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FPÖ-Kandidat neuer Vizebürgermeister in Innsbruck

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Eine Vizebürgermeisterwahl hat am Donnerstag die Innsbrucker Stadtkoalition auf eine harte Probe gestellt: Der Gemeinderat wählte überraschend FPÖ-Stadtrat Markus Lassenberger zum ersten Vizebürgermeister. Er setzte sich mit 18 Stimmen gegen die SPÖ-Kandidatin der Koalition (Grüne, SPÖ, ÖVP, Für Innsbruck), Elisabeth Mayr, durch. Bürgermeister Georg Willi (Grüne) will nun aber keine Neuwahlen, sagte er im APA-Gespräch. Auch ein freies Spiel der Kräfte sei keine Option.

Einige Mandatare aus den Reihen von ÖVP und Für Innsbruck (FI) dürften für den blauen Kandidaten gestimmt haben. Denn Willi hatte im Vorfeld angekündigt, dass die Grünen - sowie naturgemäß die Sozialdemokraten - Mayr wählen wollen. Stadträtin Mayr konnte nur 16 Stimmen auf sich vereinen. Unter den 40 abgegebenen Stimmzetteln waren auch sechs ungültige Stimmen - die Wahl wurde geheim durchgeführt. Lassenberger wurde gleich im Anschluss an die Wahl am Vormittag von Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) angelobt.

Laut Willi habe die Wahl Lassenbergers "für große Irritation" gesorgt". "Wie man das politisch verantworten kann, verstehe ich nicht", sagte er in Richtung ÖVP und FI. "Es ist jetzt mein Job, wieder Stabilität herzustellen", hielt er fest. Über das Vertrauensverhältnis innerhalb der Koalition, meinte er: "Im Leben vieler Menschen gibt es immer wieder Enttäuschungen. Trotzdem muss es weitergehen". Man müsse nun die "Kraft" haben, "die Dinge auszureden". Er zeigte sich optimistisch, dass dies gelingen werde.

Willi möchte nun in einem ersten Schritt innerhalb der grünen Fraktion beraten, welche Optionen für ein Weiterarbeiten bestehen. "Wir wollen in vertretbarer Zeit stabile Verhältnisse", gab er als Ziel an.

Die im Dezember als Vizebürgermeisterin abgewählte Stadträtin Uschi Schwarzl (Grüne) erhielt indes einen Teil ihrer Ressorts zurück. Sie zeichnet ab nun für Verkehrsplanung und Umwelt, Tiefbau, Grünanlagen, Straßenbetrieb und Kultur verantwortlich. Die Agenden für Straßen- und Verkehrsrecht bleiben aber beim Bürgermeister selbst. In dieser Frage stimmten die Koalitionäre zu.

Schwarzl war in der vergangenen Gemeinderatssitzung unter anderem mit den Stimmen der Koalitionspartner ÖVP, SPÖ und FI abgewählt worden. Als Auslöser galt eine Verordnung zur Errichtung einer temporären Begegnungszone, die laut Ansicht einiger Oppositionsparteien, darunter auch der FPÖ, rechtswidrig erlassen wurde. Die Grünen vertraten dazu eine andere Rechtsmeinung. Die Oppositionsparteien konnten jedoch die Koalitionäre mit ins Boot holen und der Abwahlantrag hatte Erfolg.

Die grüne Verkehrspolitikerin Schwarzl hatte das Vizebürgermeisteramt aber nicht lange inne, war sie doch erst im November 2019 gewählt worden. Zuvor wurde Christine Oppitz-Plörer (FI) mit grüner Unterstützung als Bürgermeister-Stellvertreterin abgesetzt. Sie musste den Sessel räumen, nachdem Mehrkosten rund um den Neubau der Innsbrucker Patscherkofelbahn bekannt wurden. Die Bahn wurde unter ihrer Amtszeit als Bürgermeisterin gebaut.

"Obwohl wir nach wie vor die Meinung vertreten, dass sich Stadträtin Uschi Schwarzl nichts hat zu Schulden kommen lassen, waren wir bereit, das Straßen- und Verkehrsrecht dauerhaft bei Bürgermeister Georg Willi zu belassen", sagte Grünen-Klubobfrau Krammer-Stark. Sie gab ÖVP und FI die Schuld an der Misere, die beiden Parteien würden die Koalition mitten in der Pandemie "in eine schwere Krise" stürzen.

FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger zeigte sich dagegen erfreut über die Wahl von Lassenberger. Dies würde beweisen, "dass es eine bürgerliche Mehrheit trotz grünem Bürgermeister im Gemeinderat gibt". Er forderte außerdem, dass "die beiden FPÖ-Stadtsenatsmitglieder mit ressortmäßiger Amtsführung ausgestattet werden".

Georg Dornauer, Chef der Tiroler SPÖ, sah in der Vizebürgermeisterwahl hingegen "einen weiteren Beleg für die Führungsschwäche von Bürgermeister Willi". "Dass sich der Gemeinderat heute mehrheitlich für den FPÖ-Kandidaten ausgesprochen hat, ist ein Armutszeugnis für die Landeshauptstadt", so Dornauer, der wenig Chance auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft sah. "Man wird sich seitens der SPÖ jetzt genau anschauen müssen, ob und inwiefern man hier noch eine gemeinsame Basis findet", erklärte der SPÖ-Chef.

Die NEOS wiederum sahen die Koalition als gescheitert. "Das Undenkbare unter einem grünen Bürgermeister ist Realität geworden", sagte Gemeinderätin Julia Seidl. Für sie stehe fest, "die Stadtregierung ist intern zerstritten". Willi habe selbst einen "wesentlichen Beitrag zur Situation geleistet. Indem er nämlich nicht in der Lage war, dieses Chaos zu verhindern", meinte Seidl.

Gemeinderat Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck) sah nunmehr "die Opposition gestärkt, und die Stadtregierung geschwächt". Er gratulierte Lassenberger und meinte, dass man nun gespannt sein könne, wie sich Willi "aus diesem politischen Dilemma herauswurschteln will".

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Vizebürgermeisterwahl hat am Donnerstag die Innsbrucker Stadtkoalition auf eine harte Probe gestellt: Der Gemeinderat wählte überraschend FPÖ-Stadtrat Markus Lassenberger zum ersten Vizebürgermeister.
  • Er setzte sich mit 18 Stimmen gegen die SPÖ-Kandidatin der Koalition, Elisabeth Mayr, durch.
  • Einige Mandatare aus den Reihen von ÖVP und Für Innsbruck (FI) dürften für den blauen Kandidaten gestimmt haben.