Amtsmissbrauchsverdacht
Maulwurf im Staatsschutz? DSN-Beamter suspendiert
Einen entsprechenden Bericht des "profil" (Online-Ausgabe) bestätigte das Innenministerium am Mittwoch der APA. Gegen den Mann wird wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauchs ermittelt, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft Wien.
Abfragen "ohne Veranlassung" gemacht
Ein "vorübergehend dienstzugeteilter Bediensteter" stehe unter Verdacht, Kontakt "zu einer unter Beobachtung stehenden Gruppierung" zu haben. Die Hinweise würden derzeit geprüft, teilte zunächst das Innenministerium mit.
Die Wiener Anklagebehörde präzisierte auf APA-Anfrage die Vorwürfe: der Verdächtige soll in den letzten Monaten an mehreren Tagen Abfragen "ohne konkretes dienstliches Interesse und ohne dienstliche Veranlassung" getätigt haben, die jeweils "einen Bezug zur Muslimbruderschaft hatten", meinte Behördensprecherin Judith Ziska.
"Ob es zu einer Weitergabe der Informationen gekommen ist, wird abgeklärt", sagte Ziska.
Sofortige Vernehmung angeordnet
Der Beschuldigte sei nicht festgenommen worden, berichtete die Staatsanwaltschaft-Sprecherin: "Es wurde aber seine Vorführung zur sofortigen Vernehmung angeordnet, die bereits stattgefunden hat." Bei dem Mann sei auch eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, das sichergestellte Beweismaterial würde nun schnellstmöglich ausgewertet, berichtete Ziska.
Auf die nun bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Vorgänge war man bei der DSN nach Auffälligkeiten des Polizeibeamten aufmerksam geworden. Die internen Kontrollmechanismen hätten gegriffen, hieß es gegenüber der APA. Man habe unverzüglich reagiert und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die die nötigen rechtlichen Schritte einleitete.
Der Beamte war befristet der DSN zugeteilt und nicht mit unmittelbaren nachrichtendienstlichen Tätigkeiten betraut. Er hatte damit keinen Zugriff auf besonders heikle Daten oder Informationen von Partnerdiensten. Seine Abfragen sollen nur "ein Anfangsstadium" erreicht gehabt haben, hieß es.
Muslimbruderschaft gilt als islamistische Gruppierung
Die Muslimbruderschaft, zu der der Beschuldigte Verbindungen haben soll, ist eine islamistische Gruppierung. In Ägypten gegründet, hat sie heute Ableger in vielen Ländern und gilt als sehr mächtig. Die Strukturen sind informell, Ziel ist die Islamisierung der Gesellschaft. In der Bruderschaft gibt es moderate Strömungen, aber auch die palästinensische Terrormiliz Hamas ging etwa aus ihr hervor.
Für die FPÖ sind die Geschehnisse der "vorläufige Höhepunkt einer Kette katastrophaler Versäumnisse". Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) entpuppe sich "immer mehr als sicherheitspolitischer Chaosminister", wurde der freiheitliche Sicherheitssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung zitiert. Einen "Einzelfall" sah er nicht: "Von funktionierenden Kontrollmechanismen kann keine Rede sein, wenn ein Extremist offenbar über einen längeren Zeitraum unbemerkt sensible Daten abzweigen kann."
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Zusammenfassung
- Ein der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst zugeteilter Polizeibeamter wurde am Dienstag wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und unzulässiger Datenabfragen suspendiert.
- Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mann, der in den letzten Monaten mehrfach Daten mit Bezug zur Muslimbruderschaft ohne dienstliches Interesse abgefragt haben soll.
- Bei einer Hausdurchsuchung wurde Beweismaterial sichergestellt, das nun ausgewertet wird; der Beschuldigte wurde sofort vernommen, aber nicht festgenommen.