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Gleichbehandlung

"Anti-Homo-Haus": Wo Österreichs Gesetz Homophobie erlaubt

Heute, 05:43 · Lesedauer 5 min

Ein Beherbergungsbetrieb in Niederösterreich wirbt mit einem "komfortablem Aufenthalt" – doch auf der Website versteckt sich eine homophobe Hetzschrift. Rechtlich ist das erlaubt. Warum eine Gesetzeslücke Betroffene ungeschützt lässt und wie die Politik reagiert.

Mit einem "komfortablen und ruhigen Aufenthalt" preist sich ein Beherbergungsbetrieb in Aggsbach-Markt auf seiner Website an.

Doch nicht jeder ist willkommen: In den Geschäftsbedingungen des Betriebs findet sich ein eigener Abschnitt zur sogenannten "LGBTQ Agenda".

In dem rund 25.000 Zeichen langen Text vertritt der Betreiber offen homophobe Positionen.

NS-Vergleich und Pädophilie-Anspielung

Er spricht darin davon, dass gleichgeschlechtliche Liebe eine "Anomalie" und "Philosophie" sei. Diese mache psychisch krank und zerstöre die natürliche sexuelle Identität sowie die Persönlichkeit eines Menschen. Auch sei Homosexualität gegen den Willen Gottes.

Der Vermieter zieht in seinem Text zudem den historisch unzutreffenden Vergleich zwischen der Abschaffung diskriminierender Gesetze gegenüber homosexuellen Menschen und dem Vorgehen der Nationalsozialisten in den 1930er-Jahren.

Außerdem stellt er einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie her.

Homophob, aber doch legal

Die Aussagen des Betreibers des selbsternannten "Anti-Homo-Hauses", das bereits 2022 für medialen Aufruhr und eine Welle der Entrüstung in ganz Österreich sorgte, sind zwar eindeutig homophob, rechtlich allerdings nicht verboten.

Der Grund dafür liegt in einer Gesetzeslücke in Österreich: So schützt das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) zwar homosexuelle Menschen im Bereich der Arbeitswelt vor Diskriminierung, beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen gilt dieser Schutz jedoch nicht.

Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung ist in diesem Bereich also nicht gesetzlich verboten.

Schutz vor Queerfeindlichkeit endet oft an der Bürotür

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) fordert bereits seit Jahren, diese Gesetzeslücke zu schließen.

Im Rahmen des Pride Months wiederholte Sandra Konstatzky, Leiterin der GAW, erst kürzlich ihre Forderung, den Diskriminierungsschutz für queere Personen auf alle Anwendungsbereiche des Gleichbehandlungsgesetzes auszuweiten ("Levelling-Up").

Die Verteilung der gemeldeten Diskriminierungsvorfälle verdeutliche den rechtlichen Handlungsbedarf. Laut GAW entfallen 51 Prozent der gemeldeten Fälle auf den Arbeitsbereich – dieser ist gesetzlich geschützt.

Anders sieht es bei Gütern und Dienstleistungen (30 Prozent) sowie im öffentlichen Raum (19 Prozent) aus: Hier greift das Gleichbehandlungsgesetz nicht, weshalb sich Betroffene seltener an die GAW wenden.

"Unsere Falldokumentationen verdeutlichen, dass Queerfeindlichkeit auch im Alltagsleben außerhalb der Arbeitswelt eine Rolle spielt und deswegen ein umfassender Rechtsschutz durch Levelling-Up dringend notwendig ist", so Konstatzky.

Koalition uneins über Diskriminierungsschutz

Bisher blieb die Forderung aber ungehört – auch im Programm der türkis-rot-pinken Bundesregierung findet sich dazu kein Vermerk. Wird die Gesetzeslücke also auch in dieser Legislaturperiode nicht geschlossen?

Auf Nachfrage von PULS 24 erklärte die ÖVP, dass man jegliche Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung ablehne. Im Regierungsprogramm seien zahlreiche Maßnahmen zur Gleichstellung verankert worden, für die Schließung der konkreten Gesetzeslücke habe es jedoch "keine Einigung" gegeben.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner erklärte gegenüber PULS 24, dass das Vorhaben während der Regierungsverhandlungen zwar ein Thema gewesen war, letztendlich habe es "für den vollen Schutz vor Diskriminierung aber leider keine Zustimmung von der ÖVP" gegeben.

Er bezeichnete es als "eine Schande", dass Menschen in Österreich weiterhin nur wegen ihrer sexuellen Orientierung "aus einem Lokal geworfen werden oder eine Wohnung nicht bekommen". Die SPÖ wolle daher weiterhin Druck ausüben und Überzeugungsarbeit leisten.

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NEOS-LGBTIQ-Sprecherin Henrike Brandstötter betonte, dass sich die NEOS seit Jahren dafür einsetzen würden, "den derzeit geltenden Fleckerlteppich in Österreich bundesweit zu vereinheitlichen und für eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu sorgen".

Derzeit würden auch Gespräche auf Regierungsebene laufen, um mit den Koalitionspartnern eine gemeinsame Regelung zu finden.

Grüne wollen Lücke schließen - FPÖ pocht auf Privatautonomie

Auch die oppositionellen Grünen kritisieren das Festhalten an der Gesetzeslücke. Es sei "nicht hinnehmbar", dass queeren Menschen "in einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft" der Zugang zu Gütern, Dienstleistungen oder Wohnraum verwehrt werde, so David Stögmüller, LGBTIQ+-Sprecher der Grünen.

Die bestehenden Lücken im Gleichbehandlungsgesetz müssten daher "endlich geschlossen werden".

Kritischer sieht die FPÖ eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf den Bereich der Güter und Dienstleistungen, wie gegenüber PULS 24 betont wurde. Dies würde tief in die "Privatautonomie" und "unternehmerische Entscheidungsfreiheit" eingreifen.

Da dies für kleine Betriebe "erhebliche rechtliche und bürokratische Unsicherheiten" mit sich bringen würde, lehne die Partei "entsprechende freiheitsbeschränkende Initiativen" ab.

"Müssen ein starkes Signal setzen"

Ob sich die Koalitionsparteien noch in dieser Legislaturperiode auf eine gesetzliche Nachbesserung einigen können, bleibt offen – für Betroffene bedeutet das weiterhin rechtliche Unsicherheit im Alltag.

Gerade mit Blick auf die jüngsten Hassverbrechen, bei denen Rechtsextreme gezielt homosexuelle Menschen ausgeforscht, ausgeraubt und schwer verletzt haben, sei ein umfassender Diskriminierungsschutz laut Konstatzky dringend notwendig: "Wir dürfen Diskriminierung und Belästigung nicht zulassen und müssen hier ein starkes Signal gegen jede Form von Gewalt setzen."

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Zusammenfassung
  • Ein Beherbergungsbetrieb in Niederösterreich wirbt mit einem "komfortablem Aufenthalt" – doch auf der Website versteckt sich eine homophobe Hetzschrift.
  • Die Aussagen des Betreibers des selbsternannten "Anti-Homo-Hauses" sind zwar verwerflich, rechtlich allerdings nicht verboten.
  • Warum eine Gesetzeslücke Betroffene ungeschützt lässt – und wie die Politik reagiert.