landesgericht wels

Wels

Hitlergruß bei Magistratsfeiern? Verfahren eingestellt

15. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

In der Causa um Fotos von Welser Magistratsfeiern, auf denen Mitarbeiter mit vermeintlich rechtsextremen bzw. NS-Gesten zu sehen waren, hat die Staatsanwaltschaft nun alle Ermittlungsverfahren eingestellt. Das Mauthausen Komitee kritisiert das Vorgehen.

Es geht um mehrere Vorfälle bei einem Sommerfest und bei einer Weihnachtsfeier, insgesamt wurde gegen sechs Personen ermittelt. In einem Fall wurde einem Mann ein "Hitlerbart" angeklebt und der Seitenscheitel akkurater gezogen.

Damit sei zwar eine Ähnlichkeit mit Adolf Hitler hergestellt worden, "die Umstände, insbesondere die ersichtliche Alkoholisierung des Beschuldigten und der schräg aufgeklebte Bart, sprechen aber dafür, dass dies der Belustigung der Beteiligten und nicht der Glorifizierung von Adolf Hitler diente", der Beschuldigte sei damit "ersichtlich der Lächerlichkeit preisgegeben" worden, begründet die Staatsanwaltschaft Wels die Einstellung des Verfahrens.

Auf einem weiteren Bild ist der Mann mit drei ausgestreckten Fingern, einem mutmaßlichen "Kühnen-Gruß" zu sehen. Auch dieser wurde aber nicht als NS-Verherrlichung gewertet, sondern sei eher eine Anspielung auf den ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dessen "hanebüchene" Rechtfertigung, er habe drei Bier bestellt, befand die Staatsanwaltschaft.

Das Verfahren gegen den Zweitbeschuldigten, der seinem Kollegen den Bart aufgeklebt und zudem eine weitere rechtsextreme Geste gezeigt haben soll, wurde ebenfalls eingestellt.

Auf einem Foto ist zu sehen, wie dieser Magistratsmitarbeiter Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis zusammenführt - was in der Tauchersprache "OK" bedeutet, in rechtsextremen Kreisen allerdings als "White Power"-Code verwendet wird.

Entlastung durch Live-Foto-Funktion von Handy

Entlastend hat sich vor allem die Live-Foto-Funktion eines Handys, mit dem Aufnahmen gemacht wurden, ausgewirkt: Dabei nimmt die Kamera ein kurzes Video von zwei Sekunden vor und nach dem Auslösen auf.

Diese Bewegtbildsequenzen wertete die Staatsanwaltschaft aus - und kam zu dem Schluss, dass auch ein vermeintlicher Hitlergruß eines weiteren Beschuldigten auf einer Weihnachtsfeier nur ein Deuten mit der Hand gewesen sei.

Vorwurf gegen FPÖ-Funktionär

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und die Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa) zeigten sich entsetzt. "In einer Zeit, in der so viele rechtsextreme Straftaten begangen werden wie noch nie, verhöhnt diese Fehlentscheidung den antifaschistischen Auftrag der Bundesverfassung und die NS-Opfer", so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.

Dass sich gemäß Zeugenaussagen "einer der beteiligten Magistratsmitarbeiter - ein FPÖ-Funktionär - in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit Hitler-Gruß fotografieren hat lassen, wird von der Staatsanwaltschaft ignoriert", kritisiert Werner Retzl von der Welser Initiative gegen Faschismus. Laut Staatsanwaltschaft Wels handle es sich dabei allerdings um ein "reines Gerücht".

„Über die Gründe kann man nur spekulieren. Fachliche Inkompetenz allein ist wohl zu wenig“, betont Retzl. „Wollte sich die Staatsanwaltschaft die Arbeit mit dem Geschworenenprozess ersparen? Oder sind ihre Beziehungen zur Welser Rathausspitze zu eng? Es ist Aufgabe der Fachaufsicht im Justizministerium, dem nachzugehen.“

Video: Vergangener Prozess wegen Naziparolen

Zusammenfassung
  • Die Staatsanwaltschaft Wels hat die Ermittlungsverfahren gegen sechs Mitarbeiter wegen mutmaßlich rechtsextremer oder NS-Gesten auf Magistratsfeiern eingestellt, da laut Begründung die Handlungen der Belustigung und nicht der Glorifizierung dienten.
  • Entscheidend für die Einstellung war die Analyse von Live-Foto-Sequenzen, die beispielsweise einen vermeintlichen Hitlergruß als bloße Handbewegung entlarvten und auch bei anderen Gesten keine strafbare Wiederbetätigung erkannten.
  • Das Mauthausen Komitee Österreich und die Welser Antifa kritisierten die Entscheidung scharf, warfen der Staatsanwaltschaft eine Verhöhnung des antifaschistischen Auftrags vor und fordern nun die Fachaufsicht des Justizministeriums.