein unparteiliches, unabhängiges und unvoreingenommenes Herangehen an Fälle ist".

Die Umstellung auf einen Bundesstaatsanwalt steht Göth-Flemmich grundsätzlich offen gegenüber. Sie verwies aber darauf, dass die Diskussion seit langem geführt wird - und schon sehr viel geschehen sei, um selbst den Anschein politischer Einflussnahme auf Ermittlungen zu vermeiden. "Weisungen sind heute völlig transparent, es gibt gesetzliche Vorgaben wann sie erteilt werden dürfen, das Parlament wird über sämtliche Weisungen informiert, der Weisungsrat wurde eingerichtet", zählte sie auf - und stellte auch fest: "Die jetzige Diskussion wurde auch nicht durch eine Weisung ausgelöst."

Ausgelöst wurde sie, als die ÖVP - kurz nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel - überraschend ihre Meinung änderte und für den früher strikt abgelehnten Bundesstaatsanwalt eintrat. Dies wurde seitens der Standesvertretung der Richter und Staatsanwälte grundsätzlich begrüßt, aber eine laufende parlamentarische Kontrolle von Ermittlungen kommt aus ihrer Sicht nicht in Frage.

Im Justizministerium wurde eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie wird Mitte Oktober, nach ihrer vierten Sitzung, einen Zwischenbericht vorlegen, kündigte Göth-Flemmich an. Für die Diskussionen in der breit aufgestellten Arbeitsgruppe fand sie viel Lob: Es werde "sehr sachlich" geredet, in einem "sehr offenen Prozess".

Die "Unterstützung für die Staatsanwälte" streicht Göth-Flemmich auch hervor, wenn es um ein zweites großes Projekt ihrer Sektion geht - die Evaluierung von Großverfahren. Diese ist, mit dem Ziel der effizienten Erledigung und eines effektiven Ressourceneinsatzes, im türkis-grünen Regierungsprogramm enthalten.

Sie habe die Evaluierung - gemeinsam mit dem an der Uni Wien etablierten Austrian Center for Law Enforcement Studies (ALES) - auch gleich eingeleitet, berichtet Göth-Flemmich. Denn die im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Großverfahren so effizient und rasch wie möglich durchzuführen sei sehr wichtig, auch um das Vertrauen in die Justiz zu stärken. Gestartet wurde mit einer aktuell laufenden Bestandsaufnahme unter allen Staatsanwälten, die solche Verfahren abgewickelt haben. Mittels Online-Fragebögen will Göth-Flemmich "schauen, was gut läuft, was nicht - und wie wir die Staatsanwälte bestmöglich unterstützen können, mit Ressourcen, Teamarbeit, mehr Expertise, im Verhältnis zu Oberbehörden etc."

Im nächsten Schritt sollen bundesweit sechs bis acht Großverfahren unter wissenschaftlichen Vorgaben von einem staatsanwaltlichen Prüfteam evaluiert werden. Über die Erkenntnisse wird mit allen involvierten Berufsgruppen - auch Gerichte, Polizei, Finanzbehörden, Rechtsanwälte - diskutiert. Am Schluss sollen die für die möglichst zielgerichtete Abwicklung nötigen Ressourcen definiert und Leitlinien ausgearbeitet werde.

ribbon Zusammenfassung
  • Da sei sie sich mit den Richtern und Staatsanwälten einig.
  • Die Umstellung auf einen Bundesstaatsanwalt steht Göth-Flemmich grundsätzlich offen gegenüber.

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