Fiskalrat sieht bei Budget zusätzlichen Sanierungsbedarf
Die Prognose liegt damit mittelfristig deutlich über den Zahlen des Finanzministeriums, das für heuer mit 4,5 Prozent des BIP und 2026 mit 4,2 Prozent des BIP plant und bereits 2028 ein Absinken unter die Maastricht-Obergrenze vorsieht. Grund dafür ist, dass der Fiskalrat in seinem "Bericht über die Einhaltung der Fiskalregeln" nur jene Konsolidierungsmaßnahmen berücksichtigt, die bereits gesetzlich beschlossen oder zumindest hinreichend konkretisiert sind. Daher wurden etwa das Betrugsbekämpfungspaket sowie Einsparungen, die erst in Verhandlungen oder neu eingesetzten Taskforces ausgearbeitet werden müssen - etwa bei Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern bzw. bei Förderungen - nicht einberechnet.
Aber selbst wenn alle von der Regierung in der Budgetplanung vorgesehenen Maßnahmen berücksichtigt würden, kommt der Fiskalrat noch immer auf ein Defizit von 3,2 Prozent im Jahr 2029. Um das vom Finanzministerium geplante Defizit von 2,8 Prozent in diesem Jahr zu erreichen, müssten zusätzlich 2,2 Mrd. Euro bis 2029 konsolidiert werden.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sah sich gegenüber der APA durch die Einschätzungen und Empfehlungen des Fiskalrates bestärkt. So würde etwa die Defizitprognose des Rats für 2025 und 2026 unter den Zahlen des Finanzministeriums liegen. Die Schuldenwächter hätten auch recht, wenn sie anmerkten, dass Maßnahmen der eingesetzten Taskforces etwa zur Betrugsbekämpfung, zu Förderungen und zu den Gebietskörperschaften noch nicht konkretisiert seien. "Wir müssen sie in konkrete Maßnahmen umsetzen. Da helfen mir die öffentlich vorgetragenen Ratschläge des Fiskalrats und stärken meine Position in der Regierung."
Bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs brauche es bereits im Herbst ein erstes Gesetzespaket, das 2026 wirksam wird. Ein zweites soll dann im kommenden Jahr beschlossen werden. Bei den Förderungen werde es dagegen erst mittelfristig ab 2027 Maßnahmen geben. "Da möchte ich mir Zeit nehmen." Zeit bräuchten auch die Änderungen auf Länder- und Gemeindeebene. Erst müsse der Stabilitätspakt mit diesen vereinbart werden, dann müssten die Körperschaften auch Maßnahmen eigenständig umsetzen. Wenn die Taskforces die entsprechenden Ergebnisse liefern, würde Österreich aber schon 2028 wieder beim Budgetdefizit unter drei Prozent des BIP zu liegen kommen.
"Kein Spaziergang, sondern steiniger Weitwanderweg"
Insgesamt sei man auf dem Konsolidierungspfad zwar schon aufgebrochen, meinte Fiskalrats-Büroleiter Bernhard Grossmann bei einer Pressekonferenz. "Aber das ist kein Spaziergang, sondern ein steiniger Weitwanderweg, den man ohne Verschnaufpause durchschreiten sollte." Insgesamt habe man es zwar geschafft, die Dynamik des Anwachsens des Budgetdefizits einzubremsen - mit den bisherigen Maßnahmen könne man es aber nicht nachhaltig zurückführen. Und selbst wenn man es schaffe, bis 2028 wie angestrebt unter die Drei-Prozent-Defizitquote zurückzukehren, sei es damit noch nicht vorbei, so Grossmann. Aufgrund der Vorgaben zur Reduktion der Staatsschuldenquote dürfte Österreich dann noch maximal zwei Prozent des BIP an Schulden machen, um seine Schulden auch zurückführen zu können.
Seine Empfehlungen hat der Rat in drei Phasen gegliedert: Kurzfristig müsse das geplante Budget 2025/26 konsequent umgesetzt werden. "Das ist nicht selbstverständlich", so Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt. "Die Empfehlungen sind leicht formuliert, aber schwer umzusetzen." Ein strikter Budgetvollzug heiße auch, dass Länder und Gemeinden konsolidieren müssen - das werde schwer genug, wenn man sich etwa die vagen Zahlen für Wien alleine ansehe. Darüber hinaus müsse man schon jetzt über Strukturreformen zu verhandeln beginnen.
Rat: Finanzministerium "zu optimistisch", Marterbauer anderer Ansicht
Mittelfristig - also bis zum Ende der Legislaturperiode - sind dem Rat die Annahmen des Finanzministeriums "zu optimistisch". Einerseits laufen manche Maßnahmen wie der Stopp bei der Valorisierung von Familienleistungen aus und müssten verlängert oder durch neue Schritte ersetzt werden. Andererseits seien zusätzlich wachstumsfördernde und klimaschonende Maßnahmen nötig, die wiederum Geld kosten und durch andere Konsolidierungsmaßnahmen gegenfinanziert werden müssen.
Marterbauer schätzt die Lage anders ein. "Ich sehe mehr das Sonnenlicht jetzt am Beginn des Sommers", meinte er gegenüber der APA. Er glaube, dass der Wendepunkt angesichts der bisher guten Zusammenarbeit in der Regierung schon eingeleitet sei. Maßnahmen wie das Auslaufen des Valorisierungsstopps seien eingepreist, hier sehe er keinen Handlungsbedarf.
Strukturmaßnahmen rasch beschließen
Damit Strukturmaßnahmen beginnen zu wirken, müssten sie auch rasch beschlossen werden, urgiert wiederum der Fiskalrat. Gemeinsam haben diese fast alle, dass sie der Mitwirkung von Ländern und Gemeinden bedürfen, so Badelt. Das betrifft etwa Reformen bei Gesundheit und Pflege sowie einen effizienteren Fiskalföderalismus. "Wir brauchen dabei auch ein Umdenken von allen Gebietskörperschaften. Von den Gemeinden kann es nicht heißen: 'Wir brauchen mehr Geld, weil wir sind in Schwierigkeiten'." Das würde der Bund nämlich auch gerne sagen.
Vom Bund allein umzusetzen sind nur Änderungen bei den Pensionen. Der Rat plädiert dabei für eine Steigerung des effektiven Pensionsantrittsalters, Badelt selbst ist auch für eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters.
Auch nach 2029 noch Konsolidierung nötig
Selbst 2029 ist es für den Fiskalrat mit der Konsolidierung nicht vorbei. Anschließend müssen wachstumsfördernde Maßnahmen weitergeführt und nachgeschärft werden. Gleiches gelte für die Strukturreformen. Darüber hinaus müsse man sich auch wieder einen budgetären Spielraum verschaffen.
Auch Marterbauer ist der Ansicht, dass es weitere Anstrengungen braucht und erhält dafür Unterstützung vom Koalitionspartner. "Wir stehen erst am Anfang einer langen Reformagenda", so NEOS-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung. Das Budget sei eine Trendwende, aber die harte Arbeit beginne erst jetzt.
Zusammenfassung
- Der Fiskalrat prognostiziert für das österreichische Budget 2024 ein Defizit von 4,7 Prozent des BIP und erwartet bis 2029 nur einen leichten Rückgang auf 4,2 Prozent.
- Die Schuldenquote soll laut Fiskalrat von derzeit 84,6 Prozent auf 91,1 Prozent des BIP im Jahr 2029 steigen und damit deutlich über den Zielwerten liegen.
- Selbst wenn alle geplanten Maßnahmen der Regierung umgesetzt werden, sieht der Fiskalrat für 2029 ein Defizit von 3,2 Prozent und fordert zusätzliche Einsparungen von 2,2 Milliarden Euro, um das Ziel von 2,8 Prozent zu erreichen.
- Der Fiskalrat kritisiert, dass viele Konsolidierungsmaßnahmen noch nicht konkretisiert sind und betont die Notwendigkeit rascher Strukturreformen, insbesondere mit Beteiligung von Ländern und Gemeinden.
- Auch nach 2029 hält der Fiskalrat weitere Konsolidierungsmaßnahmen für erforderlich, um den budgetären Spielraum zu sichern und die Schuldenquote zu senken.