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Georgien: Erneut Gewalt gegen Demonstranten

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Bei regierungskritischen Protesten in der georgischen Hauptstadt Tiflis sind Sicherheitskräfte am Mittwochabend erneut mit Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen.

Die Demonstranten umringten nach Augenzeugenberichten das Parlament der Südkaukasusrepublik; einige versuchten auch, in das Gebäude einzudringen. Daraufhin setzten die starken Polizeikräfte wie am Abend zuvor Tränengas und Wasserwerfer ein, wie Bilder von Nachrichtenagenturen und TV-Sendern zeigten.

10.000 - 15.000 Demonstranten

Beobachter schätzten die Zahl der Demonstranten auf 10.000 bis 15.000. Es seien mehr als am Dienstagabend, als die Polizei eine Demonstration mit Wasserwerfern und Tränengas aufgelöst hatte. 66 Menschen waren unter anderem wegen Widerstands gegen Staatsgewalt festgenommen worden. Der Protest hat sich an einem umstrittenen Gesetzentwurf entzündet: Ähnlich wie in Russland will die georgische Führung Medien und Nichtregierungsorganisationen, die aus dem Ausland unterstützt werden, als ausländische Agenten einstufen.

Am Dienstag hatte das Parlament in Tiflis den Gesetzesentwurf "Über die Transparenz ausländischen Einflusses", der offiziell auf die Offenlegung von Geldflüssen aus dem Ausland abzielt, in erster Lesung mehrheitlich verabschiedet. Kritiker befürchten, dass die georgische Bestimmung nach dem Vorbild eines ähnlich lautenden Gesetzes in Russland wirken könnte. Dort dient sie dazu, Regierungskritiker zu schikanieren. Weil auch die EU das Gesetz kritisch sieht, fürchten die mehrheitlich proeuropäisch eingestellten Georgier um die Chance ihres Landes, EU-Beitrittskandidat zu werden. Am Mittwoch, dem Internationalen Frauentag, demonstrierten viele Frauen sowie Studierende. Der Oppositionspolitiker Lewan Chabeischwili rief dazu auf, die Proteste täglich fortzusetzen, bis die Regierung den Entwurf zurückzieht.

Unterstützung der Präsidentin

Die Präsidentin der Ex-Sowjetrepublik Georgien, Salome Surabischwili, wandte sich an die Demonstranten und sicherte ihnen ihre Unterstützung zu. Sie werde ein Veto gegen das Gesetz einlegen, sollte es vom Parlament verabschiedet werden. Bürgerrechtler befürchten, dass eine Annahme des Gesetzes die Demokratie Georgiens unterhöhlt und die Perspektiven des Landes auf einen EU-Beitritt verschlechtert. Mit einem ähnlichen Gesetz in Russland wird seit Jahren die Opposition gegängelt.

Ernst-Dziedzic fordert Solidarität

Grünen-Politikerin und Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic fordert auf Twitter Solidarität mit Georgien. "Die Bevölkerung demonstriert gegen russischen Einfluss, gegen ein Gesetz, das Demokratie einschränken würde, für #Europa. Wir sollten auf ihrer Seite stehen", schreibt sie am Mittwochabend. 

Baltische Außenminister besorgt

Die Außenminister der baltischen Staaten äußerten sich ernsthaft besorgt über die neue Regelung über "ausländische Agenten" in Georgien. Der angenommene Gesetzesentwurf "Über die Transparenz ausländischen Einflusses" werfe ernsthafte Fragen über die Aussichten der Demokratie in der Kaukasusrepublik auf, teilten Urmas Reinsalu (Estland), Edgars Rinkevics (Lettland) und Gabrielius Landsbergis (Litauen) am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit. Gegen das Vorhaben, das offiziell auf die Offenlegung von Geldflüssen aus dem Ausland abzielt, kam es in Georgien zu Massenprotesten.

"Wir fordern das Parlament von Georgien auf, die wahren Interessen des Landes verantwortungsbewusst zu bewerten und Entscheidungen zu unterlassen, die die Bestrebungen der georgischen Bevölkerung untergraben könnten, in einem demokratischen Land zu leben, das sich der EU und der NATO annähert", schrieben die Chefdiplomaten der drei baltischen EU- und NATO-Länder. Zugleich riefen sie die georgische Regierung dazu auf, das Recht der Bevölkerung auf friedlichen Protest zu respektieren.

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  • Bei regierungskritischen Protesten in der georgischen Hauptstadt Tiflis sind Sicherheitskräfte am Mittwochabend erneut mit Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen.

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