Zu Atomprogramm
Europas Verhandler sehen "ernsthafte Gespräche" mit Iran
Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben in Genf knapp vier Stunden lang mit ihrem iranischen Kollegen Abbas Araqchis über ein Einlenken Teherans im Atomkonflikt beraten.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sprach danach von "ernsthaften Gesprächen". Der Iran sei bereit, über alle grundsätzlichen Fragen weiter zu reden, sagt Wadephul nach den dreistündigen Gesprächen in Genf.
Der britische Außenminister David Lammy appellierte an den Iran, weiter mit den USA über eine Begrenzung des Atomprogramms zu verhandeln. "Wir (...) fordern den Iran dringend auf, seine Gespräche mit den Vereinigten Staaten fortzusetzen", sagte Lammy nach den Gesprächen in Genf.
"Dies ist ein gefährlicher Moment, und es ist äußerst wichtig, dass wir keine regionale Eskalation dieses Konflikts erleben", fügte er hinzu.
Ruf nach US-Beteiligung an Verhandlungen
Für Deutschland sei dabei vor allem wichtig, dass die Sicherheitsinteressen Israels gewahrt blieben. Zudem müssten die USA an weiteren Verhandlungen beteiligt sein, sagte Wadephul.
Neben Wadephul wollten auch Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) ausloten, ob Teheran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm und zum Verzicht auf Atomwaffen bereit ist.
An den Gesprächen in einem Hotel nahm auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teil. Die Europäer und Kallas waren gegen 13.00 Uhr zunächst unter sich in der Residenz des deutschen Abrüstungsbotschafters in Genf zu vorbereitenden Beratungen zusammengekommen.
Irans Außenminister fordert Verurteilung Israels
Im UNO-Menschenrechtsrat, der in Genf seinen Sitz hat, rief Araqchi die internationale Gemeinschaft auf, die Angriffe Israels auf sein Land zu verurteilen.
"Jede Rechtfertigung dieses ungerechten und verbrecherischen Krieges käme einer Komplizenschaft gleich", sagte der Minister kurz vor dem geplanten Treffen mit den Außenministern von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie der EU-Außenbeauftragten.
Er wolle jedes Mitglied des Gremiums an seine Verantwortung erinnern, "um dieser schweren Ungerechtigkeit die Stirn zu bieten".
Auch im Hinblick auf den Krieg in Gaza warf Araqchi Israel ebenfalls Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Der UNO-Menschenrechtsrat hält aktuell seine mehrwöchige Sommersitzung ab.
UNO-Chef spricht von entscheidendem Moment
UNO-Generalsekretär António Guterres sieht die Welt im Licht des Iran-Konflikts in einem entscheidenden Moment für die Zukunft der Menschheit.
Man befinde sich in einer Situation, "in der die eingeschlagene Richtung nicht nur das Schicksal von Nationen, sondern möglicherweise auch unsere gemeinsame Zukunft prägen wird", sagte Guterres vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
Man steuere mit rasender Geschwindigkeit auf Chaos zu: "Die Ausweitung dieses Konflikts könnte ein Feuer entfachen, das niemand mehr kontrollieren kann."
Diplomatie sei die einzige Chance, um dies zu verhindern. "Lassen Sie uns verantwortungsvoll und gemeinsam handeln, um die Region und unsere Welt vor dem Abgrund zu bewahren", so Guterres.
Der UN-Sicherheitsrat mit seinen 15 Mitgliedern, darunter die USA, ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen und trifft sich regelmäßig, um über Krisen und Kriege wie die Eskalation zwischen Israel und dem Iran zu beraten.
Video: Israel im Ausnahmezustand - Kommt jetzt der große Krieg?
Zusammenfassung
- Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben in Genf knapp vier Stunden mit dem iranischen Außenminister Abbas Araqchi über das Atomprogramm beraten.
- Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sprach von "ernsthaften Gesprächen" und betonte die Notwendigkeit, Israels Sicherheitsinteressen zu wahren und die USA in weitere Verhandlungen einzubeziehen.
- Der Iran kritisierte die israelischen Angriffe auf Atomanlagen als schwere Kriegsverbrechen und forderte im UNO-Menschenrechtsrat eine internationale Verurteilung.
- Laut einem Insider ist der Iran grundsätzlich zu Gesprächen über eine Begrenzung der Urananreicherung bereit, schließt aber eine Reduzierung auf Null und direkte Verhandlungen mit den USA aus.
- UNO-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer Eskalation des Konflikts und bezeichnete die aktuelle Lage als entscheidenden Moment für die Zukunft der Menschheit.