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Experte: Polen sucht wegen Trump "anderen Schutzschirm"

Heute, 13:21 · Lesedauer 3 min

Polen wird sich einem russischen Angriff auch ohne US-Unterstützung entgegen stellen. "Wir werden kämpfen, egal wie", betonte der polnische Sicherheitsexperte Marek Świerczyński am Freitag bei einer Podiumsdiskussion in Wien. Wegen der Unsicherheiten unter US-Präsident Donald Trump suche sich das Land derzeit "einen anderen Schutzschirm", sagte er unter Verweis auf die Atommacht Frankreich und die skandinavischen Staaten. Besorgt zeigte er sich über die Atomwaffen in Belarus.

Er sei erstaunt, dass die Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus so wenig öffentliche Aufmerksamkeit bekomme. Die belarussische Grenze sei nämlich nur 150 Kilometer von Warschau entfernt, "und wenn sie (die Russen, Anm.) sich für einen Angriff auf Warschau entscheiden, haben wir ein Problem", sagte Świerczyński in der vom fjum - forum for journalism and media, der ERSTE Stiftung und dem Presseclub Concordia organisierten Veranstaltung im Vorfeld der polnischen Präsidentenwahlen.

Der Sicherheitsexperte der Denkfabrik Polityka Insight räumte ein, dass es aktuell keine unmittelbare Bedrohung eines russischen Angriffs auf die NATO-Staaten gebe. Polen spiele bei solchen Szenarien eine wichtige Rolle, weil es für die Verteidigung des Baltikums, der Ostsee und auch der Ukraine von zentraler Bedeutung sei. "Ohne Polen ist es schwer bis unmöglich, die baltischen Staaten zu verteidigen", sagte Świerczyński.

Polen investiere daher in Waffen mit längerer Reichweite, "um den Feind bereits jenseits unserer Grenzen und jener unserer Verbündeten zu stoppen", berichtete der Sicherheitsexperte. Świerczyński machte klar, dass ein etwaiger russischer Angriff im Bereich Polens oder des Baltikums zu erwarten wäre. "Wenn Russland so dumm wäre, die NATO anzugreifen, was wäre wohl der schwächste oder schmerzhafteste Punkt dafür?", sagte er mit Blick auf die sogenannte Suwalki-Lücke, die Belarus von der russischen Exklave Kaliningrad trennt und zugleich die einzige Landverbindung zwischen den drei baltischen Staaten und den NATO-Verbündeten ist.

Zusammenbruch der Ukraine "sehr entferntes Szenario"

Einen Zusammenbruch der Ukraine bezeichnete Świerczyński als "sehr entferntes Szenario". "Wenn das passiert, würde es Schockwellen nicht nur nach Polen schicken, sondern wir fänden uns in einer ganz anderen Welt wieder, in der dann noch nie da gewesene Entscheidungen getroffen würden", sagte er auf die Frage, ob Polen dann auch militärisch im Nachbarland eingreifen würde. Polen verfolge in Bezug auf die Ukraine die Strategie, "die großen Mächte zuerst ihre Rolle spielen zu lassen, und erst dann kommen wir dran", erläuterte er.

Befragt zu einer möglichen atomaren Bewaffnung Polens sagte Świerczyński, es handle sich dabei "mehr um Hoffnungen als um Aussichten". Es sei nämlich nicht zu erwarten, dass Frankreich eigene Atomwaffen in Polen stationiere. Kiew konzentriere sich indes auf die Europäische Union und wolle "eine Art von Verteidigungsunion zwischen der EU und der Ukraine". Sollte es in der US-Regierung zu einem Wechsel kommen, sei die Ukraine wieder zu Verhandlungen mit Washington bereit.

Zusammenfassung
  • Polen bereitet sich auf einen möglichen russischen Angriff vor, auch ohne US-Unterstützung, und sucht Schutz durch Frankreich und skandinavische Staaten.
  • Marek Świerczyński warnt vor der Bedrohung durch russische Atomwaffen in Belarus, nur 150 Kilometer von Warschau entfernt.
  • Ein Zusammenbruch der Ukraine wird als unwahrscheinlich angesehen, könnte jedoch weitreichende Schockwellen auslösen.