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Istanbul

Erdogan lässt bei Kundgebungen Hunderte verhaften

Heute, 13:45 · Lesedauer 2 min

In Istanbul sind bei Veranstaltungen zum 1. Mai mehrere hundert Menschen festgenommen worden. Die Behörden hatten Teile der Stadt vorsorglich lahmgelegt, um Versammlungen auf dem zentralen Taksimplatz zu vermeiden. Vielerorts fuhren keine Bahnen, Busse oder Bosporus-Fähren.

407 Personen seien wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz in Gewahrsam genommen worden, teilte Innenminister Ali Yerlikaya auf der Plattform X mit.

Viele der in Istanbul festgenommenen hatten vermutlich versucht, zum symbolträchtigen und abgesperrten Taksimplatz im europäischen Zentrum der Stadt zu gelangen. Seit Jahren werden Demonstrationen dort untersagt.

Auf Anweisung des Gouverneursamtes waren in der Stadt Barrikaden aufgebaut worden, die große Teile des Zentrums etwa durch Straßensperren lahmlegten. Dutzende Metro-, Bus- und Tramstationen wurden vorübergehend nicht angefahren, Fähren wurden unterbrochen und Parkhäuser geschlossen.

Symbolträchtiger Taksimplatz

Mit wenigen Ausnahmen sind Versammlungen auf dem Taksimplatz grundsätzlich verboten. Er war in der Vergangenheit häufig Schauplatz prodemokratischer Demonstrationen, insbesondere während der Gezi-Proteste im Jahr 2013.

Wie bereits in den vergangenen Jahren hatte die Polizei um den 1. Mai herum den Platz mehrere Tage lang abgesperrt. Amnesty International bezeichnete die Maßnahme als ungerechtfertigt und forderte die Behörden auf, die Sperrung umgehend aufzuheben.

In zwei Stadtteilen auf der asiatischen Seite Istanbuls waren von Gewerkschaften organisierte Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern genehmigt worden, wie Aufnahmen in örtlichen Medien und von AFP-Journalisten zeigten.

Der symbolische Taksimplatz müsse "dem unterdrückerischen Regime entrissen werden", forderte Özgür Özel, Vorsitzender der größten oppositionellen Partei CHP, bei einer der Kundgebungen.

Massive Proteste Ende März

In Istanbul war es Ende März zu einer massiven Protestwelle gekommen, nachdem der beliebte Istanbuler Bürgermeister und CHP-Politiker Ekrem İmamoğlu verhaftet worden war.

İmamoğlu ist der aussichtsreichste Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Bei den Protesten waren nach Angaben der Behörden fast 2000 Menschen festgenommen worden.

Zusammenfassung
  • Bei Mai-Kundgebungen in Istanbul wurden über 400 Menschen festgenommen, wie der Verein Progressiver Juristen mitteilte. Offizielle Zahlen der Behörden fehlen.
  • Amnesty International kritisiert die Sperrung des symbolträchtigen Taksimplatzes, der für prodemokratische Proteste bekannt ist, als ungerechtfertigt.
  • Im März wurden fast 2000 Menschen festgenommen, nachdem der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu verhaftet worden war, was zu massiven Protesten führte.