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Faktencheck: Verheimlichten "SZ" und "Spiegel" entlastende Strache-Aussagen aus dem Ibiza-Video?

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Mehrere Akteure nutzen neu aufgetauchte Infos, um "SZ" und "Spiegel" eine einseitige Berichterstattung und sogar Manipulation zu unterstellen. Die "APA" hat die Vorwürfe einem Faktencheck unterzogen.

Die Aufregung um das Ibiza-Video lässt nicht nach. Vor mehr als 15 Monate haben die "Süddeutsche Zeitung" und "Der Spiegel" das Video veröffentlicht, jetzt bieten vom ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache veröffentlichte Zitate aus dem Transkript des Videos neuen Zündstoff. Einige Akteure werfen den beiden deutschen Zeitungen jetzt einseitige Berichterstattung, Unterstellung und sogar Manipulation vor.

Christian Höbar, Generalsekretär des Team HC Strache, beschwert sich per Aussendung über "Fake-News der übelsten Sorte" und "manipulativ agierende Medien". Der bekannte deutsche Publizist Matthias Matussek zog auf Facebook über eine "abartige linke Kampfpresse" her, die "jene Passagen des Films ganz buchstäblich unter den Tisch fallen lassen, die Strache entlasten".

Auch Strache selbst spricht von "Fake-News-Manipulation der Journalisten der SZ und des Spiegel". Strache teilt seit Tagen Artikel, die entweder von den relativierenden neuen Zitaten berichten oder die Berichterstattung von "SZ" und "Spiegel" als Manipulation darstellen (Posting 1, Posting 2). User beschweren sich auf Facebook über eine vermeintlich manipulierte Berichterstattung. 

Was ist dran an den Vorwürfen, die "SZ" und der "Spiegel" hätten in ihrer Berichterstattung zum Ibiza-Video für Strache entlastende Aussagen verheimlicht? Die "APA" hat die Thesen auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. 

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Bei den aktuellen Vorwürfen gegen "SZ" und "Spiegel" werden in den Artikeln und Social-Media-Postings mehrere Behauptungen miteinander vermischt. Die APA hat sie in vier Behauptungen aufgeteilt:

1. "SZ" und "Spiegel" haben keine entlastenden Stellen aus Ibiza-Video veröffentlicht

"SZ" und "Spiegel" haben sehr wohl auch entlastende Aussagen in Videoform veröffentlicht. So findet man etwa auf dem Youtube-Kanal des "Falter", der in die Recherchen der beiden deutschen Zeitungen eingebunden war, entlastendes Videomaterial. Bei Minute 3:00 sagt Strache: "Aber es muss trotzdem immer rechtskonform, legal und mit unserem Programm übereinstimmen". Auch "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk verweist im Video-Kommentar darauf, dass Strache sagt, dass er nichts Illegales machen wolle, er sauber und nicht korrupt sei.

2. "SZ" und "Spiegel" haben in ihr Kurzvideo kein entlastendes Material eingebaut,

Selbst Höbart, der den Journalisten in der OTS-Aussendung unterstellt, kein objektives Gesamtbild zu vermitteln, wusste von diesem Video-Ausschnitt und postete ihn sogar mehrmals nachweislich, um Strache auf Twitter zu verteidigen (Tweet 1, Tweet 2, Tweet 3, Tweet 4). Seine Kritik zielt wie etwa auch bei "Tichys Einblick" mehr darauf ab, dass in den Video-Zusammenschnitten der deutschen Medienhäuser keine entlastende Passage verwendet wurde.

Beim rund fünfeinhalb Minuten langen Video der "SZ" vom 17. Mai 2019 wurden tatsächlich keine entlastenden Szenen verwendet. Auch beim rund sechs Minuten langen "Spiegel"-Video vom 17. Mai 2019 findet sich keine Passage, die entlastende Aussagen Straches enthält. Allerdings wurde am Ende des Videos ein Statement von Gudenus und Strache eingebaut, dass sie auf die "Notwendigkeit der Einhaltung österreichischer Gesetze" Wert gelegt hätten.

Ebenso kann jedoch gesagt werden, dass diese Videos auch nicht alle belastenden Aussagen Straches enthalten. Die meisten Informationen sind daher in den Artikeln zu finden, die die beiden Zeitungen zu den Videoausschnitten veröffentlichten.

3. "SZ" und "Spiegel" haben nicht genug auf entlastende Aussagen Straches hingewiesen 

Die "APA" hat alle Online-Artikel zusammengesucht, die die "SZ" und der "Spiegel" am 17. und 18. Mai veröffentlicht haben und die Wörter "Strache" und "Ibiza" enthalten. Acht der 15 veröffentlichten "Spiegel"-Artikel verwiesen auf entlastende und relativierende Aussagen Straches oder bauten seine Statements ein. Bei der "SZ" geschah dies bei sieben von 17 Artikeln.

Zu beachten ist hierbei, dass sich darunter auch Artikel finden, die den Fokus nicht auf die Geschehnisse in dem Video, sondern auf andere Unterthemen gelegt hatten, etwa Koalition/Neuwahlen in Österreich, die beteiligten Personen, Herkunft und Aufbereitung des Materials, etc. Somit ist die "Quote" an Verweisen durchaus nicht gering.

Die Stellungnahmen von Strache bzw. Gudenus auf Anfrage der Journalisten, dass man auf "gesetzliche Bestimmungen und die Notwendigkeit der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung" - auch bei Parteispenden - hingewiesen habe, findet sich in zwölf Artikeln:

"Süddeutsche Zeitung": Artikel 1, Artikel 2, Artikel 3, Artikel 4

"Spiegel": Artikel 1Artikel 2Artikel 3Artikel 4Artikel 5, Artikel 6Artikel 7Artikel 8

Die Aussagen Straches bei seiner Pressekonferenz am Tag nach der Veröffentlichung des Videos, dass er bei dem Treffen mehrmals auf die rechtliche Lage in Österreich gepocht habe, wurde in folgenden Artikeln wiedergegeben: SZ, SZ.

Dass Strache im Videomaterial selbst immer wieder relativierende Aussagen tätigte und meinte, dass alles legal und rechtskonform ablaufen müsse, wird in folgenden Artikeln betont: SZ, SZ, SZ, Spiegel, Spiegel, Spiegel.

Die Aussagen Straches bei seiner Pressekonferenz am Tag nach der Veröffentlichung des Videos, dass er bei dem Treffen mehrmals auf die rechtliche Lage in Österreich gepocht habe, wurde in folgenden Artikeln wiedergegeben: SZ Artikel 5, SZ Artikel 6.

Dass Strache im Videomaterial selbst immer wieder relativierende Aussagen tätigte und meinte, dass alles legal und rechtskonform ablaufen müsse, wird in folgenden Artikeln betont:

"Süddeutsche Zeitung": Artikel 7, Artikel 8, Artikel 9 

"Spiegel": Artikel 9, Artikel 10, Artikel 11 

4. "SZ" und "Spiegel" haben entlastende Zitate nicht veröffentlicht.

Nun zu den laut Medienberichten neuen Zitaten aus dem Transkript: Auch hier wurde der Großteil bereits Monate zuvor in Texten veröffentlicht.

"Nein, nein. Aber jetzt sind wir ehrlich. Mit jedem anderen Scheiß machst du dich angreifbar und ich will nicht angreifbar sein. Ich will ruhig schlafen. Ich will in der Früh aufstehen und sagen: Ich bin sauber."

Diese Aussage findet sich in diesem Spiegel-Artikel und in diesem Spiegel-Artikel.

Die Aussage "Ja, aber das spielt's nicht" auf die Anspielung auf korrupte Geschäfte in Osteuropa, wird hier indirekt wiedergegeben: "Meistens bleibt Strache hart: In Österreich, das sagt er mehr als einmal, laufe es nun einmal anders. Diese Passagen könnte sein Pressesprecher geschrieben haben, so unverfänglich sind sie. Ihm wäre es offensichtlich am liebsten, die Russin würde sich mit unkonkreten Zusagen begnügen."

Für folgende Zitate wurde keine frühere Quelle gefunden:

a.) „No way, mach ich nicht, mach ich nicht und bei mir nur gerade Geschichten, das musst du ihr vermitteln, ganz gerade Geschichten, aber sie kann sich darauf verlassen.

b.) "Es gibt bei mir nur ganz korrekte Ebenen, alles was in meinem Leben heut angegriffen wird, ist korrekt. Ja? Und ich, es gibt bei mir keine Selbstbereicherung oder sonstige Scheißgeschichten, das gibt es nicht."

c.) Strache zu Korruption: „Nein mach ich nicht! Nie!“

d.) Strache zu konkreten Zusagen an Oligarchin: „Nein, aber es wäre unredlich.

e.) Gudenus: „Es ist klar, da ist etwas drinnen, aber wir machen nichts Illegales, Punkt.“ Strache: „Nichts

Weitere Zitate enthüllten die Journalisten Obermaier und Obermayer selbst in ihrem Buch "Die Ibiza-Affäre". Dies belegen auch Zitate in den Salzburger Nachrichten oder Ausschnitte auf Twitter und Facebook.

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Strache pocht also in dem mehrere Stunden langen Videomaterial öfter darauf, dass alles legal ablaufen müsse. Dies wird auch in mehreren Artikeln in den beiden Zeitungen so wiedergegeben, ohne jede einzelne Aussage direkt zu zitieren. Vor allem verweisen "SZ" und "Spiegel" immer wieder auf den Kontrast zwischen dem, was Strache sagt, und dem, wie er handelt.

 

ribbon Zusammenfassung
  • Mehrere Akteure nutzen neu aufgetauchte Infos, um "SZ" und "Spiegel" eine einseitige Berichterstattung und sogar Manipulation zu unterstellen.
  • Bei den aktuellen Vorwürfen gegen "SZ" und "Spiegel" werden in den Artikeln und Social-Media-Postings mehrere Behauptungen miteinander vermischt.
  • Acht der 15 veröffentlichten "Spiegel"-Artikel verwiesen auf entlastende und relativierende Aussagen Straches oder bauten seine Statements ein.

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